Februar 2008

080203

ENERGIE-CHRONIK


EWE auf der Suche nach einem strategischen Partner

Der regionale Strom- und Gasversorger EWE AG befindet sich auf der Suche nach einem strategischen Partner, der möglicherweise sogar die Aktienmehrheit übernimmt. Wie die "Frankfurter Allgemeine" (15.2.) berichtete, haben die kommunalen Eigentümer des Unternehmens die Investmentbank Goldman Sachs mit der Versteigerung einer Beteiligung von bis zu 30 Prozent nebst Option auf eine Aktienmehrheit beauftragt. Ein EWE-Sprecher bestätigte, daß bereits im vergangenen Jahr mit vielen Unternehmen über eine Kooperation verhandelt worden sei und daß nun "in der engeren Auswahl die Möglichkeiten einer kapitalmäßig unterlegten Zusammenarbeit" geprüft würden.

Beteiligungen an VNG und swb kosteten mehr als eine Milliarde

Bei der Suche nach einem kapitalkräftigen Partner spielen offenbar die finanziellen Belastungen eine Rolle, die EWE Ende 2003 mit der Übernahme von E.ON-Beteiligungen an swb Bremen (031110) und der ostdeutschen VNG Verbundnetz Gas (031208) einging. Der Verkauf der beiden Aktienpakete gehörte zu den Auflagen der Ministererlaubnis für die Übernahme der Ruhrgas AG durch E.ON (020701). Zugleich mußte der E.ON-Konzern seine Beteiligung von 27,4 Prozent an der EWE abgeben, wodurch die kommunalen Mehrheitsaktionäre zu alleinigen Eigentümern des Unternehmens wurden und kartellrechtliche Bedenken gegen die Übernahme der E.ON-Beteiligungen entfielen. Als Kaufpreis für den 32,36-Prozent-Anteil an swb wurden 305 Millionen Euro genannt. Für die 32,11 Prozent der früheren E.ON-Beteiligung an VNG dürfte EWE etwa 640 Millionen Euro gezahlt haben. Wenig später wurde die sbw-Beteiligung auf 49 Prozent aufgestockt. Die Gesamtbelastung von mehr als einer Milliarde Euro schulterte EWE mit Hilfe von Bankkrediten. Bereits 2004 erwogen die kommunalen Eigentümer den Verkauf von vierzig Prozent der Aktien an der Börse, um die Bankkredite ablösen zu können, beschritten dann aber den Weg einer Anleihe (040914).

Zusätzlich unter Druck geriet EWE durch den Machtkampf bei VNG (070504). Da das Unternehmen von den kommunalen Partnern seines Konsortialvertrags im Stich gelassen wurde, konnte es die VNG in seinem Konzernabschluß nicht mehr voll konsolidieren (070808), wodurch die Ertragslage schlechter aussah und Ratingagenturen ihre Einstufung herabsetzten.

GDF-Suez gilt als aussichtsreichster Interessent

Bereits im Mai 2007 kam es zu Kontakten mit der Energie Baden-Württemberg (EnBW), um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit zu klären. Im Oktober berichtete "Der Spiegel" (42/2007) über Kooperationsgespräche zwischen dem neuen RWE-Vorstandsvorsitenden Jürgen Großmann und EWE-Chef Werner Brinker. Ob EnBW und RWE die kartellrechtlichen Bedenken gegen ein strategisches Bündnis mit EWE durch Verkäufe anderer Beteiligungen entkräften könnten, gilt allerdings als fraglich. Größere Chancen werden der Gaz de France (GDF) eingeräumt, die soeben 520 Millionen Euro für 49,9 Prozent an den Stadtwerken Leipzig geboten hat, aber wegen eines Bürgerentscheids nicht zum Zug kommt (080104). Für 30 Prozent an der EWE müßte GDF schätzungsweise mehr als zwei Milliarden Euro ausgeben. An Geld mangelt es aber nicht: Der neue Konzern aus GDF und Suez (070905), dessen Fusion in den kommenden Monaten abgeschlossen werden soll, will von 2008 bis 2010 jährlich zehn Milliarden Euro in den Ausbau seiner Geschäfte investieren und dabei vor allem in Deutschland wachsen.