April 2013

130410

ENERGIE-CHRONIK


Ungarn verstaatlicht das Gasgeschäft von E.ON

Nach langwierigen Verhandlungen überläßt der E.ON-Konzern sein Gasgeschäft in Ungarn dem Staatsunternehmen MVM Hungarian Electricity. Unter dem Druck des konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban, der seit Mai 2010 an der Macht ist und sich auf eine absolute Mehrheit im Parlament stützen kann, trennt er sich damit wieder von den Erwerbungen, an die er Ende 2004 unter der sozialistischen Vorgänger-Regierung gelangt war (041103). E.ON wollte damals eigentlich das gesamte Gasgeschäft des Energiekonzerns MOL für 2,1 Milliarden Euro übernehmen, war aber von der EU-Kommission daran gehindert worden, auch in die Bereiche Gaserzeugung und -transport einzusteigen (050705, 060113).

Wie der Konzern am 28. März mitteilte, erhält er für den Verkauf der Gashandelstochter E.ON Földgáz Trade und des Speicherbetreibers E.ON Földgáz Storage inklusive der Übernahme von Schulden rund 870 Millionen Euro. Das ist erheblich weniger als die 1,05 Milliarden Euro, die er im März 2006 beim Vollzug des Erwerbs der MOL-Unternehmensteile inklusive der übernahme von Schulden bezahlt hat (060113). E.ON Földgáz Trade ist der größte Gaslieferant in Ungarn und verfügt über nationale und internationale Gas-Bezugsverträge. E.ON Földgáz Storage ist der größte ungarische Speicheranbieter mit einer Speicherkapazität von 4,2 Milliarden Kubikmeter. Die beiden Unternehmen mit Sitz in Budapest beschäftigen insgesamt rund 250 Mitarbeiter.

Im Kaufvertrag wurde seinerzeit ein Vorkaufsrecht der ungarischen Regierung verankert. E.ON soll zunächst 1,2 Milliarden Euro für die Ausübung dieses Rechts verlangt haben, während die Preisvorstellungen der Regierung bis zur Hälfte darunter lagen. Dies erklärt auch die Langwierigkeit der Verhandlungen, die entgegen einer gemeinsamen Absichtserklärung auch Ende Januar noch nicht abgeschlossen waren (121208). Dabei saß die Regierung offenbar am längeren Hebel. Vor allem über die Reglementierung der Energiepreise – einer bereits verfügten Absenkung um zehn Prozent soll eine weitere Minderung folgen – hat sie so starken Druck ausgeübt, daß der Konzern froh sein kann, sein ungarisches Gasgeschäft losgeworden zu sein. Den Erlös braucht er außerdem, um das verstärkte Engagement in Brasilien zu finanzieren, das mindestens soviele Risiken birgt wie zuvor der Einstieg in Ungarn (130409).

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