März 2011

110315

ENERGIE-CHRONIK


Personalia

Michael Sailer (57) wurde von Bundesumweltminister Norbert Röttgen für weitere drei Jahre zum Vorsitzenden der Entsorgungskommission (ESK) berufen. Noch vor der Reaktorkatastrophe in Japan (110301) bestätigte damit der CDU-Politiker einen bekannten Kernkraftkritiker in diesem Amt. Röttgen war wohl auch aus Erfahrung klug geworden, nachdem ihm die Wiedereinsetzung von Gerald Hennenhöfer zum BMU-Abteilungsleiter für Reaktorsicherheit (091217) viel Kritik und Zweifel an seiner "grünen" Orientierung eingebracht hat.

Sailer war als Leiter des Darmstädter Öko-Instituts 1999 vom damaligen Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) in die Reaktorsicherheitskommission berufen worden (990303), deren Vorsitz er 2002 übernahm (020304) und bis 2006 innehatte (040315). Aus Satzungsgründen ist er seitdem wieder einfaches Mitglied der Kommission. Zusätzlich berief ihn Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) im Juni 2008 in die neue Entsorgungskommission (080713).

Zum stellvertretenden Vorsitzenden der Kommission wurde der Direktor des Instituts für Transurane, Thomas Fanghänel, ernannt. Weitere Mitglieder der Entsorgungskommission sind Detlef Appel (PanGeo - geowissenschaftliches Büro Hannover), Holger Bröskamp (Gesellschaft für Nuklear-Service), Heinz-Walter Drotleff (TÜV Nord Ensys Hannover), Beate Kallenbach-Herbert (Öko-Institut), Horst Pitterich (Karlsruher Institut für Technologie), Meinert Rahn (Eidgenössisches Nuklearsicherheitsinspektorat, Schweiz), Dieter Rittscher (Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor (AVR) GmbH Jülich) und Arsène Saas (ehemals CEA - staatliche Forschungseinrichtung, Frankreich).

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Thomas Kusterer (42) wird ab 1. April neuer Finanzvorstand der Energie Baden-Württemberg (EnBW). Er tritt die Nachfolge von Rudolf Schulten an, der dieses Amt im März 2010 "aus gesundheitlichen Gründen" niederlegte (100316). Möglicherweise gab es dafür aber auch andere Gründe, denn seit Oktober 2010 hat Schulten einen neuen Job als "Senior Advisor" bei der Unternehmensberatung Roland Berger.

Der Aufsichtsrat bestellte Kusterer vorläufig für drei Jahre. Der studierte Kaufmann und Wirtschaftsprüfer war bereits von Oktober 2006 bis März 2009 bei der EnBW tätig, zuletzt als Generalbevollmächtigter für Finanzen. Davor verantwortete er als Generalbevollmächtigter den Bereich Rechnungswesen und Steuern. Er galt als möglicher Nachfolger des Finanzvorstands Christian Holzherr, der nach der Abhalfterung des EnBW-Chefs Claassen von seinem Posten im April 2008 "auf eigenen Wunsch" zurücktrat (080416). Nachdem Schulten zum neuen Finanzvorstand der EnBW berufen wurde (080715), wechselte Kusterer im April 2009 in die Dienste des EnBW-Großaktionärs Electricité de France und wurde Finanzvorstand der EDF Energy in London. Von dort kehrt er jetzt zurück nach Karlsruhe.

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Ulrich Hartmann (72), bis 2003 Vorstandsvorsitzender des E.ON-Konzerns, will nach der Aufsichtsratssitzung am 5. Mai auch den Vorsitz in diesem Gremium niederlegen. Nachfolger wird der frühere Bayer-Chef Werner Wenning, der dem Aufsichtsrat seit 1998 angehört und vor kurzem aus dem Bayer-Vorstand ausschied.

Hartmann war Finanzvorstand des Veba-Konzerns, als im April 1993 sein Chef Klaus Piltz bei einem Lawinenunglück ums Leben kam und er zum Nachfolger berufen wurde (930401). Nach der Fusion von Veba und Viag übernahm er gemeinsam mit Wilhelm Simson den Vorsitz des fusionierten Unternehmens unter dem neuen Namen E.ON (000306). Im Juni 2001 besiegelte er für E.ON den einst von Klaus Piltz und RWE-Chef Friedhelm Gieske angestoßenen Kernenergie-Kompromiß (010602).

Der frühere Stinnes-Chef Wulf Bernotat, der 2003 das Doppelgespann aus Hartmann und Simson ablöste (020704) und im Mai 2010 seinerseits von Johannes Teyssen beerbt wurde (100316), hat sich inzwischen unter die Heuschrecken begeben und berät als "Senior Adviser" das Private-Equity-Unternehmen Permira.

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Utz Claassen (47) will die neun Millionen Euro Antrittsprämie, die er von der Solar Millennium AG erhielt, partout nicht herausrücken. Am 24. März teilte das Unternehmen mit, daß die Verhandlungen über einen Vergleich gescheitert seien. Man werde Claassen nun auf Rückzahlung der vollen Prämie verklagen. Der ehemalige EnBW-Chef war von Solar Millennium als neuer Vorstandsvorsitzender angeworben worden (091217), hatte aber schon nach 74 Tagen den Bettel hingeschmissen (100316) und sich geweigert, die kassierten neun Millionen zurückzuzahlen (100516). Dabei will ihm sein Kurzzeitarbeitgeber das fürstliche Salär von 100.000 Euro monatlich und etliche goldgeränderte Nebenleistungen nicht nachträglich streitig machen (100716). Inzwischen ist Claassen mit seinem Geld beim verschuldeten spanischen Erstligaclub RCD Mallorca eingestiegen. Diese Sphäre dürfte seinem Tatendrang auch angemessener sein als die Energiewirtschaft, in der sein persönlicher Börsenkurs mittlerweile gegen Null tendiert.

Die wegen ihres Finanzgebarens ohnehin beargwöhnte Solar Millennium AG hat spätestens mit der Anheuerung Claassens gezeigt, wie man Geld verbrennen kann. Sie tut sich deshalb schwer damit, nun den ersten Bauabschnitt des groß angekündigten solarthermischen Projekts am kalifornischen Standort Blythe (101012) zu finanzieren, obwohl die US-Regierung großzügige Kreditgarantien gewährt. "Das Besondere bei Solar Millennium ist, dass die Projekte den Umsatz bei weitem übertreffen", bemerkte das "Handelsblatt" süffisant.

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Ion Ariton (55), rumänischer Wirtschaftsminister, schaltete aus Anlaß der achten Tagung des deutsch-rumänischen Kooperationsrats am 28. März eine ganzseitige Anzeige in der "Frankfurter Allgemeinen". Unter der Überschrift "Germany is Romania's main commercial partner" enthielt die Anzeige ein wunderschönes großes Porträt des Ministers, das an die Idolatrie zu Zeiten des "Conducators" Ceausescu erinnerte, und viel Englisch-Belangloses über die ersprießlichen deutsch-rumänischen Wirtschaftsbeziehungen. Im unteren Drittel durfte sich der staatliche Energiekonzern Transelectrica mit seinem Chef Stelian Alexandrul Gal präsentieren, der die Anzeige vermutlich bezahlt hat (die Endabrechnung geht dann nach Brüssel, da das Land am Tropf der EU hängt). Das jämmerliche politische Personal in Bukarest - auch Ariton wird Korruption nachgesagt - hat offenbar nicht begriffen, daß solche Auftritte hierzulande nur peinlich wirken. Außerdem sollte man ihm beibringen, daß in Deutschland (noch) nicht Englisch gesprochen wird...