Juli 2011 |
110708 |
ENERGIE-CHRONIK |
Während RWE und EnBW über Gemeinschaftsunternehmen und russische Kapitalbeteiligungen in Deutschland verhandeln bzw. damit drohen (110701, 110702), zeigt sich der E.ON-Konzern bisher nicht an einer inländischen Partnerschaft interessiert. Die Beziehungen zu Gazprom sind ohnehin etwas abgekühlt, nachdem es E.ON doch nicht gelungen ist, den Lieferanten zu Zugeständnissen bei den Erdgaspreisen zu bewegen, die in den langfristigen Verträgen an den Ölpreis gekoppelt wurden (100206). Infolge des zunehmenden Angebots an verflüssigtem Erdgas (051017) sowie der Schiefergas-Gewinnung in den USA (110612) sind die Erdgaspreise inzwischen weltweit unter Druck und E.ON Ruhrgas in die roten Zahlen geraten. Anfang Juli lief die Frist ab, bis zu der sich beide Seiten hätten eigentlich einigen müssen.
Mit den beiden neuen GuD-Blöcken im westsibirischen Kraftwerk Surgutskaja GRES-2 festigt E.ON seine Rolle als größter ausländische Investor auf dem russischen Strommarkt. Foto E.ON
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In einem Interview mit der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (16.7.) korrigierte E.ON-Chef Johannes Teyssen Berichte, wonach damit die Verhandlungen endgültig gescheitert seien und als nächster Schritt nur noch ein internationales Schiedsgerichtsverfahren angestrebt werden könne. "Wir verhandeln zunächst weiter", erklärte er. "Aber es kann Situationen geben, in denen man Fragen streitig klären muss. Das kommt auch in Familien vor, ohne daß sofort die Scheidung eingereicht wird. Im Übrigen: Gazprom ist ein wichtiger Partner für uns, aber wir sind nicht allein von diesem Partner abhängig. Ein Drittel unseres Gases kommt aus Norwegen, ein Drittel aus Rußland, ein weiteres Drittel aus anderen Quellen."
Im selben Interview erklärte Teyssen auf die Frage, ob sich E.ON wie RWE auf Partnersuche befinde: "Über Kooperationen bei einzelnen Projekten kann man reden. Das ist im Bereich der Erdgasförderung wie auch bei Windenergieprojekten schon lange üblich. Aber E.ON als Ganzes sucht keinen strategischen Partner."
Am 25. Juli nahm E.ON Russia in Westsibirien zwei neue Blöcke seines Kraftwerks Surgutskaja GRES-2 offiziell in Betrieb. Die beiden GuD-Anlagen erbringen insgesamt eine Leistung von 800 Megawatt. An der Eröffnungsfeier nahm unter anderen der russische Energieminister Sergej Schmatko teil. Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin begrüßte per Telekonferenz die Teilnehmer und gab das Signal zum Anfahren der neuen Kraftwerksblöcke. E.ON-Vorstand Bernhard Reutersberg unterstrich, daß Rußland seit fast 40 Jahren ein wichtiger Geschäftspartner von E.ON sei. Seit der Übernahme des russischen Stromerzeugers OGK-4 im Jahr 2007 (070906, 081011) sei E.ON nicht nur der größte Käufer von russischem Gas, sondern auch der größte ausländische Investor auf dem russischen Strommarkt. Die Inbetriebnahme der beiden neuen Kraftwerksblöcke zeuge von der Bereitschaft, die langjährigen Beziehungen mit Rußland weiter auszubauen.