April 2005 |
050410 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Landgericht Hildesheim hat am 27. April den früheren Oberbürgermeister von Hildesheim und Aufsichtsratsvorsitzenden der Stadtwerke, Kurt Machens, vom Vorwurf der Bestechlichkeit freigesprochen. Ebenfalls freigesprochen wurden zwei Vorstandsmitglieder der Hildesheimer Stadtwerke, Manfred Staudinger und Norbert Krämer. Die Staatsanwaltschaft hatte für Machens ein Jahr und für die beiden Mitangeklagten neun bzw. sechs Monaten Haft jeweils zur Bewährung beantragt. Sie will nun prüfen, ob sie gegen das Urteil Revision einlegt.
Auslöser des Verfahrens waren knapp eine Million Mark, die Ruhrgas und Thüga, bevor diese sich im Jahr 2001 mit jeweils 12,6 Prozent an den Hildesheimer Stadtwerken beteiligten, einem von Machens gegründeten Verein gespendet hatten. Dieser Verein gab das Geld seinerseits für gemeinnützige Zwecke aus. Er trug den beziehungsreichen Namen "pecunia non olet" (Geld stinkt nicht) und wurde im Juli 2002 wieder aufgelöst. Bei der Gerichtsverhandlung ging es um den Vorwurf, der damalige CDU-Oberbürgermeister habe Ruhrgas und Thüga aufgrund ihrer Spenden beim Verkauf der Stadtwerke-Beteiligungen bevorzugt. Im Unterschied zur Staatsanwaltschaft sah das Gericht dafür keinen Anhaltspunkt. Der Anteilsverkauf an Ruhrgas und Thüga sei bereits zugesagt gewesen, als die Spenden flossen. Auch die auffällige Namensgebung deute darauf hin, daß hier kein Spendenbetrug beabsichtigt worden sei.
Als Zeuge wurde unter anderen der frühere Vorstandsvorsitzende der Ruhrgas AG, Friedrich Späth, gehört. Er berichtete, daß derartige Spenden an Vertragspartner branchenüblich seien. Eine Beeinflussung sei damit selbstverständlich nicht beabsichtigt gewesen.
Kommunalpolitiker witterten die Anrüchigkeit des Geschäfts auch in der mißbräuchlichen Verwendung von Geldern, die eigentlich der Stadtkasse zustehen, für die persönlichen Ziele des Oberbürgermeisters, da sich dieser mit Hilfe der Energiekonzerne als Mäzen aufspielen konnte. Im Verlauf der Affäre wurde Machens im November 2002 vom Rat der Stadt Hildesheim als Oberbürgermeister abgewählt. Auch die CDU ging zu ihm auf Distanz und stellte für die anstehende Neuwahl des Oberbürgermeisters inzwischen einen anderen Kandidaten auf.
Der Hildesheimer Stadtrat beschloß im Frühjahr 2002 die Einsetzung einer Untersuchungskommission "Pecunia", die im September 2002 einen Bericht vorlegte. Demnach gingen Ende 2000 die ersten Spenden von Ruhrgas und Thüga bei "pecunia non olet" ein. Die Gelder flossen somit nach der notariellen Beurkundung der Kaufangebote von Ruhrgas und Thüga am 29. Juni 2000, aber noch vor der Rechtswirksamkeit des Geschäfts am 30. März 2001. Eine weitere Ruhrgas-Spende in Höhe von 330.000 Mark folgte im Dezember 2001. Wenig später, am 28. Januar 2002, entsprachen die zuständigen Gremien dem Wunsch von Ruhrgas und Thüga, eine Put-Option der Stadt zur Ausgliederung der Wassersparte nicht auszuüben.
Die seinerzeit von Ruhrgas und Thüga erworbenen Beteiligungen an den Stadtwerken Hildesheim bzw. der EVI Energieversorgung Hildesheim GmbH & Co. KG in Höhe von insgesamt 25,2 Prozent gingen infolge der Fusion der Ruhrgas mit E.ON komplett in den Besitz des E.ON-Konzerns über. Das Gesamtpaket wird inzwischen von der Thüga verwaltet, die auch andere kommunale Beteiligungen der Ruhrgas übernommen hat und ihrerseits innerhalb des Konzerns eine Tochter der neuen Führungsgesellschaft E.ON Ruhrgas AG ist (30904, 040707).
Die Staatsanwaltschaft Kaiserslautern ermittelt gegen den Landauer Oberbürgermeister Christof Wolff (CDU) wegen fünf Millionen Mark, die von der Berliner Bewag im Zusammenhang mit der Gründung der Energie Südwest AG (990511) für die Renovierung der Landauer Festhalle gespendet worden waren. Die Bewag hatte damals für die 51-Prozent-Mehrheit an dem kommunalen Versorger nur 20 Millionen Mark gezahlt, obwohl der Wert der Landauer Stadtwerke, die in der "Energie Südwest" aufgingen, auf fast 80 Millionen Mark geschätzt wurde. Die Staatsanwaltschaft untersucht nun einen möglichen Zusammenhang zwischen der Spende und dem niedrigen Kaufpreis. Wolff war sowohl Aufsichtsratsvorsitzender der Stadtwerke als auch Vorsitzender des Festhallen-Fördervereins, an den die Spende geflossen ist. Falls er in dieser Doppelposition die Spende zum Nachteil der finanziellen Interessen des Energieversorgungsunternehmens veranlaßt hat, könnte dies als Untreue gewertet werden. Das Finanzamt hat der Bewag bereits mitgeteilt, daß es die fünf Millionen Mark für die Festhalle nicht als steuerlich absetzbare Spende akzeptiert. (Rheinpfalz, 5.4.05)
Die Bewag war beim Einstieg in Landau noch selbständig und gehörte zu den damals acht Verbundnetzbetreibern in Deutschland. Mittlerweile ist sie im Vattenfall-Konzern aufgegangen und existiert nur noch als Vertriebsmarke (031212).