März 2012 |
120304 |
ENERGIE-CHRONIK |
RWE und E.ON verzichten auf den geplanten Bau neuer Kernkraftwerke in Großbritannien. Wie sie am 29. März über ihre britischen Töchter mitteilen ließen, suchen sie einen neuen Eigentümer für das seit November 2009 bestehende Gemeinschaftsunternehmen Horizon Nuclear Power (091106). Die beiden Konzerne haben bereits mehrere hundert Millionen Euro in die britischen KKW-Projekte investiert. Daß sie sich nun dennoch zurückziehen, dürfte hauptsächlich auf den Atomausstieg in Deutschland zurückzuführen sein: Mit der sukzessiven Stillegung der Kernkraftwerke sowie der neu eingeführten Brennelementesteuer versiegt bei beiden Konzernen die profitabelste Einnahmequelle.
Das Gemeinschaftsunternehmen von E.ON und RWE wollte bis 2025 rund 16 Milliarden Euro investieren, um vier Reaktoren mit einer Leistung von insgesamt 6000 MW zu errichten. Die erforderlichen Grundstücke an den Standorten Wylfa und Oldbury hatte man sich bereits gesichert (090505). Offen war allerdings noch immer die Entscheidung für einen bestimmten Reaktortyp. Neben dem Europäischen Druckwasser-Reaktor (EPR) von Areva wäre etwa auch der AP 1000 von Westinghouse in Frage gekommen. Eigentlich sollte die endgültige Auswahl des Reaktorlieferanten "möglichst früh" im Jahr 2010 erfolgen. Daß sie sich derart verzögerte, verweist auf frühzeitig auftauchende Zweifel an der Rentabilität des ganzen Projektes.
Die britische Konzerntochter RWE npower begründete den Ausstieg vor allem mit der weltweiten Wirtschaftskrise. Dadurch sei die Finanzierung solcher Großprojekte schwieriger geworden. Hinzu habe sich durch den beschleunigten Atomausstieg in Deutschland der finanzielle Spielraum von RWE verringert, während die Baukosten für neue Kernkraftwerke gestiegen seien. Man glaube jedoch weiterhin, daß die Kernenergie eine wichtige Rolle im künftigen Energie-Mix Großbritanniens spielen werde. Man werde sich deshalb bemühen, schnell einen anderen Investor zu finden, der das Projekt fortführt. Dem Vernehmen nach soll ein Konzern aus China bereits Interesse angemeldet haben.
Nicht gefährdet sind dagegen die vier EPR-Reaktoren von Areva, die der französische Stromkonzern Electricité de France (EDF) mit Hilfe des von ihm übernommenen Atomstromproduzenten British Energy (080903) sowie des vor drei Jahren gewonnenen Atomstrom-Partners Centrica (090505) errichten möchte. Am 17. Februar bekräftigten der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy und der britische Premier David Cameron das Atombündnis, das ihre Vorgänger Jacques Chirac und Tony Blair vor knapp sechs Jahren vereinbarten (060705). Beide Länder seien "große Nationen auf dem Gebiet der zivilen Kernenergienutzung" und verfügten zusammen über 76 Reaktoren, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Die Kernenergie sichere in Frankreich 410.000 und in Großbritannien rund 50.00 Arbeitsplätze. Die geplante Erweiterung der britischen KKW-Kapazitäten um insgesamt 16.000 MW werde hier wie dort Tausende neuer Arbeitsplätze schaffen. Die Atompartnerschaft zwischen beiden Ländern sei ein "Katalysator für Wachstum und Beschäftigung" und ständig noch enger geworden, seitdem die EDF mit British Energy auch den Betrieb von 15 der insgesamt 18 britischen Reaktoren übernommen habe.