Februar 2022 |
220202 |
ENERGIE-CHRONIK |
Ein Barrel Rohöl der Nordseesorte Brent kostete am 28. Februar – vier Tage, nachdem die russische Invasion der Ukraine begann – 90,31 Euro. Das war der höchste Stand seit September 2012. Als Preistreiber für den Anstieg, der schon im Frühjahr 2020 einsetzte und sich ab Herbst beschleunigte, wirkten aber insgesamt drei Faktoren zusammen: Der wichtigste war das Nachlassen der wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die wieder anziehende Konjunktur bewirkte einen entsprechend höheren Bedarf an Rohöl, nachdem das Barrel Brent Ende April nur noch 20 Euro gekostet hatte und für die Sorte WTI kurzfristig sogar eine Zuzahlung bis zu 37,63 Dollar verlangt worden war, weil alle Speicher voll waren und die Öltanker ihre Fracht nicht mehr los wurden (200402). Als zweiter Faktor kam jedoch hinzu, dass das Opec-Plus-Kartell seine Fördermengen nicht ausreichend dem erhöhten Bedarf anpasste. So stieg die offizielle tägliche Fördermenge des Gesamtkartells von Januar bis Dezember 2021 nur um knapp neun Prozent von 36,803 auf 40,494 Millionen Barrel, und auch diese Vorgabe wurde aus verschiedenen Gründen von den 24 Mitgliedern der Opec Plus teilweise unterschritten.
Erheblichen Einfluss auf den Ölpreisanstieg hatte dann ab April 2021 aber
auch die massive Drohkulisse, die der Kreml mit seinem Truppenaufmarsch an
der Grenze zur Ukraine aufbaute und die er propagandistisch damit
begründete, die von ihm unterstützten Separatisten in den beiden
selbsterklärten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk vor einem drohenden
"Völkermord" durch die Ukraine schützen zu müssen. Die Choreographie
dieser Truppenbewegungen mit den daraus resultierenden diplomatischen
Bemühungen um die Abwendung eines Krieges wirkte sorgsam einstudiert und
war offenbar von langer Hand vorbereitet. Sie musste sowohl den Gas- auch
den Ölpreis treiben, da Russland neben Saudi-Arabien der wichtigste
Ölförderer des Opec-Plus-Kartells ist. Es war zu erwarten, dass bei einem
Einmarsch in die Ukraine die westlichen Wirtschaftssanktionen in erster
Linie bei den Einnahmen aus dem russischen Rohstoffexport ansetzen würden,
um das Regime in Moskau an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen. Und
zwar eher beim Öl als beim Gas, wo die wechselseitige Abhängigkeit größer
ist.
Fast im Gleichschritt mit den Preisen für Rohöl steigen und fallen die Preise für Benzin und Diesel (bzw. auch Heizöl). Bisher war 2012 das teuerste Tankjahr. Im Jahresdurchschschnitt kostete damals Super E10 159,8 Cent und Diesel 147,8 Cent pro Liter. Der teuerste Monat war dabei der September mit 167,1 Cent für Super E10 und 152,4 Cent für Diesel. Wie diese Grafik zeigt, stiegen im vergangenen Jahr beide Preise noch über die damaligen Höchsstände. Der teuerste Monat war dabei der November, als im Durchschnitt168,0 Cent für Super E 10 und 156,0 Cent für Diesel gezahlt werden mussten. Weil aber der Preisanstieg von einem moderaten Niveau aus erfolgte und sehr steil verlief, blieben die Jahresdurchschnittspreise mit 152,2 Cent für Super E 10 und 138,5 Cent für Diesel noch unter dem Stand von 2012. |