PresseBLICK-Rezensionen Geschichte (Strom u. a.)



Peter Döring, Karl-Peter Ellerbrock, Theo Horstmann, Meinhard Schwarz

Mehr als Energie - Die Unternehmensgeschichte der VEW 1925 - 2000

400 S., Klartext-Verlag, Essen 2000


Insgesamt acht Verbundunternehmen haben fünf Jahrzehnte lang die Stromlandschaft der Bundesrepublik geprägt. Inzwischen ergeht es ihnen wie den zehn kleinen Negerlein: Als erste verschwanden 1997 das Badenwerk und die EVS (da ihnen noch eine kurze Frist als Regionaltöchter der neuen EnBW vergönnt war, wird man das genaue Ableben allerdings mit Juni 1999 angeben müssen). Dann erwischte es in diesem Jahr die mindestens ebenso traditionsreichen Unternehmen Bayernwerk und PreussenElektra, die in der neuen E.ON aufgingen. Und nun wurden auch die 75jährigen VEW just in ihrem Jubeljahr mit dem großen Nachbarn RWE verschmolzen, der eigentlich schon vor fast hundert Jahren nach Westfalen expandieren wollte, mit seinen Plänen aber am Widerstand der Kommunen und des preußischen Landrats Gerstein gescheitert war.

Damit firmieren von den ursprünglich acht Verbundunternehmen nur noch drei unter ihren ursprünglichen Namen, nämlich RWE, HEW und Bewag. Weitere Elefantenhochzeiten und Namensänderungen bahnen sich an: Sogar ein Riese wie E.ON scheint einer weiteren Fusion nicht abgeneigt zu sein, wie die soeben dementierten Berichte über einen Zusammenschluß mit der französischen Suez Lyonnaise zeigen. Über den RWE-Konzern wurde vor kurzem gemunkelt, dass ihm eine feindliche Übernahme durch Shell bevorstehe. Im übrigen "spricht jeder mit jedem", wie es immer so schön heißt, wenn die Wirtschaftspresse wieder mal über eine bevorstehende Fusion spekuliert. Kein Gerücht ist dagegen, dass HEW und Bewag den Vorstoß in neue wirtschaftliche Dimensionen planen, die sich durch den kartellamtlich verfügten Rückzug von RWE und E.ON aus dem Eigentümerkreis beim ostdeutschen Verbundunternehmen Veag eröffnen. Zusammen mit HEW und Bewag haben deren ausländischen Partner Vattenfall und Southern den Hut mit in den Ring geworfen.

Wo derart alles in Bewegung ist und auch manche falsche Entscheidung getroffen wird, gerät man leicht in Versuchung, die Vergangenheit zu verklären, in der die deutsche Stromlandschaft noch den Reiz eines Stillebens verströmte. - Ein Eindruck, der allerdings nur bedingt richtig ist. Vor allem die Anfänge der deutschen Stromwirtschaft waren durchaus sehr bewegt, und die damaligen Auseinandersetzungen standen den heutigen an Schärfe nicht nach. Erst in den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erfolgte allmählich die Konsolidierung der Versorgungsgebiete, wie sie dann im wesentlichen bis zur Liberalisierung im Jahre 1998 bestanden.

Dies macht auch das vorliegende Werk zum 75jährigen Bestehen der VEW deutlich. Es ist insofern ein Glücksfall, als es gerade noch vor der Verschmelzung des Unternehmens mit dem RWE-Konzern erschien, der seinerseits vor zwei Jahren aus Anlaß seines hundertjährigen Bestehen eine sehr interessante Jubiläumsschrift veröffentlicht hat (PB 5/98). Ähnliche Glücksfälle sind die Jubiläumsschriften des Bayernwerks (PB 5/96), des Badenwerks (PB 7/96) oder des ostwestfälischen Regionalversorgers EMR (PB 12/99), die ebenfalls noch ihre komplette Firmengeschichte zu Papier bringen konnten, bevor sich das Ende der Eigenständigkeit abzeichnete.

