Januar 2019 |
190113 |
ENERGIE-CHRONIK |
Als elftes Bundesland hat seit Jahresbeginn auch Thüringen eine eigene Landesregulierungsbehörde. Nur Berlin, Bremen, Schleswig-Holstein und Brandenburg überlassen jetzt diese Aufgabe noch komplett der Bundesnetzagentur. Ein Sonderfall ist Hamburg, wo sich weder die Errichtung einer Landesregulierungsbehörde noch der Abschluß eines Organleihe-Vertrags lohnen, da die örtlichen Strom- und Gasnetzbetreiber sowieso der Bundesnetzagentur unterstehen.
Nach § 54 Abs. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes obliegt die Regulierung der Strom- und Gasnetze den Ländern, wenn jeweils weniger als 100.000 Kunden angeschlossen sind. Voraussetzung ist ferner, daß keines der Netze die Landesgrenzen überschreitet. In allen anderen Fällen ist die Bundesnetzagentur zuständig. In Thüringen werden dieser Vorschrift zufolge nur noch die Thüringer Energie AG (130611) und die Stadtwerke Erfurt weiterhin der Aufsicht der Bundesnetzagentur unterliegen.
Die Thüringer Ministerin für Umwelt, Energie und Naturschutz, Anja Siegesmund (Linke), begrüßte die nunmehr vollzogene Aufgabenverlagerung, mit der "Energiekompetenz ins Land zurückgeholt" werde. "Jetzt gibt es kürzere Entscheidungswege und gleichzeitig bündeln und stärken wir fachliche Kompetenz. Wir brauchen dieses wichtige Know-How auch bei uns. Das entspricht auch dem Wunsch vieler Strom- und Gasnetzbetreiber in Thüringen." Der Thüringer Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) werde der Landesregulierungsbehörde "als starker Partner zur Seite stehen".
Die Thüringer Stadtwerke forderten seit längerem die Einrichtung einer Landesregulierungsbehörde. Sie erhoffen sich eine stärkere Berücksichtigung ihrer spezifischen Interessen, wenn sie nicht mehr von der Bundesnetzagentur in Bonn, sondern von einer Landesbehörde beaufsichtigt werden. Die seit langem beklagte Intransparenz der Regulierungspraxis (090915) dürfte sich dadurch allerdings nicht verbessern, sondern eher noch schlimmer werden. Die Verbraucherzentrale Thüringen erwartet keine finanziellen Entlastungen für die Energiekunden. Auch sonst sieht sie keinen Grund, weshalb das Land eine eigene Regulierungsbehörde einrichten sollte. Aus ihrer Sicht hat die Bundesnetzagentur bisher immer korrekt entschieden.
Insgesamt gibt es derzeit in Deutschland 883 Strom- und 726 Gasnetzbetreiber (siehe Auflistung nach Bundesländern). Davon fallen 110 Strom- und 80 Gasnetzbetreiber aufgrund ihrer Größe oder wegen der Überschreitung von Landesgrenzen in die originäre Zuständigkeit der Bundesnetzagentur. Außerdem beaufsichtigt die Bonner Regulierungsbehörde 98 Strom- und 96 Gasnetzbetreiber im Wege der Organleihe. Ihre originäre Zuständigkeit erstreckt sich somit nur auf rund zwölf Prozent der insgesamt 1609 Netzbetreiber. Weitere zwölf Prozent kontrolliert sie im Auftrag der Länder.