April 2003

030404

ENERGIE-CHRONIK


Müllers Wechsel zur RAG löst Filz-Debatte im Bundestag aus

Die Berufung des ehemaligen Bundeswirtschaftsministers Werner Müller (parteilos) zum Vorstandsvorsitzenden der RAG (030403) führte am 10. April 2003 im Bundestag zu einem polemischen Schlagabtausch. Im Rahmen einer von der FDP beantragten Aktuellen Stunde warfen die Oppositionsparteien der rot-grünen Koalition Postenschacher und Korruption vor. SPD und Grüne wiesen diese Vorwürfe als scheinheilig zurück und bezichtigten ihrerseits die Oppositionsparteien der Verflechtung von politischen und wirtschaftlichen Interessen. Als Parallele zum Fall Müller wurde in der Debatte mehrfach der FDP-Politiker Martin Bangemann genannt, der unmittelbar nach seiner Tätigkeit als EU-Kommissar für den Telekommunikationsbereich einen hochbezahlten Posten bei der spanischen "Telefonica" angenommen hatte. "Hier haben wir aber einen ungleich dramatischeren Fall", meinte der FDP-Abgeordnete Rainer Brüderle, der als erster Redner vorbeugend sogleich diesen für die eigene Partei peinlichen Fall ansprach.

Der SPD-Abgeordnete Wilhelm Schmidt erklärte, er könne auch von den FDP-Politikern und Bundeswirtschaftsministern Friderichs, Möllemann, Hausmann und Rexrodt "lange Storys" erzählen. Die energiepolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt, warf Rexrodt vor, daß er sich neben seiner Abgeordnetentätigkeit als Mitinhaber einer PR-Agentur betätigt, die unter anderem E.ON und BP berate (020815). Erst unlängst sei Rexrodt öffentlich für die Ministererlaubnis im Fusionsfall E.ON/Ruhrgas eingetreten (020103) und habe im Wirtschaftsausschuß des Bundestag eine kritische Diskussion darüber unterbunden. Sie verwies ferner auf den früheren Düsseldorfer FDP-Landtagsabgeordneten und Möllemann-Mitstreiter Andreas Reichel, der Pressesprecher bei der RAG geworden sei. Die FDP revanchierte sich mit dem Hinweis auf die frühere Grünen-Vorstandssprecherin Gunda Röstel, die bei der E.ON-Tochter Gelsenwasser einen leitenden Posten erhielt ( 000906).

Der Unionsabgeordnete Hartmut Schauerte warf Müller vor, während seiner Amtszeit "erkennbar monopolnah und liberalisierungsfeindlich" gehandelt zu haben: "Die Berufung erfolgte nicht wegen der schönen Augen von Herrn Müller, sondern weil er für das Unternehmen Ruhrkohle AG aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Minister und der damit verbundenen besten Beziehungen zum Haus mit Blick auf die nächsten Subventionsentscheidungen nützlich sein soll. (...) Der Monopolminister Müller ist nun nach einer vierjährigen Entleihung - einer Zeit, in der er die Energiemonpole gestärkt hat - hoch bezahlt in die Monopole zurückgekehrt. (...) So grob, so plump, so durchsichtig und voller Beziehungsgeflecht, das der Steuerzahler zu bezahlen hat, haben wir das in diesem Lande noch nicht erlebt. Das ist ein Anschlag auf die Sauberkeit."

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