April 2015 |
150401 |
ENERGIE-CHRONIK |
Mit dieser Grafik illustriert die EU-Kommission die drei wesentlichen Gründe, weshalb sie befürchtet, daß Gazprom seine marktbeherrschende Stellung in Zentral- und Osteuropa mißbrauchen "könnte". Was sie vorsichtshalber im Konjunktiv formuliert, ist freilich längst Realität. |
Die EU-Kommission ist der Ansicht, daß Gazprom eine umfassende Strategie zur Abschottung der mittel- und osteuropäischen Gasmärkte verfolgt. Wie sie am 22. April mitteilte, hat sie dem russischen Staatsunternehmen die Beschwerdepunkte jetzt schriftlich mitgeteilt. Es hat zwölf Wochen Zeit, um dazu Stellung zu nehmen. Falls die Kommission weiterhin der Ansicht ist, daß es mit seinem Geschäftsgebaren die EU-Kartellvorschriften verletzt, drohen ihm entsprechende Auflagen und eine Geldbuße von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes. Gegenwärtig wären das 6,9 Milliarden Euro. Es bleibt jedoch ins Ermessen der Kommission gestellt, wie hoch die Buße tatsächlich ausfällt. Ebenso bestimmt sie selber über den Zeitpunkt, zu dem sie ihre abschließende Entscheidung trifft.
Die Mitteilung der Beschwerdepunkte ist ein förmlicher Schritt bei der Untersuchung mutmaßlicher Verstöße gegen die EU-Kartellvorschriften. In diesem Fall geht es um das Kartellverfahren, das die Kommission am 31. August 2012 gegen Gazprom eingeleitet hat (120905). Ein Jahr zuvor hatte sie eine Razzia bei den europäischen Gazprom-Töchtern und deren Vertragspartnern durchgeführt, wobei die Suche nach Beweismaterial anscheinend erfolgreich war (110902).
Die Kommission legt Wert darauf, daß es sich um ein wettbewerbsrechtliches Verfahren handelt, das vor der Ukraine-Krise eingeleitet wurde. Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager betonte in diesem Sinne: "Alle Unternehmen, die auf dem europäischen Markt tätig sind – unabhängig davon, ob es sich dabei um europäische Unternehmen handelt oder nicht – müssen die EU-Vorschriften einhalten." Dennoch wäre es naiv, den Verlauf und Ausgang des Kartellverfahrens isoliert vom politischen Hintergrund und der neuerdings im Rahmen der "Energieunion" gefaßten Beschlüsse (150303) zu betrachten. Die nun unmittelbar drohende Ahndung der seit langem bekannten Praktiken von Gazprom ist Teil der Verhandlungsspielmasse im aktuellen Konflikt zwischen Brüssel und Moskau.
Nach den bisherigen Feststellungen der Kommission ist Gazprom in acht EU-Mitgliedsstaaten nicht nur marktbeherrschender Erdgaslieferant, sondern verfolgt eine umfassende Strategie zur Behinderung des Wettbewerbs auf den Gasversorgungsmärkten. Es handelt sich dabei um Bulgarien, Tschechische Republik, Estland, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen und Slowakei. Das Unternehmen mißbraucht damit seine marktbeherrschende Stellung und verstoße gegen Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).
Im wesentlichen geht es um drei Punkte: