Dezember 2021

211211

ENERGIE-CHRONIK


DB Energie betätigt sich ebenso eigenmächtig wie glücklos im Stromvertrieb an Privatkunden

Dem Bundesrechnungshof stößt sauer auf, dass sich die Bahntochter DB Energie schon seit Jahren eigenmächtig und ziemlich glücklos im Stromvertrieb an Privatkunden betätigt. Der Einstieg in das stark überbesetzte und teilweise anrüchige Gewerbe erfolgte im Juni 2017, als die DB Energie auch sogenannten Ökostrom anzubieten begann. Sie begründete dies mit der Absicht, sich als "Umweltvorreiter im Verkehrssektor" zu profilieren und ihr Kerngeschäft zu stärken, indem sie die Privatkunden mit Wechselprämien wie "BahnCards", DB-Reisegutscheinen oder "Bahn-Bonus-Punkten" beglückte (170614).

Verkehrs-und Finanzministerium vernachlässigten ihre Aufsichtspflicht

Wie der Bundesrechnungshof in seinen jetzt veröffentlichten Bemerkungen zum Jahresbericht 2021 feststellt, ist der erhoffte wirtschaftliche Erfolg auf diesem neuen Geschäftsfeld der DB Energie "nicht ansatzweise wie erwartet eingetreten". Es sei auch "nicht im Bundesinteresse, wenn ein bundeseigenes Unternehmen in einen bereits bestehenden wettbewerblichen Markt eintritt, um Strom an Privatkunden zu vertreiben". Kritikwürdig sei aber vor allem, das sowohl das Bundesverkehrs- als auch das Finanzministerium ihre Aufsichtspflichten vernachlässigten. Sie hätten weder das Bundesinteresse geprüft noch das Bundeswirtschaftsministerium beteiligt. Außerdem hätten sie es hingenommen, dass der Vorstand der DB Energie den Aufsichtsrat nicht eingebunden hat.

Das neue Geschäftsfeld hat mit "Betreiben einer öffentlichen Eisenbahninfrastruktur" nichts zu tun

Die Prüfer lassen auch nicht den Einwand der beiden Ministerien gelten, der Einstieg ins Privatkundengeschäft hätte nicht der Zustimmung des Aufsichtsrats bedurft, weil die DB Energie damit lediglich ihren Kundenkreis erweitert und kein wesentliches neues Tätigkeitsgebiet betreten habe. Vielmehr verhalte es sich so, dass damit tatsächlich ein neues Tätigkeitsgebiet vorlag, das keinen Bezug zu dem im Gesellschaftsvertrag verankerten Unternehmensgegenstand "Betreiben einer öffentlichen Eisenbahninfrastruktur" aufwies. Die geringe Bedeutung, die der neue Geschäftszweig dann tatsächlich erlangte – im Jahr 2019 machte er gerade mal 0,28 Prozent des Gesamtumsatzes der DB Energie aus – entschuldige diesen Verstoß ebenfalls nicht.

Schon seit 2012 gab es Pläne für den Stromverkauf an Kleinverbraucher

Aus den Bemerkungen des Rechnungshofs geht ferner hervor, dass sich die DB Energie bereits im Jahr 2012 mit Plänen für den Stromverkauf an Kleinverbraucher befasste. Sie erwartete nach drei bis fünf Jahren eine sechsstellige Kundenzahl mit entsprechend hohen Umsätzen. Der für das Jahr 2014 geplante Start scheiterte dann aber, weil die DB Energie inzwischen auch das Bahnstromnetz (110 kV / 16,7 Hertz) für Wettbewerber öffnen musste (100915). Zuvor hatte sie günstigere Anbieter schon bei der Stromversorgung der Bahnliegenschaften mit der Normalfrequenz 50 Hertz akzeptieren müssen (110415). Sie verlor dadurch binnen eines Jahres etwa die Hälfte ihrer externen Kunden unter den Eisenbahnverkehrsunternehmen. Da half auch nicht viel, dass die DB Energie ihre ungünstigeren Konditionen für den Bahnstrom mit grünen "Ökostrom"-Schleifchen zu verpacken begann (110706, 121114). Umso größer war dann wohl die Hoffnung, diese Scharte mit dem "Ökostrom"-Privatkundengeschäft auszuwetzen, das schließlich im Sommer 2017 startete.

 

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