Drei der vier Autoren sind dem Unternehmen, dessen Geschichte sie aufgezeichnet haben, auch beruflich verbunden: Theo Horstmann, der die Vorläufer der VEW erforscht hat, ist Pressesprecher der VEW Energie AG. Peter Döring, der die Jahre von 1925 bis 1948 schildert, betreut seit 1995 das Archiv der VEW Energie AG. Der pensionierte Meinhard Schwarz, der den Zeitabschnitt von 1948 bis 1989 übernommen hat, war insgesamt 32 Jahre bei den VEW tätig, zuletzt als Leiter der Abteilung Information und Volkswirtschaft. Nur Karl-Peter Ellerbrock, der zusammen mit Peter Döring die Konzernentwicklung von 1989 bis 2000 beschreibt, kommt als Direktor der Stiftung Westfälisches Wirtschaftsarchiv von außerhalb des Unternehmens. Übrigens sind Horstmann, Döring und Ellerbrock studierte Historiker. Horstmann ist außerdem Lehrbeauftragter für Neuere Wirtschafts- und Technikgeschichte an der Universität Gesamthochschule Paderborn.

Zusammen mit den großstädtischen Verbundunternehmen HEW und Bewag sowie der württembergischen EVS gehörten die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen (VEW) zu den Flaggschiffen der kommunalen Stromwirtschaft. Auch mit ihrem Fusionspartner RWE, der erst vor ein paar Jahren das Mehrfachstimmrecht seiner kommunalen Aktionäre beseitigte, verbindet sie in dieser Hinsicht einiges. Noch stärker ist allerdings die sozusagen antithetische Bindung an das RWE, die nun nach 75 Jahren in eine Synthese - wirtschaftlich gesprochen: Fusion - mit dem größeren Nachbarn mündet.

Der größere Nachbar RWE begleitete von Anfang an die Unternehmensgeschichte

Der Name "Vereinigte Elektrizitätswerke Westfalen" verrät schon einiges über die Ursprünge des Unternehmens, dessen Wurzeln erheblich tiefer reichen als bis zum Gründungsjahr 1925: Der älteste der drei Partner, die sich damals unter dieser Bezeichnung zusammenschlossen, war das Städtische Elektrizitätswerk Dortmund, das schon 1898 den Betrieb aufgenommen hatte. Die beiden anderen waren das 1906 gegründete Electricitätswerk Westfalen und das seit 1908 bestehende Westfälische Verbands-Elektrizitätswerk.

Genauso alt wie das Städtische Elektrizitätswerk Dortmund war das "Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk" (RWE), das 1898 zur Stromversorgung der benachbarten Stadt Essen gegründet wurde. Beide Unternehmen entstanden also gleichzeitig, um die beiden größten Städte des Ruhrgebiets mit Strom zu versorgen. Im Unterschied zum kommunalen Elektrizitätswerk Dortmund gehörte aber das RWE privaten Eigentümern. Unter der Führung des Großindustriellen Hugo Stinnes expandierte es bald weit über sein ursprüngliches Versorgungsgebiet hinaus und war schon vor dem ersten Weltkrieg der größte Stromerzeuger Deutschlands.

Einen wesentlichen Teil dieses Erfolgs verdankte Stinnes der Strategie, den Kommunen außer der Stromversorgung auch eine Kapitalbeteiligung am RWE anzubieten, wodurch sich das RWE allmählich vom privaten zum gemischtwirtschaftlichen Unternehmen wandelte. Dennoch gelang ihm die Expansion nicht nach allen Seiten: Im Norden und Osten stieß er auf den Widerstand der westfälischen Kommunen sowie von Beamten der preußischen Verwaltung, welche eine so wichtige Aufgabe wie die Stromversorgung lieber der öffentlichen Hand anvertrauen wollten. Während das RWE entlang des Rheins von der niederländischen Grenze bis zum Hunsrück eine Gemeinde nach der anderen ins Boot holte, kam es im Nordosten praktisch nicht über die Gemarkung der Stadt Essen hinaus.

Einer der hartnäckigsten Widersacher des RWE war der Bochumer Landrat Karl Gerstein, auf dessen Betreiben 1906 in Bochum das "Electricitätswerk Westfalen" gegründet wurde. Es handelte sich um ein gemischwirtschaftliches Unternehmen, an dem neben verschiedenen Kommunen maßgeblich die Bergwerksgesellschaft Hibernia und der Elektrokonzern AEG beteiligt waren. Erster Aufsichtsratsvorsitzender war AEG-Präsident Walther Rathenau. Als Stellvertreter amtierte Gerstein, dessen Name bis heute im VEW-Kraftwerk Gerstein fortlebt.

