Februar 2018 |
180201 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Förderbedarf für Solarstrom, der schon bei den sechs Pilot-Ausschreibungen ständig geringer wurde, ist auch bei den bisher vier regulären Ausschreibungen weiter gesunken. Mit nur noch 4,33 Cent pro Kilowattstunde hat er jetzt einen Rekord-Tiefstand erreicht und ist sogar günstiger als der für Windstrom. Die niedrigen Werte für Windkraftanlagen kamen bis Ende 2017 sowieso nur durch die Missbrauchsmöglichkeiten bei den Sonderregelungen für "Bürgerenergiegesellschaften" zustande. Deshalb ist nach der Aussetzung dieser Regelung der durchschnittliche Förderbedarf bei der vierten Ausschreibung wieder auf 4,73 Cent/kWh angestiegen. Aber auch dieser Betrag liegt wohl noch unter den realen Gestehungskosten bzw. dem Zuschussbedarf für Windstrom, der nach Einschätzung der Bundesnetzagentur Ende 2017 mit 5,6 Cent/kWh zu beziffern war. |
Die Bundesnetzagentur gab am 20. Februar die Zuschläge bekannt, die sie für die zum 1. Februar ausgeschriebenen Fördermengen an Wind- und Solarstrom erteilt hat. Es handelte sich um die vierten regulären Ausschreibungen für beide Stromquellen, die zwar zum selben Gebotstag, aber unabhängig voneinander stattfanden. Der durchschnittliche Förderbedarf für Solarstrom sank dabei weiter und betrug nur noch 4,33 Cent/kWh. Die Photovoltaik benötigte erstmals weniger Förderung als landgestützte Windkraftanlagen, die bei der vorangegangenen dritten Ausschreibungsrunde noch um 1,11 Cent/kWh günstiger waren. Nun legten diese aber um fast einen Cent zu und übertrafen mit 4,73 Cent/kWh den Förderbedarf der Photovoltaik um 0,4 Cent/kWh.
Dieser plötzliche Anstieg des durchschnittlichen mengengewichtete Förderbedarfs für Windkraftanlagen kam allerdings nicht überraschend, nachdem die Bundesnetzagentur die besonders günstigen Konditionen für sogenannte Bürgerenergiegesellschaften vorerst gestrichen hat. Diese gutgemeinte, aber mißglückte Hilfestellung für kleine und marktunerfahrene Bieter in § 36 EnWG war von großen Windparkprojektierern ausgenutzt worden, um sich in den drei ersten Ausschreibungen fast das komplette Zuschlagsvolumen unter den Nagel zu reißen. Die Inanspruchnahme der Vergünstigungen ermöglichte es ihnen, unter Vorwegnahme von erst künftig zu erwartenden Kostensenkungen mit konkurrenzlos niedrigen Förderansprüchen die Ausschreibungsmengen abzuräumen. Nach der zweiten Ausschreibung hat die Bundesnetzagentur deshalb die Privilegien für Bürgerenergiegesellschaften ausgesetzt – allerdings erst ab 2018 und nur für die ersten zwei Ausschreibungsrunden. Bisher ist noch unklar, wie es ab dem zweiten Halbjahr weitergehen soll und wie eine Reform der untauglichen Bürgerenergie-Privilegierung aussehen könnte. (170504, 170801, 171112)
Infolge der extrem günstigen Ergebnisse der drei ersten Ausschreibungsrunden hätte sich für die Wind-Auktionen des Jahres 2018 eigentlich ein Höchstwert von 5 ,0 Cent/kWh ergeben. Dieser Wert liege aber unter den derzeitigen Gestehungskosten von Windstrom, die mit 5,6 Cent/kWh zu beziffern seien, begründete die Bundesnetzagentur am 29. November ihre Entscheidung, den Höchstwert auf 6,3 Cent/kWh festzulegen. Andernfalls sei zu befürchten, dass 2018 zu wenige Gebote abgegeben werden, um das Ausschreibungsvolumen auszuschöpfen.
