Februar 2006

060203

ENERGIE-CHRONIK


Clement wird Aufsichtsrat bei RWE Power und Schröder Berater für den RAG-Konzern

Der frühere Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) wurde am 13. Februar in den Aufsichtsrat der RWE Power AG gewählt. Im 21köpfigen Aufsichtsgremium der Kraftwerksgesellschaft des RWE-Konzerns übernimmt er gemäß den Regelungen der Montan-Mitbestimmung die Rolle des neutralen Mitglieds, dessen Votum bei Stimmengleichheit zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern den Ausschlag gibt. Da Clement als Bundeswirtschaftsminister in vielfacher Weise mit dem Geschäftsbereich von RWE zu tun hatte und schon als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen beispielsweise die Braunkohle-Verstromung favorisierte (031003), löste er mit der Übernahme des Posten scharfe Kritik und eine Bundestagsdebatte über die Einführung eines Ehrenkodexes für Politiker aus. Zum Teil wurde ihm unterstellt, der Aufsichtsratsposten sei eine Belohnung für seine branchenfreundliche Politik als Wirtschaftsminister.

Kurz davor war bekanntgeworden, daß der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sich nun auch als Berater des RAG-Konzerns betätigt, nachdem er bereits den Aufsichtsratsvorsitz bei einem Pipeline-Projekt übernahm, für dessen Verwirklichung er sich als Kanzler gemeinsam mit dem russischen Präsidenten Putin eingesetzt hat (051202). Die RAG ist ein staatlich alimentierter Konzern, der seine profitablen Bereiche gern privatisieren und die Steinkohle-Lasten dem Bund überlasssen möchte. Schröders Beratertätigkeit für die RAG könnte deshalb - auch wenn sie gratis erfolgt - den Interessen der Bundesregierung, die er noch vor kurzem repräsentierte, direkt zuwiderlaufen (050405). RAG-Chef Werner Müller war seinerseits Bundeswirtschaftsminister im ersten Kabinett Schröders, bevor er das Amt an Wolfgang Clement abgab und mit dem direkten Wechsel zur RAG eine erste "Filz-Debatte" im Bundestag auslöste (030404).

Ein weiteren politischen Wirbel gab es Ende 2003 um den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Alfred Tacke, weil dieser direkt aus seinem Amt in den Chefsessel des Steinkohleverstromers Steag wechselte. Tacke hatte unter Werner Müller - gegen den Widerstand von Bundeskartellamt und Monopolkommission - die umstrittene Ministererlaubnis für die Übernahme der Ruhrgas durch E.ON erteilt (020901). Offenbar war es Müller, der ihm zum Posten des Vorstandsvorsitzenden der RAG-Tochter Steag verhalf (040903).

Bundestag diskutiert über Ehrenkodex für Politiker

Auf Antrag der Grünen-Fraktion debattierte der Bundestag am 16. Februar in einer "Aktuellen Stunde" über Clements neuen Posten bei RWE sowie ähnlich gelagerte Fälle, in denen Politikern aus Regierungsämtern unmittelbar in Vorstände und Aufsichtsräte von Energiekonzernen wechselten. "Dieser extrem vermachtete Sektor unserer Volkswirtschaft braucht klare Scheidelinien gegenüber der Politik", warnte für die Grünen der Abgeordnete Reinhard Loske. "Sonst bekommen wir ein riesengroßes Glaubwürdigkeitsproblem." Die Linkspartei-Abgeordnete Gesine Lötzsch unterstellte den Politikern, sie hätten "augenscheinlich politische Vorleistungen erbracht, die jetzt mit Vorstands- und Aufsichtsratsposten versilbert werden". Es handele sich hier um "nachgelagerte Bestechung" und "eine Form von Korruption, die in Deutschland leider legal ist". Für die Unionsfraktion schlug der Abgeordnete Andreas Schmidt die Schaffung eines freiwillig einzuhaltenden Ehrenkodexes vor, weil "nicht alles, was legal ist, auch legitim ist". Für die FDP erklärte Jürgen Koppelin, daß seine Fraktion bereits einen Antrag eingebracht habe, der die Bundesregierung zur Ausarbeitung eines Ehrenkodexes analog der entsprechenden Gesetzgebung für die Bundesbeamten auffordert. Allerdings wolle die FDP die entsprechenden Restriktionen für Politiker nicht fünf, sondern lediglich zwei Jahre gelten lassen. Die SPD vermochte erwartungsgemäß kein Fehlverhalten bei Clement, Schröder oder Müller zu erblicken, doch plädierte ihr Abgeordneter Christian Lange ebenfalls für "eine Scheidelinie bezüglich dessen, was man nach dem Ausstieg aus der Politik tut".

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