Auch die Stadt Dortmund weigerte sich, ihr städtisches Elektrizitätswerk ins Imperium des RWE einzubringen. Das war für Stinnes besonders fatal, weil er 1906 in Kruckel bei Dortmund mit dem Bau eines weiteren großen RWE-Kraftwerks begonnen hatte, das nun eine Fehlinvestition zu werden drohte. Er trat deshalb den Rückzug an und überließ das Kraftwerk Kruckel dem 1908 neu gegründeten "Westfälischen Verbands-Elektrizitätswerk", das mehrheitlich den Gemeinden Dortmund und Hörde sowie dem Elektrizitätswerk Westfalen gehörte. Das RWE begnügte sich mit einer Minderheitsbeteiligung. Der Landrat Gerstein und die anderen Kontrahenten des RWE hatten ein weiteres Mal gesiegt.

Der preußische Landrat war indessen kein Dogmatiker. Nach dem ersten Weltkrieg, als die Franzosen ihre Hand auf die Ruhrkohle legten und das RWE durch die sichere Basis des Braunkohlestroms eine noch machtvollere Position besaß, warb Gerstein sogar eifrig für einen Zusammenschluß des von ihm gegründeten Elektrizitätswerks Westfalen mit dem RWE. Die westfälischen Kommunen versagten ihm aber dieses Mal die Gefolgschaft - wohl auch deshalb, weil für die mehrheitlich in den Rathäusern regierenden Sozialdemokraten der RWE-Herrscher Hugo Stinnes so etwas wie der kapitalistische Beelzebub in Person war. Auch Stinnes zeigte sich nicht erkenntlich, sondern schnappte dem Elektrizitätswerk Westfalen eine fast schon sichere Erwerbung vor der Nase weg. Der verärgerte Gerstein brachte daraufhin das Elektrizitätswerk Westfalen in den neu gegründeten Kommunalen Elektrizitäts-Verband Westfalen-Rheinland ein, dem insgesamt zehn überwiegend kommunale Elektrizitätswerke beitraten.

Dieser 1920 gegründete kommunale Elektrizitäts-Verband verstand sich als Schutz- und Trutzbündnis von selbständigen Unternehmen, die selbständig bleiben wollten. Ein derart lockerer Zusammenschluß genügte aber auf Dauer nicht, um die Herausforderungen zu meistern, denen sich die Mitglieder gegenübersahen. Deshalb schritten 1925 die Elektrizitätswerke Westfalen in Bochum und die Stadt Dortmund zur Gründung der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen GmbH (VEW) mit Sitz in Dortmund. Bis Ende der zwanziger Jahre schlossen sich die meisten anderen Mitglieder des Kommunalen Elektrizitätsverbandes sowie weitere Gemeinden der Neugründung an.

Nominell gab es mit dem Westfälischen Verbands-Elektrizitätswerk in Dortmund-Kruckel insgesamt drei Gründungsgesellschafter. Die ehemalige RWE-Gründung in Kruckel gehörte aber schon seit Jahren mehrheitlich der Stadt Dortmund bzw. zur 1923 entstandenen "Dortmunder und Verbands-Elektrizitätswerk GmbH" als Dachgesellschaft. Da auch die Bochumer Partner inzwischen ihre gemischtwirtschaftlichen Anfänge abgestreift hatten, starteten die VEW als rein kommunales Unternehmen.

Schon 1930 Fusionsverhandlungen mit RWE

Als 1930 die VEW die Rechtsform einer Aktiengesellschaft annahmen, reichte ihr Versorgungsgebiet von Lingen an der Ems bis zur Kreisstadt Berleburg am Südhang des Rothaargebirges (200 km) sowie von Bochum bis Gütersloh (100 km). An diesem Versorgungsgebiet hat sich bis zur Aufhebung der Demarkationsverträge im Jahr 1998 grundsätzlich nichts mehr geändert. Denn mittlerweile waren die Claims in der deutschen Stromlandschaft abgesteckt. Die 1927 gegründete PreussenElektra füllte im Westteil des damaligen Landes Preußen die letzten Lücken, in denen sich bisher weder RWE noch VEW oder ein anderer Stromversorger etabliert hatten. Gleichzeitig kam es zur Beendigung des jahrelangen "Elektrokriegs" zwischen Preußen und dem Platzhirsch RWE.

