März 2009

090309

ENERGIE-CHRONIK




Nach einem Höhepunkt im Jahre 1995, der vor allem durch den Nachholbedarf in den neuen Bundesländern bedingt war, gingen die Investitionen in die Strom- und Gasnetze sehr stark zurück. Ein Anstieg war erst wieder zu verzeichnen, nachdem die 2005 gegründete Bundesnetzagentur ihre Tätigkeit aufgenommen hatte.

Netzbetreiber wollen noch höhere Eigenkapitalverzinsung erreichen

Die Betreiber von Stromnetzen wollen eine noch höhere Eigenkapitalverzinsung erreichen, als sie von der Bundesnetzagentur im Juli 2008 mit 9,29 bzw. 7,56 Prozent für Neu- und Ersatzinvestitionen bewilligt wurde (080710). Vor allem der E.ON-Konzern macht sich dafür stark, weil er sich gegenüber der EU-Kommission zum Verkauf seines Stromtransportnetzes verpflichten mußte (081101) und nun einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen möchte. In der "Frankfurter Allgemeinen" (23.3.) behauptete jetzt der E.ON-Vorstandsvorsitzende Wulf Bernotat, daß die Netzkosten in der Praxis deutlich höher seien, als die von der Bundesnetzagentur anerkannten Sätze. Deshalb bleibe auch von den üppigen Renditen, die von der Behörde bewilligt wurden, weniger übrig. Bei Ersatzinvestitionen sei es sogar nur die Hälfte. Dies wirke abschreckend auf Investoren und sei ein größeres Hindernis für den vereinbarten Verkauf des E.ON-Stromtransportnetzes als die gegenwärtige Finanzkrise. "Alle Investoren werden höhere Renditen fordern", prophezeite der E.ON-Chef in dem Gespräch mit dem Frankfurter Blatt, das auch sonst gern den Überbringer für Forderungen der Energiekonzerne macht (081102, 080907).

Bernotat will seine Sichtweise der Dinge demnächst auch in einem Gespräch mit dem neuen Bundeswirtschaftsminister Guttenberg (090210) darlegen. Die Bundesnetzagentur gehört zum Geschäftsbereich des Ministers, unterliegt aber als selbständige Bundesoberbehörde nicht dessen Weisungen.

BDEW beklagt "einseitige Regulierung"

Ins selbe Horn wie E.ON stieß am 24. März auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). "Die Investitionen bei den Stromnetzbetreibern sind im Jahr 2007 entgegen der ursprünglichen Planung um ein Drittel regelrecht eingebrochen", erklärte BDEW-Chefin Hildegard Müller. Wesentliche Gründe dafür seien die zunehmend schlechter werdenden Rahmenbedingungen und "eine einseitige Regulierung, die sich in erster Linie um die Preise und nicht um die Qualität und Versorgungssicherheit dreht".

Bundesnetzagentur will höhere Netzentgelte zugestehen, aber keine zweistelligen Renditen

Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, ließ vier Tage später ebenfalls per "Frankfurter Allgemeine" (27.3.) wissen, daß er den Netzbetreibern zwar keine Erhöhung der Eigenkapitalverzinsung zugestehen will, aber eine deutliche Erhöhung der Netzentgelte. Er begründete dies vor allem mit gestiegenen Aufwendungen für die Einspeisung von Windstrom und für Regelenergie, die im Rahmen der seit Jahresbeginn geltenden "Anreizregulierung" (070601) berücksichtigt werden müßten. Nach Kurths Worten ist seine Behörde den Unternehmen bereits "in vielfältiger Weise signifikant entgegengekommen". Zum Beispiel erlaubt sie inzwischen auch eine Eigenkapitalverzinsung für Anlagen, die noch im Bau sind. Weitere Spielräume seien begrenzt: "Ich würde mir wünschen, daß die Branche aufhört, mit pauschalen Unterstellungen zu hantieren, und wir zu einem partnerschaftlichen und sachlichen Miteinander zurückkehren. Die Unternehmen müssen wissen, daß auch die Versorgungsbranche keinen Anspruch auf garantierten Gewinn hat."

Die Forderung nach einer noch höheren Eigenkapitalverzinsung wies Kurth als unbegründet zurück. Er verwies darauf, daß viele Investoren, darunter Pensionsfonds und Lebensversicherer, plötzlich großes Interesse an der Übernahme von Strom- und Gasnetzen zeigen. "Ähnlich attraktive und auf Jahrzehnte hinaus sichere Renditen bei vergleichbar niedrigem Risiko sind in wenigen anderen Branchen zu finden, vor allem in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Lage." Natürlich gebe es auch Investoren, die eine Rendite von zwölf oder fünfzehn Prozent erwarteten. Aber da würden dann "Ansprüche und Risikobereitschaft nicht zusammenpassen".

Netzinvestitionen stiegen erst nach Beginn der Regulierung wieder

Die Bundesnetzagentur sei auch nicht schuld daran, wenn die tatsächlichen Investitionen der Stromversorger hinter den Planungen zurückbleiben, wie dies der BDEW beklagte und als Folge einer "einseitigen Regulierung" darstellte. Tatsächlich gehe aus der Statistik des BDEW hervor, daß die Netzinvestitionen vor Beginn der Regulierung auf einen historischen Tiefstand gesunken und erst dann wieder gestiegen seien (siehe Grafik). "Die Branche hat ein unglaublich kurzes Gedächtnis", spottete Kurth.

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