Bei der vierten Ausschreibung für landgestützte Windkraftanlagen war gemäß § 28 EnWG eine Nennleistung von 700 MW zu vergeben. Den Zuschlag erhielten 83 Gebote mit einem Volumen von 709 MW. Nur noch 19 Zuschläge entfielen dabei – ohne die suspendierten Privilegien – auf Bürgerenergiegesellschaften. Ländermäßig gingen 17 Zuschläge nach Niedersachsen (154 MW), 13 nach Brandenburg (106 MW), 12 nach Nordrhein-Westfalen (61 MW) und 11 nach Rheinland-Pfalz (124 MW). Das sogenannte Netzausbaugebiet (161101) hatte in dieser Ausschreibung keine Auswirkungen auf die Zuschlagsentscheidungen. Die dem durchschnittlichen, mengengewichteten Zuschlagswert von 4,73 Cent/kWh zugrundeliegenden Gebotswerte reichten von 3,80 Cent/kWh bis zu 5,28 Cent/kWh.
Bei der vierten Ausschreibung für Solaranlagen war gemäß § 28 EnWG eine Nennleistung von 200 MW zu vergeben. Abgegeben wurden 79 Gebote mit einem Umfang von 546 MW. Damit war die ausgeschriebene Menge deutlich überzeichnet. Insgesamt konnte die Bundesnetzagentur nur 24 Zuschläge erteilen. Davon entfielen elf auf Ackerflächen in benachteiligten Gebieten in Bayern (10) und Baden-Württemberg (1). Die dem durchschnittlichen, mengengewichteten Zuschlagswert von 4,73 Cent/kWh zugrundeliegenden Gebotswerte reichten von 3,80 Cent/kWh bis zu 5,28 Cent/kWh.
Am 19. Februar eröffnete die Bundesnetzagentur die erste Runde der gemeinsamen Ausschreibungen für Windenergie an Land und Solaranlagen. Damit findet zum ersten Mal eine technologieübergreifende Ausschreibung zur Ermittlung der Förderhöhe für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien statt. Die Technologien sollen in einen direkten Wettbewerb um die geringsten Kosten der Stromerzeugung treten. Es hängt grundsätzlich nur von der Höhe der Gebote ab, ob die Zuschläge auf Wind- oder Solarenergie entfallen. Gemäß § 39i und § 88c des EEG sowie der dazu im August vorigen Jahres erlassene Ausführungs-Verordnung (GemAV) werden von 2018 bis 2020 insgesamt sechs solcher Ausschreibungen im Umfang von jeweils 200 MW durchgeführt, und zwar jeweils zum 1. April und zum 1. November.
Mit der vorerst nur versuchsweisen Einführung von "technologieneutralen Ausschreibungen" beugte sich die Politik den Forderungen neoliberaler Kreise, auf eine sektoral differenzierte Förderung der Erneuerbaren zu verzichten, weil es allein auf die Preisgünstigkeit des erzeugten Stroms ankomme. Auch die Monopolkommission hat sich diese kurzsichtige und mit unzutreffenden Argumenten begründete Forderung mehrfach zueigen gemacht (151014, 130905). Die Windkraft-Branche hat die Forderung nach "technologieneutraler" Förderung ebenfalls teilweise unterstützt, weil sie sich dadurch einen noch größeren Anteil vom EEG-Kuchen versprach. Angesichts des kontinuierlich gesunkenen Zuschußbedarfs für Solarprojekte sieht es nun allerdings eher danach aus, als ob ihr Anteil am Kuchen kleiner werden könnte.
Am liebsten wäre den Energiekonzernen und ihren politischen Taschenträgern eine technologieneutrale Förderung auf europäischer Ebene (110102). Dies würde zu einer Konzentrierung von Windkraft- und Solaranlagen an den jeweils ertragreichsten Orten führen und die Gewinne der international tätigen Kapitalanleger optimieren helfen. Ansonsten ergäben sich aus einer solchen europaweiten "Harmonisierung" aber nur Nachteile.