April 2007

070402

ENERGIE-CHRONIK


Neuer Zuteilungsplan kürzt Emissionsrechte für Braunkohle

Das Bundeskabinett beschloß am 18. April den Entwurf eines "Gesetzes zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012", der nun in die parlamentarische Beratung geht. Hauptpunkt des Artikelgesetzes ist der geänderte Zuteilungsplan, der die Gesamtmenge der CO2-Zertifikate für die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 der von der EU-Kommission verlangten Obergrenze von jährlich 453 Millionen Tonnen CO2 anpaßt (070202). In diesem Zusammenhang regelt es die Zuteilung der CO2-Zertifikate an die emissionshandelspflichtigen Anlagenbetreiber in neuer Weise und kürzt die bisherigen Emissionsrechte für Braunkohle-Kraftwerke. Daneben enthält das Gesetz einzelne Änderungen des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes (TEHG) und des Projekt-Mechanismen-Gesetzes (ProMechG).

Einheitlicher Emissions-Richtwert für alle Kohlekraftwerke

Der erste Entwurf des Zuteilungsplans, den das Kabinett am 28. Juni 2006 verabschiedete (060602), war in Brüssel von ursprünglich 482 auf 453 Millionen Tonnen CO2 zusammengestrichen worden (061104). Neben der Höhe der Emissionen beanstandete die EU-Kommission die vorgesehene Fortführung der in § 11 des Zuteilungsgesetzes 2007 enthaltenen Vergünstigung für Neuanlagen, die weiterhin 14 Jahre lang von Emissionsminderungen verschont bleiben sollten.

Die Neuregelung setzt für Neu- wie für Bestandsanlagen bestimmte Emissionswerte fest, für die eine kostenlose Zuteilung von Zertifikaten erfolgt. Bei Überschreitung dieser Richtwerte müssen die Anlagenbetreiber die dafür notwendigen Zertifikate hinzukaufen. Für Gaskraftwerke beträgt der Richtwert 365 Gramm CO2 pro Kilowattstunde und für Kohlekraftwerke 750 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Im Gegensatz zum ersten Entwurf berücksichtigt die Neufassung des Zuteilungsplans somit nicht mehr die höheren CO2-Emissionen der Braunkohlekraftwerke, die bei etwa 950 Gramm/kWh liegen, sondern setzt den Wert von 750 Gramm/kWh, der etwa den durchschnittlichen CO2-Emissionen von Steinkohlekraftwerken entspricht, unterschiedslos für alle Kohlekraftwerke als "Benchmark".

Die spezifischen CO2-Emissionen pro Kilowattstunde, die bei der Umwandlung in Wärme zwangsläufig anfallen, betragen etwa 200 Gramm bei Erdgas, 330 Gramm bei Steinkohle und 400 Gramm bei Braunkohle. Die tatsächlichen CO2-Emissionen der Kraftwerke ergeben sich aus dem unterschiedlichen Wirkungsgrad der Energieumwandlung zuzüglich Kraftwerkseigenbedarf und Netzverlusten.

Dennoch Bonus für Braunkohle bei "Standardauslastung" und "Effizienzfaktor"

Um den einheitlichen Richtwert für Kohlekraftwerke gab es innerhalb der Bundesregierung eine längere Auseinandersetzung, die auch verhinderte, daß der Gesetzentwurf, wie zunächst geplant, bereits am 4. April vom Kabinett verabschiedet werden konnte. Wirtschaftsminister Glos (CSU) wollte den Braunkohlekraftwerken 950 Gramm CO2 pro Kilowattstunde zugestehen. Am Ende setzte aber Bundesumweltminister Gabriel (SPD) den Einheitswert für Kohle durch. Allerdings erhalten die Braunkohlekraftwerke an zwei anderen Stellen des Gesetzes doch wieder einen Bonus, indem man ihnen eine höhere "Standardauslastung" unterstellt und einen höheren "Effizienzfaktor" bei der nachträglich notwendigen Anpassung der ausgegebenen Zertifikatemenge an das Emissionsbudget zugesteht.

Im Gegensatz zur bisherigen Zuteilungsregel wird für Neuanlagen die Auslastung nicht mehr auf der Basis einer Betreiberprognose ermittelt, sondern es werden sogenannte "Standardauslastungsfaktoren" zugrundegelegt. Im Kraftwerksbereich soll der grundsätzlich höheren Auslastung von Braunkohlekraftwerken gegenüber anderen Kraftwerken durch eine Erhöhung der Standardauslastung auf 8.250 Stunden pro Jahr Rechnung getragen werden, während für andere Kraftwerke eine Standardauslastung von 7.500 Stunden gilt.

Bei der nachträglich notwendigen Anpassung der beantragten Zertifikate an das Emissionsbudget wird für die anteilige Kürzung ein "Effizienzfaktor" eingeführt: Je näher die Effizienz der Anlage an diesem Faktor liegt, desto geringer fällt die Kürzung der Zuteilung aus. Für Braunkohle beträgt dieser Effizienzfaktor 990 Gramm CO2 pro Kilowattstunde, während bei Steinkohlekraftwerken 750 Gramm und bei Gaskraftwerken 365 Gramm als Richtwert gelten.

Industrie muß ihre Emissionen weniger reduzieren als die Energiewirtschaft

Wie schon im ersten Entwurf des neuen Zuteilungsplans vorgesehen, wird die Industrie gegenüber der Energiewirtschaft insoweit privilegiert, als sie ihre CO2-Emissionen nur um 1,25 Prozent zu mindern braucht. Damit soll ein Ausgleich dafür geschaffen werden, daß die Energieunternehmen wegen des mangelnden Wettbewerbs die Möglichkeit haben, die Preise für Emissionszertifikate auf die Strompreise aufzuschlagen. Kraft-Wärme-Kopplung-Anlagen werden begünstigt, indem sie eine Zuteilung sowohl für die erzeugte Strommenge als auch für die produzierte Wärmemenge erhalten. Kleine Anlagen mit Emissionen bis zu 25.000 Tonnen CO2 pro Jahr sind von Emissionskürzungen freigestellt.

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