Dennoch stand die Neugründung VEW nicht von Anfang an auf stabilen Beinen. Die Wirtschaftskrise am Ende der zwanziger Jahre setzte auch ihr arg zu, so dass 1930 mit dem RWE über einen Zusammenschluß verhandelt wurde. Aus Sicht des RWE sollte dies freilich mehr ein Anschluß werden. Die Verhandlungen scheiterten wegen der unvereinbaren Vorstellungen über die Bewertung beider Unternehmen.

Nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus wurden die VEW wie andere Unternehmen "gleichgeschaltet". In die Unternehmensleitung rückten nun Paladine des Regimes wie der Vorstandsvorsitzende Martin Müller, der sich anläßlich seines 50. Geburtstages von den "Betriebszellen" der VEW als "Führer" des Unternehmens bejubeln ließ: "Möge es ihm vergönnt sein, noch viele Jahre zum Segen des VEW-Konzerns im Sinne unseres großen Führers Adolf Hitler tatkräftig wirken zu können",

Müller und die anderen braunen "Führer" wirkten tatsächlich so tatkräftig, dass 1945 viele Kraftwerke und Netzbereiche der VEW einem Scherbenhaufen glichen. Beispielsweise wurde 1943 das Speicherkraftwerk Möhnesee bei einem Fliegerangriff restlos zerstört. Von den 110-kV-Leitungen funktionierte bei Kriegsende nur noch eine einzige Verbindung.

Es dauerte bis 1951, ehe alle Kriegsschäden behoben waren. Aber dann ging es aufwärts. 1954 bezogen die VEW ein neues Betriebs- und Verwaltungsgebäude in Dortmund. Der repräsentative Bau enthielt auch die neue Schaltwarte für die Lastverteilung: Ein Bild aus dem Jahre 1955 zeigt zwei sehr korrekt gekleidete Herrn, die in dick gepolsterten Drehsesseln am Schaltpult sitzen - das Bild vermittelt einiges vom damaligen Selbstverständnis der Branche, die sich eher als staatsnahe Einrichtung des Gemeinwohls denn als normaler Wirtschaftszweig begriff.

Zwischen Kohle, Öl, Gas und Kernenergie: Das Fiasko mit dem THTR

Die rasche Zunahme des Strombedarfs ließ nach neuen Energiequellen Ausschau halten. Bis in die sechziger Jahre stammte der VEW-Strom fast ausschließlich aus Steinkohle. Wegen dieser Abhängigkeit von der immer teurer werdenden Steinkohle lagen die Stromerzeugungskosten bei den VEW höher als beim RWE, das überwiegend Braunkohle verstromte. Als Alternativen schienen sich Öl und Gas anzubieten, ehe langfristig die Kernenergie - so glaubte man damals - sämtliche Energieprobleme lösen würde. Alle drei Pfade erwiesen sich aber als recht dornig: Die Verstromung von Öl verbot sich praktisch seit der ersten Ölkrise von 1973. Wenig später erhöhten die holländischen Erdgas-Lieferanten die Preise, so dass auch diese Energiequelle zu teuer wurde, um in der Grundlast eingesetzt zu werden. Und die Kernenergie, auf die man die größten Hoffnungen gesetzt hatte, kam ebenfalls nicht so voran, wie man sich das ursprünglich vorgestellt hatte.

Schon 1968 hatten die VEW ein Demonstrations-Kernkraftwerk in Lingen an der Ems in Betrieb genommen. Mit einer Leistung von 160 MW konnte dieser Siedewasserreaktor allerdings keinen großen Beitrag zur Minderung der Abhängigkeit von der Kohle leisten. Er wurde auch schon 1977 wegen Schäden an den Wärmetauschern stillgelegt. Der eigentliche Einstieg in die Kernenergie sollte auf dem Gelände des Kraftwerks Westfalen bei Hamm stattfinden, wo ein Thorium-Hochtemperaturreaktor (THTR) mit einer Leistung von 300 MW sowie ein Druckwasserreaktor mit einer Leistung von 1300 MW geplant waren. Der THTR war ein Prototyp und sollte in großtechnischem Maßstab die Erfahrungen verwerten, die in Jülich mit einer 15-MW-Versuchsanlage gesammelt worden waren. Der Druckwasserreaktor war dagegen als "nukleares Arbeitspferd" gedacht. Er sollte mit einer bereits bewährten Technologie die übermäßige Abhängigkeit von der Kohle beenden.

