April 2009 |
090415 |
ENERGIE-CHRONIK |
Seit mehr als einem Jahr kämpft die südbadische Stadt Staufen mit schweren Gebäudeschäden in ihrem historischen Kern, die vermutlich die Folge einer Erdwärme-Bohrung sind. Wie die Stadt am 9. April mitteilte, sind derzeit 167 Häuser durch Hebungen und Setzungen der Erdoberfläche beschädigt. Ein Gutachten führt die Verformung der Erdoberfläche auf eine 75 Meter mächtige Gipskeuper-Schicht unter der Altstadt zurück, die bei Zutritt von Wasser aufquillt und zu Gips wird. Die Quellvorgänge im Untergrund halten unvermindert an und haben eine Verschiebung des Geländeniveaus um bis zu 14 Zentimeter bewirkt. Ursache der Wasserflüsse scheinen Erdsonden-Bohrungen zu sein, die im Herbst 2007 zur Versorgung der Rathausgebäude mit Erdwärme niedergebracht wurden. Aus Kostengründen war dabei auf eine Verrohrung der Bohrlöcher verzichtet worden. Theoretisch kommen aber auch natürliche Veränderungen des Untergrunds in Betracht. Ein juristisch zwingender Nachweis des kausalen Zusammenhangs dürfte deshalb schwer zu erbringen sein. Die Stadt Staufen übernimmt derzeit die Kosten für provisorische Stützmaßnahmen und Reparaturen ohne Anerkennung einer rechtlichen Verpflichtung gegenüber den Hausbesitzern. Der örtliche Gasversorger Badenova tauscht vorsichtshalber Gashausanschlüsse aus.
Da der Schadensverursacher juristisch nicht feststeht, können derzeit weder die Planer noch die Bohrfirma oder die Genehmigungsbehörde auf Schadensersatz verklagt werden. Auch die einzelnen Gebäudeversicherungen kommen nicht für die Schäden auf, solange die Ursachen ungeklärt sind. Um die Hausbesitzer mit dieser Situation nicht allein zu lassen, strebt Staufens Bürgermeister Michael Benitz die Einrichtung eines Hilfsfonds an, aus dem die Schäden bezahlt werden. Das Land Baden-Württemberg prüft, inwieweit es diesen Fonds unterstützen kann, da an der Erhaltung der denkmalgeschützten historischen Altstadt Staufens ein öffentliches Interesse besteht.
Der zeitliche Ablauf der Ereignisse läßt einen kausalen Zusammenhang
mit den Erdsonden-Bohrungen allerdings stark vermuten: Anläßlich
einer Generalsanierung des historischen Rathauses und des rückwärtigen
Rathausgebäudes in den Jahren 2006 und 2007 beschloss der Staufener Gemeinderat
einstimmig, für die Heizung der beiden Rathausgebäude die Erdwärme
als innovative Energietechnik zu nutzen. Der Antrag der Stadt für die dafür
notwendigen Erdbohrungen bis 140 Meter Tiefe wurde der zuständigen Abteilung
des Regierungspräsidiums Freiburg, dem Landesamt für Geologie, Bergbau
und Rohstoffe, vorgelegt und von der Unteren Wasserbehörde des Landratsamtes
genehmigt. Eine österreichische Spezialfirma führte daraufhin im September
2007 die sieben Bohrungen zwischen den beiden Rathausgebäuden durch. Kurz
darauf tauchten Ende des Jahres am Rathaus und weiteren Gebäuden in der
Altstadt erste Haarrisse auf, die sich ständig vergrößerten.