Januar 2002

020101

ENERGIE-CHRONIK


Bundestag verabschiedete das neue KWK-Gesetz

Der Bundestag verabschiedete am 25. Januar 2002 das neue Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (siehe Gesetzestext im Wortlaut). Es löst die bislang geltende provisorische Regelung ab (000402). Am ursprünglichen Regierungsentwurf (010801) wurden nach monatelangen Auseinandersetzungen (011118, 011202) etliche Änderungen vorgenommen. Jetzt muß sich noch der Bundesrat mit dem Gesetz befassen. Es bedarf aber nicht seiner Zustimmung. Da der Bundesrat nicht dem Wunsch der Bundesregierung folgte, die Behandlung kurzfristig auf die Tagesordnung zu setzen, wird das Gesetz voraussichtlich frühestens zum 1. April 2002 in Kraft treten können.

Grundlage des Regierungsentwurfs und der jetzt verabschiedeten Fassung sind die Eckpunkte, auf die sich Regierung und Verbände im Juni vorigen Jahres geeinigt hatten (010601). Die Förderung erstreckt sich auf bestehende Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung, die entweder bis zum 31. Dezember 1989 (alte Bestandsanlagen) oder bis zum 1. Januar 1990 (neue Bestandsanlagen) in Dauerbetrieb genommen worden sind. Gefördert werden ferner modernisierte alte Bestandsanlagen bis zur Höhe des Wärmeanschlußwerts der alten Anlage, sofern sie bis Ende 2005 in Dauerbetrieb genommen werden. In die Förderung ebenfalls einbezogen sind kleine KWK-Anlagen mit einer elektrischen Leistung von bis zu 50 kW sowie Strom aus Brennstoffzellen.

Im einzelnen gelten für den KWK-Strom aus Bestandsanlagen und modernisierten Bestandsanlagen folgende Fördersätze:

  Alte Bestandsanlagen (vor 1990) Neue Bestandsanlagen (ab 1990) Modernisierte
Bestandsanlagen 
Kleine KWK-Anlagen (bis 2 MW)
2002 1,53 Cent/kWh 1,53 Cent/kWh 1,74 Cent/kWh 2,56 Cent/kWh
2003 1,53 Cent/kWh 1,53 Cent/kWh 1,74 Cent/kWh 2,56 Cent/kWh
2004 1,38 Cent/kWh 1,38 Cent/kWh 1,74 Cent/kWh 2,40 Cent/kWh
2005 1,38 Cent/kWh 1,38 Cent/kWh 1,69 Cent/kWh 2,40 Cent/kWh
2006 0,97 Cent/kWh 1,23 Cent/kWh 1,69 Cent/kWh 2,25 Cent/kWh
2007   1,23 Cent/kWh 1,64 Cent/kWh 2,25 Cent/kWh
2008   0,82 Cent/kWh 1,64 Cent/kWh 2,10 Cent/kWh
2009   0,56 Cent/kWh 1,59 Cent/kWh 2,10 Cent/kWh
2010     1,59 Cent/kWh 1,94 Cent/kWh

Eine Förderung von 5,11 Cent/kWh erhält Strom aus Blockheizkraftwerken bis zu 50 kW und aus Brennstoffzellen-Anlagen für einen Zeitraum von zehn Jahren ab Inbetriebnahme. Bei Blockheizkraftwerken muß die Inbetriebnahme aber bis Ende 2005 erfolgt sein. Außerdem darf der von neuen BHKW erzeugte Strom nicht bereits vorhandene Fernwärmeversorgungen verdrängen. Bei Brennstoffzellen gilt die Förderung für alle Anlagen, die bis zum Außerkrafttreten des Gesetzes am 31. Dezember 2010 in Betrieb genommen werden.

Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung abweichende Fördersätze festzulegen, "wenn die Entwicklung der Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Betrieb von KWK-Anlagen, insbesondere der Strom- und Brennstoffpreise, dies erfordert".