Als der Thorium-Hochtemperaturreaktor 1985 schließlich in Betrieb ging, hatten sich die Kosten von 690 Millionen auf rund vier Milliarden Mark erhöht und die Bauzeit von fünf auf 14 Jahre verlängert. Noch schlimmer: Der THTR erzeugte nur knapp drei Jahre lang Strom. Eine unglückliche Verbindung technischer Pannen mit Finanzierungsschwierigkeiten und politischem Klima machten dem Kugelhaufen-Reaktor den Garaus, bevor er seine vielversprechenden Vorteile gegenüber den Leichtwasser-Reaktoren unter Beweis stellen konnte. - Eine herbe Enttäuschung für alle beteiligten Unternehmen, aber besonders für die VEW und ihren damaligen Vorstandsvorsitzenden Klaus Knizia, der sich sehr für das innovative Projekt engagiert hatte.

Während sich die 1971 begonnene Errichtung des THTR immer mehr hinauszog, kam das 1975 eingeleitete Genehmigungsverfahren für den Druckwasserreaktor ebenfalls nicht voran. Die VEW und ihr Partner Elektromark verlegten deshalb den Standort ins niedersächsische Lingen, wo schon das Demonstrations-Kernkraftwerk errichtet worden war und vor Ort wie auch auf Landesebene für dieses Vorhaben ein günstigeres Klima herrschte. Tatsächlich konnte in Lingen das Fünf-Milliarden-Projekt zügig verwirklicht und im April 1988 sogar vorzeitig in Betrieb genommen werden. Das Kernkraftwerk Emsland hat auch später alle Erwartungen an ein "nukleares Arbeitspferd" erfüllt.

Die VEW AG und ihre fünf Töchter

Anfang der neunziger Jahre kam es zu weiteren wichtigen Weichenstellungen, indem die VEW neue Geschäftsfelder erschlossen und über den angestammten Raum hinaus expandierten. Im Energiebereich ist hier an erster Stelle die 1994 erworbene Mehrheitsbeteiligung am ostdeutschen Regionalversorger MEAG in Halle zu nennen. Mit der Harpener AG übernahmen die VEW 1992 einen Mischkonzern, dessen Stammgeschäft das Immobilienmanagement ist, der aber auch z.B. eine Reihe von Wasserkraftwerken oder Blockheizkraftwerke betreibt. Mit dem Erwerb der Firma Edelhoff (1992-1994) stiegen sie in das Entsorgungsgeschäft ein, das freilich auch ihnen mehr Kummer als Freude bereiten sollte. Seit Mitte 1995 fungierte die VEW AG als Holding, die unter ihrem Dach die vier Töchter VEW Energie AG, MEAG, Edelhoff und Harpen vereinte. Der wichtigste Geschäftsbereich blieb natürlich die VEW Energie AG, die das traditionelle Kerngeschäft mit Strom, Gas und Fernwärme fortführte. Anfang dieses Jahres kam als fünfte Führungsgesellschaft noch die Westfälische Ferngas AG hinzu.

Die VEW AG, die als Herausgeber dieses Jubiläumsbandes zeichnet, ist inzwischen ihrerseits schon wieder Geschichte. Denn am 1. Oktober ist sie im RWE-Konzern aufgegangen. Noch im Sommer 1999 gab es bei den VEW Überlegungen zur Gründung einer "Deutschen Energie-Union" als bundesweiter Zusammenschluß von Energieversorgern aus dem kommunalen Bereich. Die rasche Entwicklung des Wettbewerbs ließ aber die Verwirklichung eines derart zeitaufwendigen Projekts nicht mehr zu. Seit Oktober vergangenen Jahres standen die Weichen klar auf eine Fusion mit RWE.

Wie gesagt: Ein Glücksfall, dass dieses Werk zum 75jährigen Bestehen der VEW noch erscheinen konnte. Mit insgesamt 400 großformatigen Seiten, zahlreichen historischen Fotos sowie ganzseitigen Wiedergaben historischer Elektro-Werbeplakate zieht es einen angemessenen Schlußstrich unter die Geschichte eines der bedeutendsten deutschen Stromversorger.

(PB 9/00/*leu)