Juli 2009

090713

ENERGIE-CHRONIK


Mibrag muß fast zwei Drittel ihrer benötigten Emissionszertifikate zukaufen

Die ostdeutsche Mibrag erhält aufgrund des neuen Zuteilungsgesetzes (070801) nur noch 36 Prozent der benötigten CO2-Zertifikate kostenlos. Sie wird deshalb in der gesamten Handelsperiode von 2008 bis 2012 voraussichtlich 60 Millionen Euro für den Zukauf von Emissionsberechtigungen ausgeben müssen. Ein Antrag auf kostenlose Überlassung weiterer Zertifikate wurde von der der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) abgelehnt, da die Mibrag nicht die Bedingungen eines "Härtefalls" nach dem zweiten Zuteilungsgesetz erfüllt. Anfang Juli bekräftigte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel die Entscheidung der DEHSt. Er reagierte damit auf einen Bericht der "Leipziger Volkszeitung" (2.7.), wonach die Mibrag die Abschaltung des Kraftwerks Mumsdorf prüfe, was neben Hunderten von Arbeitsplätzen auch die Fernwärmeversorgung von rund 20.000 Menschen gefährden würde.

In der ersten Handelsperiode hatte die Mibrag die notwendigen Emissionsberechtigungen für ihre Kraftwerke noch kostenlos erhalten. Wie andere Kraftwerksbetreiber konnte sie durch Einpreisung des Marktwerts der gratis erhaltenen Zertifikate sogar erhebliche "Windfall-Profits" einstreichen. In der zweiten Handelsperiode von 2008 bis 2012 entstehen ihr dagegen erhebliche Belastungen, weil das neue Zuteilungsgesetz die Emissionsberechtigungen für Braunkohle besonders stark verknappt und veraltete Technik mit geringen Wirkungsgraden zusätzlich bestraft (070402). Laut Geschäftsbericht mußte sie allein 2008 für 19 Millionen Euro CO2-Zertifikate erwerben, deren Marktwert in der Bilanz mit knapp 25 Millionen Euro veranschlagt wurde.

Als Anwalt der Mibrag, die seit kurzem tschechischen Eigentümern gehört, trat in dem Zeitungsbericht nicht die Unternehmensleitung auf, sondern die Bergbau-Gewerkschaft IGBCE. Der Leipziger IGBCE-Chef Uwe Bruchmüller warf dem Bundesumweltminister "Wortbruch" vor, weil er vor zwei Jahren in Gesprächen mit der Geschäftsleitung und der Gewerkschaft eine Ausnahmeregelung in Aussicht gestellt habe. Gabriel erklärte dazu, daß die DEHSt nach der Rechtslage gar nicht anders habe entscheiden können. Die Mibrag habe sich die hohe Kostenbelastung durch Zukauf von CO2-Zertifikaten selbst zuzuschreiben. In den vergangenen Jahren habe sie nur möglichst hohe Gewinne aus ihren veralteten Kraftwerken gezogen, statt für die notwendige Modernisierung zu sorgen.

Seinen damaligen Hinweis auf eine mögliche Härtefallregelung erklärte Gabriel damit, daß ihn die Mibrag "in zahlreichen Punkten offenbar bewußt falsch informiert" habe. So sei behauptet worden, daß es keine Haftung des Konzerns für die einzelnen Gesellschaften gebe. Tatsächlich müsse aber der Konzern als Ganzes betrachtet werden. Andernfalls könne dieser nach Belieben darüber entscheiden, "mit welchen Kraftwerken er Geld in seine Scheuer fährt und welches Kraftwerk zu Lasten der Allgemeinheit weiter kräftig emittieren darf".

Neues Zuteilungsgesetz belastet vor allem Braunkohlekraftwerke

Die Mibrag ist nach RWE Power (bis 2003 Rheinbraun) und Vattenfall Europe Mining (bis 2003 Laubag) der drittgrößte Braunkohleförderer in Deutschland. Sie beliefert vor allem die Großkraftwerke in Schkopau (E.ON) und Lippendorf (Vattenfall). Daneben betreibt sie die drei Industriekraftwerke Mumsdorf (85 MW), Deuben (86 MW) und Wählitz (37 MW), die hauptsächlich Strom für den Eigenbedarf der Tagebaue erzeugen und außerdem Wärme auskoppeln. So versorgt das Kraftwerk Mumsdorf die Orte Meuselwitz, Lucka, Mumsdorf, Staschwitz, Prößdorf, Falkenhain mit Fernwärme und den Industriepark Zeitz mit Prozeßdampf. Alle drei Kraftwerke stammen noch aus DDR-Zeiten. Sie wurden seitdem zwar hinsichtlich der Rauchgasreinigung modernisiert, erreichen aber nicht den Wirkungsgrad moderner Braunkohlekraftwerke. Ein Neubau zur Ersetzung der Altanlagen ist seit Jahren geplant (061113), wurde aber bisher nicht in Angriff genommen.

US-Eigentümer verkauften an tschechisches Konsortium

Seit 1994 gehörte die Mibrag zwei US-amerikanischen Eigentümern, die das Unternehmen vor allem unter kurzfristigen Renditegesichtspunkten betrieben (931204). Als diese sich im vorigen Jahr zum Rückzug entschlossen, galten zunächst Vattenfall oder RWE als natürliche Anwärter für die Nachfolge (080913). Im Februar 2009 erwarb dann aber ein tschechisches Konsortium aus dem Staatskonzern CEZ und der Finanzgruppe J&T jeweils die Hälfte der Anteile. Der Kaufpreis, der offiziell nicht genannt wurde, soll bei mehr als 400 Millionen Euro gelegen haben. Nach Genehmigung durch die EU-Kommission übernahmen die Tschechen im Juni 2009 offiziell die unternehmerische Führung der Mibrag.

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