Vom Regierungsentwurf unterscheidet sich die jetzt beschlossene Fassung im wesentlichen durch folgende Punkte:

Schlagabtausch im Bundestag

Der Bundestag beschloß das Gesetz mit den Stimmen der Koalitionsparteien gegen die von CDU/CSU, FDP und PDS. In der vorangegangenen Debatte (siehe Wortprotokoll) verteidigten die SPD-Abgeordneten Volker Jung und Monika Ganseforth sowie die grüne Abgeordnete Michaele Hustedt den Gesetzentwurf. Teilweise scharfe Kritik kam von den Unionsabgeordneten Hartmut Schauerte und Kurt-Dieter Grill sowie vom FDP-Abgeordneten Walter Hirche. Die PDS, für die der Abgeordnete Rolf Kutzmutz sprach, hatte einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, den alle anderen Fraktionen indessen ablehnten.

Volker Jung (SPD) äußerte die Erwartung, daß nunmehr die Wirtschaft ihren Teil der Vereinbarung einlöse (1). Das Gesetz sei ein Beitrag zur Erhaltung mittelständischer und pluralistischer Versorgungsstrukturen (2). Der viel bemühte "Sharholdervalue" dürfe nicht das alleinige oder zentrale Kriterium in der Energieversorgung werden. Schon jetzt sei nicht mehr zu übersehen, daß die Investitionen in die Netze seit der Liberalisierung bedenklich abnehmen und die Erzeugungskapazitäten erheblich zurückgefahren werden. "Ich frage mich", so Jung wörtlich, "ob in der Energiewirtschaft Konzerne das Leitbild sein sollten, denen bei Konjunkturschwierigkeiten selten mehr einfällt als Massenentlassungen und deren internationale Steuerplanung dazu führt, daß zwar munter Dividenden, jedoch nur spärlich Steuern fließen" (3).

Für die CDU/CSU kritisierte Hartmut Schauerte das Gesetz als "Vergeudung von Steuermitteln". Mehr als die Hälfte der bisherigen KWK-Förderung sei nur drei großen kommunalen Unternehmen zugute gekommen (4). Die damit betriebene permanente Verteuerung von Energie füge Wachstum und Beschäftigung schweren Schaden zu. Sie belaste die Produktion und den Export. Die Koalition sei in diesen Fragen nur noch "lobbygesteuert" - wer Recht bekomme, hänge davon ab, welcher Produzent und welcher Verband als Letzter mit ihr geredet habe (5).

Michaele Hustedt (Grüne) bedauerte, daß E.ON und andere Stromkonzerne das ursprünglich vorgesehene Zertifikatsmodell verhindert hätten. Das jetzt gewählte Bonusmodell sei aber auch "nicht das schlechteste". Ein wichtiger Bestandteil sei dabei die Einbeziehung von kleinen KWK-Anlagen bis 50 kW (6).

Für die FDP kritisierte Walter Hirche, daß die Einigung über die Inhalte des Gesetzentwurfs "außerhalb des Parlaments und an einem Teil des Parlaments vorbei" zustandegekommen sei. Dies ruiniere die Zusammenarbeit zwischen den Fraktionen. Die anderen Fraktionen hätten das gleiche Recht wie die Interessenverbände, in diesen Dialog einbezogen zu werden (7). Außerdem sei es unter Gesichtspunkten des Klimaschutzes falsch, die industriellen Anlagen nicht in die Förderung einzubeziehen (8).

Nach Meinung des Unionsabgeordneten Kurt-Dieter Grill blockiert das beschlossene Gesetz den Handel mit CO2-Emissions-Zertifikaten (9). Von den etwa 950 deutschen Stadtwerken hätten nur etwa 50 eine erkleckliche Eigenerzeugung. Insofern handele es sich um ein Subventionsgesetz für einen Teil der Kommunen, während die anderen Stadtwerke durch die erhöhten Sätze für KWK-Strom belastet würden (10). Grill behauptete, daß die nach 1990 in den neuen Bundesländern errichteten KWK-Anlagen von dem Gesetz nicht erfaßt würden (11), was Volker Jung sogleich richtigstellte (12).