November 1997

971107

ENERGIE-CHRONIK


Niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn muß kräftig zurückstecken

Angesichts schwerer juristischer Niederlagen und aufgrund politischen Drucks auch seitens der eigenen Landesregierung kann die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) ihre Anti-Kernkraft-Politik nicht mehr in der bisherigen Weise fortsetzen. Am 12.11. unterzeichnete sie eine Vereinbarung mit der Gesellschaft für Nuklearservice (GNS), in der sie sich verpflichtet, künftig alle anhängigen Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren für den Bau der Pilotkonditionierungsanlage in Gorleben "einfach, zweckmäßig, zügig und in kooperativer Weise" abzuwickeln. Die GNS erklärt sich dafür bereit, ihre Amtshaftungsklage gegen das Land Niedersachsen wegen der Behinderungen beim Bau dieser Anlage (siehe 940610 u. 940713) vorläufig auszusetzen. Ein Jahr nach Genehmigung der Anlage will die GNS endgültig auf ihre Schadenersatzforderung in Höhe von 15 Millionen Mark verzichten (FAZ, 14.11.).

Gleichzeitig teilte Griefahn mit, daß das Land seine Verurteilung im sogenannten zweiten Gorleben-Prozeß akzeptieren werde und die dagegen eingelegte Revision beim Bundesgerichtshof zurückgezogen habe. Es geht dabei um ein Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom Oktober 1996, demzufolge die Landesregierung ihre Amtspflichten verletzte, als sie vom 13. Mai bis zum 25. Juli 1991 den Stillstand der Bauarbeiten in Schacht 1 in Gorleben anordnete (siehe 961008). Da die Landesregierung bereits in der ähnlich gelagerten Auseinandersetzung um einen viermonatigen Stillstand in Schacht 2 bis in die letzte Instanz unterlegen ist (siehe 970814), war damit zu rechnen, daß der Bundesgerichtshof auch diesen Revisionsantrag nicht zulassen würde. Auf die niedersächsische Landesregierung kommen damit erhebliche Schadenersatzforderungen zu. Bereits vor einem Jahr hatte die CDU-Opposition ausgerechnet, daß durch die "Rechtsbruchpolitik" der Umweltministerin Schadenersatzansprüche in Höhe von 107 Millionen Mark entstanden seien (siehe 961008).

"Schröder zieht die Notbremse"

"Alle ihre Bemühungen, den Bau atomarer Entsorgungsanlagen auf niedersächsischem Boden durch Baustopps, bürokratische Hürden und rechtswidrige Auflagen zu hintertreiben, haben ihr nicht mehr eingebracht als eine lange Reihe gerichtlicher Niederlagen", resümierte die Frankfurter Allgemeine (17.11.). Diese Entwicklung beunruhige mittlerweile auch den Ministerpräsidenten Schröder, der das Taktieren seiner Ministerin am Rande der Legalität stets unterstützt habe. "Nun muß Schröder die Suppe allein auslöffeln, die er sich eingebrockt hat. Daß er gerade jetzt damit anfängt, hat zweifellos etwas mit dem Wahltermin am 1. März zu tun. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird die SPD danach nur mit den Grünen weiterregieren können, denen im Kampf gegen die Atomenergie kein Prozeß zu teuer und kein Störmanöver zu riskant ist. Um sich diesen Kurs nicht - wie 1990 - noch einmal aufzwingen zu lassen, zieht Schröder jetzt die Notbremse. Vorgemacht hat das der frühere Hamburger Bürgermeister Voscherau, der kurz vor der Wahl Entscheidungen für die Hafenwirtschaft und die Flugzeugindustrie der Hansestadt herbeiführte, an denen auch die Grünen in den folgenden Koalitionsverhandlungen nicht mehr vorbeikamen."