Januar 2009

090102

ENERGIE-CHRONIK


EU will jetzt "Nabucco" vorantreiben

Als Reaktion auf den zweiwöchigen Stopp der russischen Gaslieferungen durch die Ukraine (090101) hat die Europäische Kommission am 28. Januar vorgeschlagen, rund eine Milliarde Euro in den Bau von Gas-Pipelines zur Erhöhung der westeuropäischen Versorgungssicherheit zu investieren. Davon entfallen 250 Millionen Euro auf die geplante Pipeline "Nabucco", die Erdgas aus dem Raum des Kaspischen Meeres unter Umgehung Rußlands nach Europa transportieren soll (siehe Übersicht).

Im Energiebereich ist ferner vorgesehen, die Beseitigung von Engpässen im westeuropäischen Stromtransportnetz mit rund 700 Millionen Euro zu unterstützen (siehe Übersicht). Neben fünf grenzüberschreitenden Verbindungen gehören dazu ein neues Unterwasserkabel zwischen dem italienischen Festland und Sizilien sowie die geplanten Ausbaustrecken zwischen Schweinfurt und Halle (070913).


Der derzeitige EU-Ratspräsident Mirek Topolanek bezeichnete die geplanten Pipelines "Nord Stream" und "South Stream" als eine direkte Bedrohung des "Nabucco"-Projekts.
Pressefoto Reg. HU

Für Offshore-Windkraftanlagen will die Kommission insgesamt 500 Millionen Euro bereitstellen (siehe Übersicht). Der Rest der vorgesehenen Investitionen im Energiebereich entfällt auf Pilotprojekte zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid bei Kraftwerken. Hier sind jeweils 250 Millionen Euro zur Förderung solcher Projekte in Deutschland (2), den Niederlanden (3), Polen (1), Spanien/Portugal (1) und Großbritannien (4) vorgesehen (siehe Übersicht).

Die vorgesehenen Energie-Investitionen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro sollen der Umsetzung des insgesamt 5 Milliarden Euro betragenden EU-Konjunkturprogramms dienen, das der Europäische Rat im Dezember 2008 angenommen hat. Die restlichen 1,5 Milliarden Euro des Konjunkturprogramms sind für die Förderung von Breitbandprojekten vorgesehen, damit auch ländliche Gegenden den Zugang zu den "Datenautobahnen" erhalten.

Ungarn lud zu einem zweitägigen "Nabucco"-Gipfel nach Budapest ein

Die Bedeutung von "Nabucco" für die Sicherung der europäischen Gasversorgung wurde am 26. und 27. Januar auch auf einer internationalen Konferenz unterstrichen, zu der Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany die beteiligten Unternehmen und Staaten nach Budapest eingeladen hatte. Der amtierende EU-Ratspräsident und tschechische Ministerpräsident Mirek Topolanek erklärte: "Die Nabucco-Pipeline betrifft nicht nur wenige Unternehmen oder eine Handvoll Länder. Sie ist ein strategisches Projekt von entscheidender Bedeutung für das wirtschaftlichen Wohlergehen und die politische Unabhängigkeit von ganz Europa. Ich sage sogar ohne Zögern, daß sie ein Projekt von größter Bedeutung für die Freiheit des Kontinents ist."

Topolanek kritisierte in diesem Zusammenhang die geplanten Pipelines "Nord Stream" durch die Ostsee (050902) und "Southstream" durchs Schwarze Meer (070612). Beide würden zwar die Ukraine als Transitland umgehen. An der Abhängigkeit von den russischen Gaslieferungen änderten sie aber nichts. Sie seien sogar eine "direkte Bedrohung" für das "Nabucco"-Projekt.

Ähnlich äußerte sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso: Die Gaskrise habe die Verletzlichkeit der Europäischen Union gezeigt. Deshalb müsse sie jede erreichbare Quelle erschließen. Er hoffe, dass schon 2015 über Nabucco Gas nach Europa fließen werde.

In einer "Budapester Erklärung" beschlossen die Konferenzteilnehmer, das Projekt weiter voranzutreiben. Bis Mitte des Jahres soll es zu ersten Vereinbarungen zwischen den beteiligten Staaten kommen.

Die 3300 Kilometer lange Nabucco-Leitung soll die EU ab dem Jahr 2013 an die Erdgasquellen im kaspischen Raum anschließen (060605). In das Projekt ist im Frühjahr auch der Essener RWE-Konzern als Partner eingestiegen (080206). Das Konsortium besteht nunmehr aus OMV Gas International, der ungarischen MOL, der bulgarischen Bulgargaz Holding, der rumänischen Transgaz, BOTAS aus der Türkei und der RWE Gas Midstream. Jedes Unternehmen hält 16,67 Prozent der Anteile an der Nabucco Gas Pipeline International Ltd.

Die Pipeline würde es ermöglichen, das Erdgas aus den früheren Sowjetrepublien Georgien, Turkmenien und Aserbaidschan nach den Ländern der Europäischen Union zu transportieren, ohne dafür - wie bisher - die russischen Pipelines in Anspruch nehmen zu müssen und den russischen Staatsmonopolisten Gazprom als Zwischenhändler zu benötigen. Zusätzlich würden die Türkei, der Iran und andere Nahostländer als Erdgaslieferanten erschlossen (siehe Karte). Allerdings werden die potentiellen Lieferländer auch stark von Rußland umworben, um - in Verbindung mit den neuen Transportmöglichkeiten durch "South Stream" und die Ostsee-Pipeline "Nord Stream" - das "Nabucco"-Projekt unwirtschaftlich werden zu lassen und es so zu torpedieren.

