Januar 2018

180113

ENERGIE-CHRONIK


Noch immer Ärger wegen Care-Energy

Der dubiose Stromanbieter Care-Energy malträtiert seine Kunden auch noch ein Jahr nach dem Tod des Firmenchefs Kristek (170109) und den anschließenden Insolvenzen (170309). Es ist nun der Insolvenzverwalter, der äußerst fragwürdige Forderungen der Pleite-Firma an Inkasso-Firmen abgibt und sie durch diese eintreiben läßt (170811). Die Einschaltung der Inkasso-Unternehmen erhöht für die Betroffenen die angeblich geschuldeten Beträge nochmals erheblich. Der Münsteraner Rechtsanwalt Florian Dälken, der zahlreiche Geschädigte vertritt, hat deshalb am 18. Januar dargelegt, weshalb es für diese Forderungen in den meisten Fällen gar keine Rechtsgrundlage gibt.

Angebliche Schuldner schlossen nie einen Vertrag mit der Care-Energy AG

Es geht um zahlreiche Forderungen der insolventen Care-Energy AG, die der Insolvenzverwalter Jan Wilhelm an die beiden Inkasso-Unternehmen EWD-Inkasso und Creditreform weitergereicht hat, obwohl die angeblichen Schuldner nie Vertragspartner dieses Unternehmens waren. Sie hatten ihre Verträge vielmehr mit der Firma "mk-power" geschlossen, die später "Care-Energy Energiedienstleistung GmbH & Co. KG" hieß und schließlich als "Expertos Unternehmens- und Wirtschaftsberatung GmbH & Co.KG" nur noch als leere juristische Hülle auf die Pleite zusteuerte. Der Insolvenzantrag dieser Care-Energy-Firma wurde im Herbst vorigen Jahres mangels Masse abgelehnt. Damit gingen auch rund hundert Millionen Euro endgültig verloren, die sie den vier Übertragungsnetzbetreibern schuldete (171005). Der größte Teil dieser Summe war schon seit November 2015 aufgrund eines Gerichtsurteils vollstreckbar (160309).

Klausel im "Kleingedruckten" sollte Riesenschwindel mit EEG-Umlage ermöglichen

Anscheinend verfolgte der Care-Energy-Gründer Kristek von Anfang die Absicht, die Abführung der EEG-Umlage unter einem fadenscheinigen Vorwand möglichst lange zu verweigern, um sich einen Konkurrenzvorteil zu verschaffen und das so erlangte Geld in anderen Bereichen seines umfangreichen Firmengeflechts verschwinden zu lassen. Das konnte aber nur gelingen, wenn er den ursprünglichen Stromlieferanten "mk power" so arm wie eine Kirchenmaus machte, sobald alle juristischen Winkelzüge zur Erlangung von Zeitgewinn ausgereizt waren und die EEG-Schulden gerichtlich vollstreckbar wurden.

Wohl aus diesem Grund versteckte er im "Kleingedruckten" der Geschäftsbedingungen eine Klausel, derzufolge die Kunden sich einverstanden erklärten, dass an die Stelle des ursprünglichen Stromlieferanten eine andere Firma treten könne. Nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Hamburger Landgerichts vom November 2015 war es dann so weit: Kristek machte von dieser Klausel Gebrauch, indem er die "Care Energy AG" aus dem Hut zauberte. die zunächst EnUP AG hieß und ihm angeblich gar nicht gehörte, bevor er dann doch als ihr Eigentümer auftrat. Diese Firma war seit Juli 2015 bei der Bundesnetzagentur als Stromanbieter gemeldet und führte auch die EEG-Umlage ab. Ohne Zustimmung der Kunden übernahm sie die Stromlieferverträge, während die alte Firma zu einem schwindsüchtigen Gebilde verkümmerte, dessen Aktiva nicht einmal zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausreichten.

Inkasso-Firmen können keine Beweise für tatsächlichen Vertragsabschluß vorlegen

Wie der Münsteraner Rechtsanwalt Florian Dälken mitteilte, berufen sich nun die vom Insolvenzverwalter beauftragten Inkasso-Unternehmen auf diese Klausel im Kleingedruckten der Geschäftsbedingungen, um Forderungen der Care Energy AG zu begründen. Sie hätten aber noch in keinem der Verfahren Schriftstücke vorlegen können, aus denen sich ergibt, dass tatsächlich unter Verwendung der Vollmachtsklausel ein Vertragsschluss mit der Care-Energy AG stattgefunden hat. In keinem der Verfahren seien die beiden Inkassounternehmen auch nur ansatzweise in der Lage gewesen, Details des angeblichen Vertragsschlusses zu benennen. Es bleibe somit unklar, wer mit wem wann in welcher Form einen Vertrag unter Verwendung der allgemeinen Vollmachtsklausel abgeschlossen haben soll. In einer gerichtlichen Auseinandersetzung könne eine derartige Faktenlage sicherlich nicht zur Annahme einer Zahlungspflicht des Kunden führen.

Vollmachtserteilung wäre schon nach § 305 c BGB unwirksam

Unabhängig davon sei zu bezweifeln, daß eine derartige Vollmachtserteilung im "Kleingedruckten" der allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt wirksam sein könne. In einem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg, das von den Verbraucherzentralen angestrengt wurde, sei der "mk-power" schon im Februar 2014 untersagt worden, die Klausel weiter zu verwenden. Wenn der Kunde einem bestimmten Energieversorger den Auftrag erteile, rechne er schlicht nicht damit, dass er zugleich sein Recht zur selbstbestimmten Auswahl des Versorgers durch eine in den Geschäftsbedingungen versteckte Vollmachtserteilung faktisch aus der Hand gibt. Gemäß § 305 c des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) könnten solche sogenannten überraschenden Klauseln deshalb auch nicht Vertragsbestandteil werden.

 

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