Januar 2015 |
150112 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Genehmigung für das Zwischenlager am Kernkraftwerk Brunsbüttel bleibt ungültig. Wie Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) am 16. Januar mitteilte, hat das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) auf Zulassung der Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Schleswig vom 20. Juni 2013 (130602) abgelehnt. Die Aufhebung der Genehmigung wurde damit rechtskräftig.
Im Zwischenlager Brunsbüttel befinden sich derzeit neun Castoren. Der Kieler Energiewendeminister Robert Habeck (Grüne), der für die Atomaufsicht in Schleswig-Holstein zuständig ist, erließ nach Bekanntwerden der Entscheidung eine atomrechtliche Anordnung, mit der die Lagerung dieser Behälter bis Anfang 2018 "geduldet" wird. Bis dahin müsse der Vattenfall-Konzern als Betreiber des Zwischenlagers für eine genehmigte Aufbewahrung sorgen. Es gebe derzeit keine genehmigte Lagerstätte, an welcher der Kernbrennstoff sicherer gelagert werden könne, begründete Habeck seine Entscheidung.
Bundesumweltministerin Hendricks äußerte die Erwartung, daß der Betreiber Vattenfall nun unverzüglich erneut die Genehmigung des Standortzwischenlagers beantragt, damit das Bundesamt für Strahlenschutz ein neues Verfahren einleiten kann. Dabei müßten die durch das Gericht gesetzten Maßstäbe für bautechnische Anforderungen und mögliche Bedrohungslagen beachtet werden.
Eigentlich sollte Brunsbüttel das wichtigste der drei Zwischenlager sein, die ersatzweise den hochradioaktiven Müll aus der Wiederaufarbeitung aufnehmen, nachdem weitere Castor-Transporte ins zentrale Zwischenlager Gorleben durch eine Änderung des Atomgesetzes untersagt wurden (130601). Dies ist nun bis Anfang 2018 sicher nicht mehr möglich. Zugleich könnte das Urteil die Genehmigungen für die meisten anderen Zwischenlager in Frage stellen, die entweder baugleich oder mit noch dünneren Wandstärken errichtet wurden. Bundesumweltministerin Hendricks unterstrich deshalb, daß die Gerichte sich nicht zur Frage der tatsächlichen Sicherheit des Zwischenlagers Brunsbüttel geäußert hätten. Beanstandet worden sei vielmehr der Umfang der diesbezüglichen Ermittlungen und Bewertungen im Genehmigungsverfahren.
Die Klage gegen das Zwischenlager Brunsbüttel war im Februar 2004 von einem Ehepaar erhoben worden, das ein paar Kilometer entfernt wohnt. Es machte geltend, daß die mangelnden Sicherheitsvorkehrungen gegen terroristische Angriffe auch eine Gefährdung der Anwohner bedeuten. Das Oberverwaltungsgericht Schleswig hatte die Klage mit Urteil vom 31. Januar 2007 zunächst abgewiesen. In der Revisionsverhandlung war diese Entscheidung aber vom Bundesverwaltungsgericht am 10. April 2008 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen worden. Das Oberverwaltungsgericht erklärte daraufhin die Genehmigung deshalb für ungültig, weil das Bundesamt für Strahlenschutz die Folgen eines Airbus-Absturzes nicht untersucht und bei einem Angriff mit panzerbrechenden Waffen nur ältere Waffentypen berücksichtigt hat (130602). Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr festgestellt, daß die Begründung des Gerichts zum Einsatz panzerbrechender Waffen nicht zu beanstanden sei.
Die Bürgerinitiative "Forum", die seit 14 Jahren gegen die Zwischenlagerung von Atommüll am Kernkraftwerk Gundremmingen kämpft, nahm den Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts zum Anlaß, um auf die "zweifach schlimmere" Lage in Bayern hinzuweisen. Die Zwischenlager seien dort aus Kostengründen viel dünner gebaut worden: "Während in Norddeutschland die Hallenwände 120 Zentimeter stark sind, beträgt die Wanddicke in Süddeutschland nur 85 Zentimeter. Während in Norddeutschland die Decken der Zwischenlager 130 cm dick sind, sind sie im Süden nur 55 cm dünn."
Aber auch juristisch sei die Lage in Bayern schlimmer. Im Unterschied zum Oberverwaltungsgericht Schleswig habe der "Atomsenat" am Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH) gegen die Zurückweisung aller Klagen keine Revision zugelassen. Damit seien die Genehmigungen der drei Zwischenlager in Grafenrheinfeld, Gundremmingen und Ohu rechtskräftig geworden. Auch die Beschwerden der Bürgerinitiative beim Bundesverwaltungs- und beim Bundesverfassungsgericht hätten daran nichts mehr geändert