September 2009

090901

ENERGIE-CHRONIK


EnBW tut sich schwer mit dem Einstieg bei VNG

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) hat vom Bundeskartellamt grünes Licht für die Übernahme von 47,9 Prozent der Aktien am ostdeutschen Gasversorger VNG bekommen. Sie wird aber nicht so recht glücklich mit dieser Erlaubnis, weil das bisher von der EWE gehaltene Aktienpaket aus Namensaktien besteht, die nur mit Zustimmung der Hauptversammlung übertragen werden können. Noch größere Schwierigkeiten hätte sie zu überwinden, falls sie wie EWE versuchen sollte, die 47,9 Prozent zur Mehrheitsbeteiligung auszubauen. Der Hauptgrund dafür, daß das Kalkül der EnBW nicht aufzugehen scheint, ist das Verhalten des französischen VNG-Miteigentümers GDF Suez (5,25 %), der sich anscheinend lieber mit der BASF-Tochter Wintershall (15,79 %) und deren russischem Bündnispartner Gazprom (5,25 %) arrangieren möchte, als der Quasi-Tochter des französischen Staatsunternehmens EDF über die Hürden zu helfen.

Zusammen mit der EWE-Beteiligung von 47,9 Prozent würden die 5,26 Prozent von GDF Suez zur Mehrheit in der Hauptversammlung reichen. Es handelt sich dabei um die Beteiligung der früheren Gaz de France (GDF), die das staatliche Schwesterunternehmen der EDF für den Gasbereich war und im Juli 2008 auf Betreiben der Regierung mit dem Suez-Konzern fusionierte (080618). Der neue Konzern GDF Suez ist zwar kein staatliches Unternehmen wie die frühere GDF, gehört aber zu mehr als einem Drittel dem französischen Staat und ist diesem auch in sonstiger Weise eng verbunden. Insofern durfte die EnBW mit dem Beistand von GDF Suez rechnen, um das Aktienpaket der EWE und anschließend die Mehrheit bei VNG zu übernehmen. Sicher war ihre Strategie mit der EDF abgestimmt. Möglicherweise ging die Initiative sogar vom Mutterkonzern aus.

Wintershall-Manager besetzen Schlüsselpositionen bei VNG

Inzwischen haben aber die übrigen Eigentümer von VNG ihre Abwehrfront neu formiert. Weder die ostdeutschen Stadtwerke noch Wintershall und Gazprom sind bereit, der EnBW auch nur eine ungeschmälerte Übernahme der EWE-Aktien zu ermöglichen. Auf den Beistand von GDF Suez kann EnBW anscheinend nicht mehr hoffen. Laut "Leipziger Volkszeitung" (4.9.) plant Wintershall sogar, der GDF Suez ihre Beteiligung von 5,26 Prozent abzukaufen. Als Gegenleistung könnten Wintershall und Gazprom den Franzosen angeboten haben, sie neben E.ON und Gasunie als fünften Partner in das Projekt der Ostsee-Pipeline einzubeziehen (080907).

Die zehn ostdeutschen Stadtwerke, die insgesamt 25,79 Prozent an VNG halten, sind ebenfalls nicht bereit, sich auf ein Bündnis mit EnBW einzulassen. Wie Wintershall und Gazprom verlangen sie außerdem, daß die EnBW auf einen Teil des EWE-Aktienpakets verzichtet, ehe sie als neuer Miteigentümer akzeptiert wird.

Am 10. September unterstrichen Wintershall und Gazprom, wer bei VNG das Sagen hat, indem der Aufsichtsrat das langjährige Wintershall-Vorstandsmitglied Karsten Heuchert (55) zum neuen Vorstandsvorsitzenden bestellte. Heuchert löst den 65-jährigen Klaus-Ewald Holst ab, der nächstes Jahr in Ruhestand geht. Bisher war er Vorsitzender des VNG-Aufsichtsrats. Sein Nachfolger Rainer Seele war bisher Sprecher der Geschäftsführung der Wingas und fungiert ab 1. Oktober als Wintershall-Chef.

Bei Übernahme der EWE-Aktien müßte EnBW die Geso verkaufen

Die Entscheidung des Bundeskartellamts, der EnBW die Übernahme der bisher von EWE gehaltenen VNG-Aktien zu erlauben, wurde am 24. August durch eine gemeinsame Pressemitteilung von EnBW und EWE bekannt. Von der Behörde selber gab es zunächst keine Mitteilung. Anscheinend war sie der Meinung, alles Notwendige bereits am 6. Juli gesagt zu haben, als sie die Beteiligung der EnBW an EWE genehmigte (090705). Erst nach fast vier Wochen, am 18. September, erschien der neue Beschluß doch noch auf den Internet-Seiten des Bundeskartellamts. Er enthält die bereits im Beschluß vom Juli angekündigte Auflage, daß die EnBW im Falle einer Übernahme der bisher von EWE gehaltenen VNG-Aktien ihre ostdeutsche Beteiligungstocher Geso verkaufen muß, über die sie bisher den sächsischen Energieversorger Enso kontrolliert sowie erhebliche Beteiligungen an den Stadtwerken Dresden, Bautzen, Elbtal, Pirna, Freital, Zittau und Meißen verfügt. Ferner geht daraus hervor, daß die EnBW für die Übernahme der EWE-Aktien nach § 4 Abs. 2 der VNG-Satzung die Zustimmung der Hauptversammlung mit einfacher Mehrheit braucht, wobei die EWE stimmberechtigt wäre. Neben den unmittelbar beteiligten Unternehmen EnBW, EWE und VNG verfolgten noch neun weitere Energieunternehmen als Beigeladene den Gang des Verfahrens: Neben Vattenfall, E.ON und RWE waren dies Wintershall, Braunschweiger Versorgungs AG, Trianel, Südwestdeutsche Stromhandelsgesellschaft, Stadtwerke Hameln und Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm.

Die EnBW hoffte, größere Chancen als EWE zu haben

Die EWE hatte ihre VNG-Beteiligung 2004 größtenteils vom E.ON-Konzern bekommen und auf knapp 48 Prozent aufgestockt. Ein Konsortialvertrag mit den zehn kommunalen Aktionären der VNG räumte ihr zusätzlich die unternehmerische Führung ein (031208). Anfang 2007 zerbrach aber dieses Bündnis und es entbrannte ein offener Machtkampf (070504). Die EWE versuchte, über den Zukauf kommunaler Mini-Beteiligungen die Mehrheit an VNG und damit wieder die unternehmerische Führung zu erlangen (080905). Am Ende mußte sie aber einsehen, daß es ihr nicht gelingen würde, sich gegen den Widerstand von kommunalen Aktionären, Wintershall und Gazprom durchzusetzen (090109). Sie wollte die Aktien deshalb der EnBW überlassen, sobald deren geplanter Einstieg bei EWE vollzogen war (090504). Die EnBW scheint ihrerseits gehofft zu haben, von GDF Suez oder den ostdeutschen Kommunen eher als Mehrheitseigentümer der VNG akzeptiert werden. Nach dem bisherigen Stand der Dinge wird sie aber nicht mal die 47,9 Prozent der EWE-Aktien bekommen, sondern müßte davon kräftig abgeben, ehe sie die Zustimmung der VNG-Hauptversammlung zur Übernahme des Rests erhält.

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