Oktober 2011 |
111018 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Tarifvergleicher Verivox hat in seinen Tarifrechnern für Strom und Gas die Voreinstellungen entfernt, die bisher automatisch Angebote mit Vorkasse und Kautionszahlungen in den Vergleich einbezogen und dadurch an die Spitze der vermeintlich preisgünstigsten Angebote beförderten. Stattdessen werden die Verbraucher aufgefordert, vor dem Preisvergleich auszuwählen, ob Tarife mit Vorauskasse oder Kautionszahlungen berücksichtigt werden sollen oder nicht.
Der Tarifvergleicher folgt damit nach langem Zögern der Forderung von Verbraucherschützern, solche Angebote nicht automatisch einzubeziehen, weil sie den Vergleich intransparent machen und geleistete Zahlungen bei Insolvenz des Anbieters verloren sind. Den entscheidenden Anstoß dürfte die Insolvenz des dubiosen Stromanbieters Teldafax gegeben haben, der lange Zeit mit Vorkasse-Angeboten die Vergleichslisten anführte (110613). Die rund 700.000 Gläubiger des Pleite-Unternehmens haben nun kaum Chancen, das ihnen zustehende Geld zurückzubekommen. Verivox hat von Teldafax besonders hohe Provisionen für die Vermittlung von Kunden kassiert. Ferner wurde dem Tarifvergleicher vorgeworfen, er habe vertrauliche Marktinformationen geliefert und es Teldafax so ermöglicht, immer auf den ersten Plätzen zu rangieren (110909).
In einer Mitteilung vom 24. Oktober begründete Verivox die Entfernung der Voreinstellungen für Vorkasse und Kaution mit einer Umfrage auf der hauseigenen Internet-Seite, die Ende September bis Anfang Oktober durchgeführt wurde. Von den insgesamt über 5.500 Teilnehmern hätten jeweils rund zwei Drittel die bisherige Praxis abgelehnt. Dagegen habe sich bei einer ähnlichen Umfrage, die 2008 durchgeführt wurde, die Mehrheit noch für die automatische Berücksichtigung von Vorkasse und Kautionszahlungen ausgesprochen.
Allerdings erwartet die Verbraucher nunmehr bei Verivox eine Voreinstellung, die automatisch einmalig gewährte Boni einbezieht, sofern das entsprechende "Häkchen" in der Filterliste nicht entfernt wird. Dadurch sinken die ausgewiesenen Kosten, die immer nur auf der Basis eines Jahres errechnet werden. Die Boni werden in der Regel erst nach Ablauf eines Lieferjahres bei der Stromrechnung berücksichtigt, was dazu beiträgt, die Vertragsdauer zu verlängern. Besonders hoch sind sie für Paketangebote, bei denen der Kunde für die Überschreitung einer bestimmten Strombezugsmenge den Mehrverbrauch besonders teuer bezahlt, während er für die Nichtausschöpfung des Limits keine Erstattung erhält. Die Vergleichbarkeit der einzelnen Angebote wird ferner durch unterschiedliche Vertragslaufzeiten oder Preisgarantien erschwert.
Das Unternehmen begründet die automatische Berücksichtigung von Boni ebenfalls mit dem Ergebnis der Umfrage, bei der sich 85 Prozent der Teilnehmer dafür ausgesprochen hätten. Der Effekt ist, daß nun solche Angebote mit Boni an der Spitze stehen und immer mehr Anbieter solche Einmalzahlungen versprechen, die zielstrebig für den Zweck einer optimalen Plazierung auf der Vergleichsliste zurechtgeschneidert werden. Seit längerem rückläufig sind dagegen Angebote mit Vorkasse und Kautionszahlungen, die früher demselben Zweck dienten.
Die Bundesnetzagentur hat am 28. Oktober neue Regeln für den Wechsel des Strom- und Gasanbieters festgelegt. Der Lieferantenwechsel darf künftig höchstens drei Wochen dauern. Maßgeblich für diese Frist ist die Anmeldung des Wechsels beim Netzbetreiber, für die der neue Lieferant verantwortlich ist. Damit hat dieser alle Möglichkeiten, den Wechsel zügig durchzuführen. Außerdem kann der Liefervertrag und damit die Versorgung des Kunden durch den neuen Anbieter nunmehr an jedem beliebigen Werktag beginnen. In den bisher geltenden Regelungen zum Anbieterwechsel gab es dagegen starre Fristen. So mußte dem Netzbetreiber die neue Liefersituation mit einem Vorlauf von mindestens einem Monat angezeigt werden. Zudem konnte die Belieferung nur zum Ersten eines Kalendermonats aufgenommen werden.