Juni 2018 |
180613 |
ENERGIE-CHRONIK |
Wenn Strom in der Grundversorgung teurer wird, müssen alte und neue Preise in der Mitteilung an die Verbraucher gegenübergestellt werden. Dabei müssen nicht nur der alte und der neue Gesamtpreis erkennbar sein, sondern auch die Veränderungen der einzelnen Kostenbestandteile wie Netzentgelte, Stromsteuer oder EEG-Umlage. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Verfahren bestätigt, das die Verbraucherzentrale NRW gegen die Dortmunder Energie- und Wasserversorgung GmbH (DEW 21) angestrengt hat (AZ: VIII ZR 247/17).
Mit dem vom 10. April datierten BGH-Beschluss, der erst am 6. Juni bekannt wurde, verwarfen die Karlsruher Richter die Revision, die der Dortmunder Kommunalversorger gegen ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 7. September 2017 eingelegt hatte. Dieses hatte ein Urteil des Landgerichts Dortmund weitgehend bestätigt, das DEW 21 zur Unterlassung der unkorrekten Preisinformationen verpflichtete und für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro androhte.
Im November 2015 hatte DEW 21 die Kunden der Grundversorgung über eine Preiserhöhung zum Jahresanfang 2016 unterrichtet. In dem Schreiben hieß es unter anderem:
"Sehr geehrte Kundin, sehr geehrter Kunde,
zum 01.01.2016 werden die Netznutzungsentgelte angepaßt sowie ein Teil der gesetzlichen Steuern und Abgaben. Damit verändern sich ausschließlich die Preisbestandteile, auf die wir keinerlei Einfluss haben. Sie machen inzwischen mehr als die Hälfte des Strompreises aus. Da wir den Anstieg dieser Umlagen leider nicht auffangen können, müssen wir die Preise anpassen.
Für Sie bedeutet das:
Der Jahresgrundpreis steigt aufgrund der höheren Netzentgelte vom 01.01.2016 um 5,79 Euro auf 97,79 Euro. Der Verbrauchspreis erhöht sich aufgrund der gestiegenen Steuern und Abgaben um 0,584 Cent/kWh auf 29,024 Cent/kWh brutto. Detaillierte Informationen zu den Preisen finden Sie auf der Rückseite unseres Schreibens."
Die Verbraucherzentrale hielt diesen Text in mehrfacher Hinsicht für irreführend. So hätten sich die Strom- und Umsatzsteuer mit Jahresbeginn 2016 gar nicht verändert und die Netzentgelte seien sogar gesunken. Auch im übrigen Teil des Schreibens würden die einzelnen Kostenfaktoren und die auf sie entfallenden Anteile der Erhöhung nicht präzise aufgeführt. DEW 21 wollte jedoch keine Rechtsverstöße einräumen und lehnte die geforderte Unterlassungserklärung ab. Deshalb kam es zu dem Prozeß.
Das Landgericht Dortmund gab der Klage der Verbraucherzentrale statt, weil
die Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) in §
5 Abs. 2 bei Preisänderungen vorschreibe, deren Umfang, Anlass und
Voraussetzungen sowie die Kostenfaktoren nach §
2, Abs. 3, Nr. 5 in übersichtlicher Form anzugeben. Hierbei sei gemäß
einem Urteil des Bundesgerichtshofs (Az: I ZR 139/12) auf einen verständigen
und adäquat aufmerksamen Durchschnittsverbraucher abzustellen. Die Beklagte
nenne zwar auf der Rückseite des Schreibens alle Kostenfaktoren, die von
Gesetzes wegen dem Kunden im Falle einer Preisänderung zu nennen sind.
Sie stelle aber auf der Vorderseite die Kostenfaktoren nicht hinreichend transparent
dar. Die Angaben seien in dieser Form zu pauschal und ermöglichten es dem
Kunden nicht, die Preiserhöhung nachzuvollziehen. Stattdessen hätte
die Beklagte auf der Vorderseite des Schreibens genau angeben müssen, welche
Teile der gesetzlichen Steuern und Abgaben angepasst wurden bzw. welche Teile
der Steuern und Abgaben zu dem gestiegenen Verbrauchspreis geführt haben.
Da auch auf der Rückseite keine Angabe zu finden seien, welche einzelnen
Kostenfaktoren sich verändert haben, genüge die Darstellung so nicht
den Anforderungen aus § 5 Abs. 2
StromGVV.
Im übrigen sei die Information über den Anlass der Preiserhöhung
unverständlich, weil auf der Vorderseite des Schreibens der Begriff "Umlage"
pauschal für die Kostenfaktoren Steuern, Abgaben und Netznutzungsentgelte
verwendet wird. Dem Kunden werde so suggeriert, dass Steuern, Abgaben und Netznutzungsentgelte
allesamt "Umlagen" im Sinne der StromGVV seien, während auf der
Rückseite dann begrifflich wieder zwischen den Kostenfaktoren unterschieden
wird. Eine solche Darstellung sei für den Kunden nicht nachvollziehbar.
Der beklagte Kommunalversorger hatte die unzureichende Information grundsätzlich damit zu rechtfertigen versucht, dass die Anforderungen der StromGVV über die Vorgaben in Artikel 3 der EU-Richtlinie 2009/72/EG zum Elektrizitätsbinnenmarkt hinausgingen. Deshalb ergebe sich für die Verbraucherzentrale aus dem Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (UKlaG) kein Anspruch auf Durchsetzung der Informationspflichten gemäß der Verordnung. Das Gericht stellte dazu klar, dass die StromGVV keineswegs vom Unionsrecht abweichende Vorschriften enthält, sondern diese vielmehr konkretisiert.