Dezember 2017 |
171213 |
ENERGIE-CHRONIK |
RWE und EnBW verkaufen ihre Mehrheitsbeteiligung am Braunkohlekraftwerk Matra (936 MW), das rund 15 Prozent des ungarischen Strombedarfs deckt und nach dem Kernkraftwerk Paks der zweitgrößte Stromerzeuger des Landes ist. Wie sie am 14. Dezember mitteilten, ist der Käufer ein Konsortium aus der EP Holding des tschechischen Milliardärs Kretinsky (171001) und dem ungarischen Investor Lorinc Meszaros. Zum Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden. Sofern die zuständigen Kartellbehörden und das ungarische Energieamt ihre Zustimmung erteilen, könne der Verkauf im ersten Quartal 2018 abgeschlossen werden.
Im Zuge der Privatisierung der ungarischen Energiewirtschaft hatte die RWE-Tochter Rheinbraun 1993 zunächst eine Minderheitsbeteiligung von 26,5 Prozent am Kraftwerk Matra erworben. Zwei Jahre später erhielt ein Konsortium aus RWE Energie AG und Energie-Versorgung Schwaben AG (EVS) den Zuschlag für die Mehrheit an den ungarischen Stromunternehmen Elmu, Emasz und Matra (951202). Seitdem gehört das Kraftwerk zu 50,9 Prozent RWE und zu 21,7 Prozent der EnBW, die 1997 die Nachfolge der EVS antrat (970504). Den Rest hält weiterhin die staatliche Energieholding MVM.
Die Verkaufsbereitschaft von RWE und EnBW dürfte durch das unberechenbare Verhalten der ungarischen Rechtsregierung gefördert worden sein, die seit 2010 an der Macht ist und sich auf eine absolute Mehrheit im Parlament stützen kann. So mußte der E.ON-Konzern 2013 unter massivem politischen Druck sein Gasgeschäft dem Staatsunternehmen MVM überlassen (110713, 130410). Zur selben Zeit fuhr der RWE-Konzern seine Investitionen in Ungarn um rund die Hälfte zurück: "In einem solchen Umfeld, wo man de facto kurz davor steht enteignet zu werden, kann man nicht investieren", erklärte der für Osteuropa zuständige Regionalchef Martin Herrmann.
Im Mai 2015 verkündete die Orban-Regierung die Absicht, den MVM-Anteil am Kraftwerk Matra auf 49 Prozent aufstocken. Zugleich sollte der Staat bei den RWE-Töchtern Elmu und Emasz das Privatkundengeschäft zu hundert Prozent und die Netzsparte zu 49 Prozent übernehmen. Dazu ist es dann freilich nicht gekommen. RWE behielt alle drei Mehrheitsbeteiligungen. Die Töchter Elmu und Emasz wurden aber im vorigen Jahr der neu gegründeten Konzernabspaltung Innogy übertragen.