März 2011

110310

ENERGIE-CHRONIK


BP hat wieder mal Probleme in Rußland

Das im Januar vereinbarte strategische Bündnis zwischen dem Ölkonzern BP und dem russischen Staatskonzern Rosneft (110108) liegt vorerst auf Eis. Die Vereinbarung über die gemeinsame Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen im russischen Teil der Arktis verletzt nämlich Rechte des Gemeinschaftsunternehmens TNK-BP, an dem der BP-Konzern sowie vier russische Aktionäre jeweils zur Hälfte beteiligt sind. Bei den vier Aktionären handelt es sich um die Oligarchen Michail Friedman, Viktor Vekselberg, Leonid Blawatnik und German Chan. Sie haben sich im Aktionärsvertrag ausbedungen, daß Geschäfte, die der Mutterkonzern in Rußland tätigt, zunächst TNK-BP anzubieten seien. Dies ist aber bei der Vereinbarung mit Rosneft nicht geschehen. Anscheinend verließ sich BP-Chef Robert Dudley voreilig darauf, daß hinter Rosneft die ganze Autorität des Kreml steht und Rußland sowieso kein Rechtsstaat ist. Ganz so einfach liegen die Dinge in dem von Machtkämpfen, Korruption, Behördenwillkür und Klüngelwirtschaft geprägten Land aber doch nicht, zumal die BP ihren Sitz in London hat, wo keine russischen Regeln gelten: Vor einem Londoner Gericht erwirkten die vier Oligarchen am 1. Februar den vorläufigen Stopp der geplanten Überkreuzbeteiligung zwischen BP und Rosneft und die Anordnung eines Schiedsverfahrens. Zusätzlich blockierten sie im Aufsichtsrat von TNK-BP die Auszahlung der Dividendenzahlung für das vierte Quartal in Höhe von 1,8 Milliarden Dollar, die der Zustimmung ihres Konsortiums bedarf. Am 24. März entschied dann das angerufene Schiedsgericht in Stockholm zugunsten der Oligarchen. BP und Rosneft müssen also nach neuen Wegen suchen, falls sie ihre Vereinbarung über die gemeinsame Erschließung neuer Öl- und Gasvorkommen doch noch verwirklichen wollen. BP kündigte an, zunächst wenigstens den Aktientausch vollziehen zu wollen.

Schröder stimmte im Aufsichtsrat mit den Oligarchen

Der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), der nach der letzten Kraftprobe zwischen BP und den Oligarchen als eines von drei "unabhängigen" Mitgliedern in den achtköpfigen Aufsichtsrat von TNK-BP einrückte (090212), soll sich bei der Abstimmung im Aufsichtsrat auf die Seite der Oligarchen und des von ihnen beherrschten Managements geschlagen haben. Da die Auszahlung der Dividende ohnehin eines einstimmigen Beschlusses bedurft hätte, änderte Schröders Votum an der Sachlage nichts. Der Ex-Bundeskanzler konnte so aber immerhin demonstrieren, daß er kein hundertprozentig von Gazprom gekaufter Taschenträger des Kreml ist.

Die russische TNK-BP trägt mehr als ein Fünftel zur Öl- und Gasförderung von BP bei und ist damit für den Mutterkonzern von großer Bedeutung. Das Verhältnis mit den russischen Partnern ist aber seit langem gespannt. Zeitweilig war es so zerrüttet, daß Robert Dudley - damals noch Chef von TNK-BP - das Land fluchtartig verlassen mußte und das Unternehmen vom Ausland aus zu leiten versuchte (080711). Am Ende mußte BP nachgeben und dem Konsortium der Oligarchen (Alfa-Access-Renova) etliche Zugeständnisse machen (080908).

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