Links (intern)


Mit "Nabucco" will die EU ihre Abhängigkeit von Gaslieferungen aus und über Rußland verringern. Der Kreml betreibt unterdessen den Bau der Pipeline "South Stream" sowie der Ostsee-Pipeline "Nord Stream", um "Nabucco" die wirtschaftliche Grundlage entziehen.

 

A. INTERCONNECTORS

1. Gas interconnectors

Project Location of projects supported Envisaged Community contribution
(EUR million)
Southern Gas Corridor
NABUCCO[1]

Austria, Hungary, Bulgaria, Germany, Romania

250

ITGI ­ Poseidon Italy, Greece 100
Baltic interconnection
Skanled Poland, Denmark, Sweden 150
LNG network
Liquefied Natural Gas terminal at Polish coast at port of Swinoujscie Poland 80
Central and South East Europe
Slovakia-Hungary Interconnector (Velky Krtis ­ Balassaqyarmat) Slovakia-Hungary 25
Gas transmission system in Slovenia between the Austrian Border to Ljubljana (excluding the section Rogatec-Kidricevo) Slovenia 40
Interconnection Bulgaria-Greece (Haskovo-Komotini) Bulgaria, Greece 20
Romania-Hungary gas interconnector Romania, Hungary 30
Expansion of Gas Storage Capacity in the Czech hub Czech Republic 25
Infrastructure and equipment to permit west-east gas flow in the event of short term supply disruption All Member States 20
Mediterreanean
Reinforcement of FR gas network on the Africa-Spain-France axis France 150
North Sea area
Germany-Belgium-United Kingdom pipeline Belgium 35
France-Belgium connection France, Belgium 100
TOTAL
1025

2. Electricity interconnectors

Project Location of projects supported Envisaged Community contribution
(EUR million)
Baltic interconnection
Estlink-2 Estonia, Finland 100
Interconnection Sweden- Baltic States, and strengthening of the grid in Baltic States Sweden, Latvia, Lithuania 175
Central and South East Europe
Halle/Saale ­ Schweinfurt Germany 50
Mediterreanean
Portugal-Spain interconnection reinforcement Portugal 30
Interconnection France-Spain (Baixas ­ Sta Llogaia) France, Spain 150
New 380 kV AC submarine cable between Sicily- Continental Italy (Sorgente ­ Rizziconi) Italy 100
North Sea area
Interconnection Republic of Ireland ­ Wales Ireland, UK 100
TOTAL
705


3. Small island projects

Small isolated island initiatives Cyprus, Malta 20


B. OFFSHORE WIND PROJECTS

Project Capacity Location of projects supported Envisaged
Community
contribution
(EUR million)
1) Grid integration of offshore wind energy
1.1.Baltic I and II - Kriegers Flak I, II, III
Building on projects under development. Financing aimed at ensuring extra cost for securing a joint interconnection solution.
1.5 GW Denmark, Sweden, Germany, Poland 150
1.2. North sea grid
Modular development of offshore grid, demonstration of virtual offshore power plant
1 GW United Kingdom, The Netherlands, Germany, Ireland, Denmark, 150
2) New turbines, structures and components, optimisation of manufacturing capacities
2.1 Alpha Ventus/Bard Offshore 1
Building on projects presently under development. New generation of 6-7 MW size turbines and innovative structures, situated far from shore (up to 100 km) in deeper waters (up to 40 m).
0.5 GW Germany, Poland 150
2.2 Aberdeen offshore wind farm (European testing centre)
Building on project presently under development -Testing of multi-MW turbines. Development of innovative structures and substructures including optimisation of manufacturing capacities of offshore wind energy production equipment. An increase in size of 100MW can be envisaged.
0.25 GW UK 40
2.3 Thornton Bank
Building on project presently under development. Learning from the Downvind project (co financed through FP6); Upscaling the Downvind installations turbines (5 MW size) in deep waters ( up to 30 m) with low visual impact (up to 30 km).
90MW Belgium 10
TOTAL

500

 

C. CARBON CAPTURE AND STORAGE PROJECTS

Project Name / Location

Envisaged Community
contribution (EUR million)

Fuel
Capacity
Capture Technique

Storage Concept
Huerth Germany 250 Coal 450 MW IGCC Saline Aquifer
Jaenschwalde Coal 500 MW Oxyfuel Oil/Gas fields
Eemshaven Netherlands 250 Coal 1200 MW IGCC Oil/Gas fields
Rotterdam Coal 1080 MW PC Oil/Gas fields
Rotterdam Coal 800 MW PC Oil/Gas fields
Belchatow Poland 250 Coal 858 MW PC Saline Aquifer
Compostella Spain (with Portugal) 250 Coal 500 MW Oxyfuel Saline Aquifer
Kingsnorth UK 250 Coal 800 MW PC Oil/Gas fields
Longannet Coal 3390 MW PC Saline Aquifer
Tilbury Coal 1600 MW PC Oil/Gas fields
Hatfield (Yorkshire) Coal 900 MW IGCC Oil/Gas fields
TOTAL 1 250

[1]This support may be channelled alongside European Investment Bank support