Juni 2007 |
070616 |
ENERGIE-CHRONIK |
Die Staatsanwaltschaft Köln hat bundesweit etwa tausend Kommunalpolitiker, leitende Rathausbeamte und sonstige Entscheidungsträger im Visier, die sich von E.ON, RWE und kommunalen Unternehmen zu Lustreisen einladen ließen. Es geht dabei um mehr als hundert Reisen. Die Korruptionsaffäre ist damit noch erheblich größer, als es zunächst den Anschein hatte (060108). Angesichts der Vielzahl der Fälle konzentrieren sich die Nachforschungen derzeit auf 27 Reisen, an denen mindestens hundert Personen teilgenommen haben. Im übrigen beschränken sich die Ermittlungen vorerst darauf, die Verjährungsfrist zu unterbrechen, die für Untreue fünf Jahre beträgt.
Wie aus Presseberichten weiter hervorgeht, neigt die Staatsanwaltschaft allerdings dazu, die einschlägigen Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße einzustellen, womit die Betroffenen nicht als vorbestraft gelten. So sollten elf Aufsichtsräte der Gasgesellschaft Aggertal (Aggergas), die sich und ihren Ehefrauen von E.ON Ruhrgas einen Rom-Aufenthalt spendieren ließen, mit einem Strafbefehl davonkommen, der etwa den vermiedenen Reisekosten entsprochen hätte. Das Amtsgericht Gummersbach verweigerte aber seine Zustimmung und schickte die Akten an die Kölner Staatsanwaltschaft zurück. (SZ, 21.6.)
Die Kölner GEW Rheinenergie hat 140.000 Euro dafür ausgegeben, ihre 31 Aufsichtsräte nach Florenz einzuladen und dort für 521 Euro pro Nacht in einem Luxushotel unterzubringen. Um der Lustreise einen dienstlichen Anstrich zu geben, wurden die Aufsichtsräte per Hubschrauber zum hundert Kilometer entfernten Erdwärme-Kraftwerk Larderello geflogen, was 24.000 Euro kostete. (SZ, 26.6.)
Der Aufsichtsratsvorsitzende der GEW Rheinenergie, Rolf Bietmann, wies indessen den Verdacht der Untreue von sich und kritisierte das seit 1997 geltende Korruptionsbekämpfungsgesetz mit den Worten: "Aufsichtsratsreisen sind 40 Jahre lang gesellschaftlich und durch die Staatsanwaltschaft akzeptiert worden. Man kann das nicht über Nacht rückwirkend ändern." (FAZ, 27.6.)
Zu den Beschuldigten gehören Politiker von CDU, SPD, Grünen und FDP. Darunter befinden sich drei Abgeordnete des Düsseldorfer Landtags, der Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Franz Thönnes (SPD) und der Essener CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Königshofen. Thönnes ließ sich mit seiner Ehefrau von E.ON zum Besuch einer Bohrinsel nach Norwegen fliegen. Königshofen vergnügte sich samt Ehefrau auf Kosten der Essener Stadtwerke in Budapest. Der CDU-Politiker will dies allerdings nicht als "Lustreise" gelten lassen, da er mit seiner Ehefrau dort gewesen sei. (SZ, 19.6.)