August 2013

130814

ENERGIE-CHRONIK


Einstieg eines Bohrunternehmens rettet vorläufig das Landauer Geothermie-Kraftwerk

Ein Tiefbohrunternehmen ist beim Landauer Geothermie-Kraftwerk eingestiegen und hat damit die defizitäre Anlage vor der Stillegung bewahrt. Wie die Daldrup & Söhne AG am 16. August mitteilte, übernahm ihre Tochter Geysir Europe GmbH 40 Prozent der Anteile an der Geox GmbH, die das Kraftwerk betreibt. Der Geysir-Geschäftsführer Curd Bems amtiert bereits seit 12. Juli als zweiter Geox-Geschäftsführer. Verkäufer der Anteile ist die zum Enovos-Konzern gehörende Energie Südwest GmbH (ehemals Stadtwerke Landau), die bisher fünfzig Prozent an Geox besaß. Außerdem verfügt Daldrup über eine Option für den Erwerb der restlichen zehn Prozent der Energie Südwest. Die andere Hälfte der Betreibergesellschaft gehört weiterhin der Pfalzwerke AG.

Pumpendruck mußte wegen Erdbeben verringert werden

Das Landauer Geothermie-Kraftwerk nahm im November 2007 den Probebetrieb auf und ist mit einer nominellen Leistung von 3 MW das größte Geothermie-Kraftwerk in Deutschland (071111). Es läuft aber seit fast sechs Jahren noch immer im Probebetrieb und seit vier Jahren nur mit verminderter Leistung, weil es im September 2009 zwei leichte Erdbeben auslöste (090912). Um eventuellen Schäden vorzubeugen, war daraufhin der Pumpendruck reduziert worden (110110). Allerdings verringerte sich auch die Strom- und Wärmeabgabe entsprechend. Das Kraftwerk geriet deshalb in die roten Zahlen und machte allein 2011 ein Defizit von 1,3 Millionen Euro.

Pfalzwerke prüfen Schadenersatzsprüche gegenüber Energie Südwest

Ende 2011 gab die Energie Südwest ihre Absicht bekannt, aus der defizitären Betreibergesellschaft auszusteigen (111214). Im März 2012 nahm sie davon vorläufig wieder Abstand. Stattdessen vereinbarte sie mit den Pfalzwerken die Niederbringung einer dritten Bohrung, mit der die Fließrate erhöht und so trotz des reduzierten Pumpendrucks die Wirtschaftlichkeit wiederhergestellt werden sollte (120412). Anscheinend waren aber Bundes- und Landesregierung nicht bereit, die Kosten dieser Bohrung, die mit acht Millionen Euro veranschlagt werden, im gewünschten Umfang zu übernehmen. Jedenfalls weigerte sich die Energie Südwest im Mai 2013 plötzlich, den auf sie entfallenden Kostenanteil zu tragen.

"Es war sehr, sehr knapp" kommentierte Pfalzwerke-Vorstand Werner Hitschler den Einstieg von Daldrup. Die Betreibergesellschaft habe vor der Insolvenz gestanden. Verantwortlich dafür sei die Energie Südwest, die mit ihrem Lavieren die Mitwirkungspflicht und das Vertrauen gegenüber dem Partner verletzt habe. Die Pfalzwerke würden deshalb Schadenersatzansprüche prüfen. Dank des Einstiegs von Daldrup könne nun mit der dritten Bohrung noch in diesem Jahr begonnen werden.

Daldrup verharmlost seismische Risiken: "Da wackelt noch nicht mal ein Bierglas"

Protest und Befremden löste der Vorstandschef des neuen Geox-Miteigentümers aus, als er die Ängste vor seismischen Erschütterungen durch Tiefengeothermie als unbegründet zurückwies. In einem Interview mit der Agentur DPA (20.8.) erklärte Josef Daldrup: "Das ist 'German Angst'. Die Geothermie ist überhaupt nicht in der Lage, Erdbeben zu erzeugen". Die im September 2009 gemessenen Beben seien harmlos gewesen: "Die Erschütterungen sind schwächer, als wenn ein 40 Tonnen schwerer Lkw an einem Haus vorbeifährt. Da wackelt noch nicht mal ein Bierglas." Außerdem habe es seitdem keine derartigen Beben mehr gegeben.

"Das ist so unglaubwürdig, daß sich der Mann schon selbst schadet", erklärte dazu der Vorsitzende der Landauer Bürgerinitiative gegen das Geothermie-Kraftwerk, Werner Müller. Daß Beben der damals gemessenen Stärke nicht mehr auftraten, sei allein auf den verringerten Pumpendruck zurückzuführen. An Müllers Haus haben sich zahlreiche Risse gebildet, die er auf das benachbarte Geothermie-Kraftwerk zurückführt.

Gemeinde Brühl kann Weiterbau des Geothermie-Kraftwerks nicht verhindern

Die Gemeinde Brühl im Rhein-Neckar-Kreis kann den Weiterbau eines geothermischen Kraftwerks auf ihrer Gemarkung nicht verhindern. Am 21. August entschied das Verwaltungsgericht Karlsruhe, daß sie ihre Zustimmung zur Verlängerung des auf drei Jahre befristeten Bauvorbescheids rechtswidrig versagt habe. Das Landratsamt Rhein-Neckar und das Regierungspräsidium Karlsruhe seien deshalb befugt gewesen, das von der Gemeinde versagte Einvernehmen zu ersetzen und den im Jahr 2011 erteilten Bauvorbescheid zu verlängern.

Der Brühler Gemeinderat hatte 2008 der Bauvoranfrage für ein Geothermiekraftwerk einmütig zugestimmt und die erforderlichen Probebohrungen erlaubt. Dann vollzog sich aber in der Bevölkerung und im Gemeinderat ein Stimmungswandel. Großen Anteil daran hatten die Beben, die in Landau durch das dortige Geothermie-Kraftwerk verursacht wurden. Man befürchtete nun eine Beschädigung der Häuser durch seismische Erschütterungen sowie Beeinträchtigungen durch den Lärm der Anlagen. Eine Bürgerinitiative demonstrierte mehrfach gegen das Projekt (120412). Mit der Nicht-Verlängerung des Bauvorbescheids für die oberirdischen Anlagen wäre die Errichtung des ganzen Kraftwerks verhindert worden, da die vom Bergbauamt Freiburg erteilte Bohrerlaubnis nur die unterirdischen Teile betrifft.

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