Januar 2007

070106

ENERGIE-CHRONIK


"Erhebliche Transparenzdefizite" rund um die Strombörse

Der Spot- und Terminhandel an der Strombörse EEX in Leipzig genügt hinsichtlich seiner Transparenz den börsengesetzlichen Vorgaben. Es bestehen aber "erhebliche Transparenzdefizite hinsichtlich nicht-börslicher elektrizitätswirtschaftlicher physischer sowie kommerzieller Informationen in den Bereichen Netzlast, Übertragung, Kuppelstellen, Erzeugung und Großverbraucher sowie Regelenergie". Diese Feststellung trifft ein Gutachten, das die Rechtsanwaltskanzlei White & Case und das Beratungsunternehmens NERA im Auftrag der sächsischen Landesregierung erarbeitet haben und das am 22. Januar vom sächsischen Wirtschafts- und Arbeitsminister Thomas Jurk (SPD) vorgestellt wurde.

"Die großen Energieversorgungsunternehmen verfügen aufgrund ihrer Konzernstruktur über erhebliche Wissensvorsprünge im Vergleich zur Konkurrenz", kritisierte der Minister die unzureichende Informationslage rund um das Börsengeschehen, die schon seit Jahren von Stromanbietern und Verbrauchern beklagt wird (020105, 030804, 050603, 051116). Die bisherigen Veröffentlichungen marktrelevanter Daten seien nicht ausreichend. Beispielsweise würden die von den vier Großstromerzeugern der EEX gemeldeten Kraftwerksdaten (060710) derzeit lediglich angesammelt und nicht zu einem für den Handel preisrelevanten Zeitpunkt veröffentlicht. Stattdessen sei es erforderlich, die installierte und tatsächlich verfügbare Kapazität einzelner Kraftwerke ab einer bestimmten Größe "nahe Echtzeit" zu veröffentlichen. Momentan sei es so, daß einige Informationen dem Markt gar nicht zur Verfügung stünden, während andere Informationen werden zwar veröffentlicht würden, aber nicht in der erforderlichen Form oder zum erforderlichen Zeitpunkt.

Strombörse sieht keinerlei Änderungsbedarf

Die Strombörse sei "derzeit lauten und massiven Angriffen aus politischen Kreisen ausgesetzt, die im Ergebnis die Strombörse für die hohen Strompreise verantwortlich machen", erklärte der EEX-Vorstandsvorsitzende Hans-Bernd Menzel am 23. Januar. Alle Vorwürfe seien jedoch emotional, unsachlich und unbegründet. Die EEX gewährleiste "einen funktionierenden Markt für ganz Europa". Die Transparenz des Börsengeschehens sei erst jetzt wieder durch das Gutachten des Sächsischen Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit bestätigt worden. Auf die Kritik, die eben dieses Gutachten an der mangelhaften Informationslage rund um das Börsengeschehen übt, ging Menzel nicht ein.

Die von Bundeswirtschaftsminister Glos geplante Verschärfung des Kartellrechts (061105) ist nach Menzels Worten "für die EEX von höchster Brisanz". Die vorgesehene Untersagung von Preisen, die in "unangemessener Weise" die Kosten überschreiten, bedrohe grundsätzlich die börsliche Preisbildung. Die Novelle sei geeignet, eine Abkehr vom Prinzip liberalisierter Märkte einzuleiten. Deutschland könne damit als Standort für eine Strombörse uninteressant werden.