Februar 2006 |
060211 |
ENERGIE-CHRONIK |
Anfang Mai beginnt in der schweizerischen Stadt Basel die Tiefbohrung für
ein Geothermiekraftwerk, das eine elektrische Leistung von 3 Megawatt und eine Wärmeleistung
von 20 Megawatt erbringen soll. Wie die Geopower Basel AG am 14. Februar mitteilte,
ist die prinzipielle Eignung Basels als Standort für ein Geothermiekraftwerk
seit 2001 nachgewiesen. Die im Jahr 2001 erfolgte Sondierbohrung sei auch mit Blick
auf die Stromerzeugung erfolgreich gewesen. Sie stütze die Annahme, dass das
kristalline Gestein 5000 Meter unter der Erdoberfläche rund 200 Grad Celsius
heiss ist. Die Nutzung der Wärme soll im "Deep Heat Mining"-Verfahren
erfolgen, das auch unter der Bezeichnung "Hot-Dry-Rock" bekannt ist. Dabei
wird das heiße Gestein zwischen einer Injektions- und einer Förderbohrung
künstlich durchlässig gemacht. Es kann so als Wärmetauscher für
Wasser dienen, das über die Injektionsbohrung in den Untergrund gepreßt
und über die Förderbohrung wieder hochgepumpt wird, um es energetisch zu
nutzen.
Bis 2007 soll das unterirdische Wärmereservoir im Gestein schrittweise erschlossen
werden. Im Frühjahr 2007 sind erste Zirkulationstests mit eingepresstem Wasser
vorgesehen. Falls die Eignung zur wirtschaftlichen Energiegewinnung nachgewiesen werden
kann, sollen in der Ausbauphase bis 2009 eine zusätzliche Bohrung ausgeführt
und die oberirdischen Kraftwerkanlagen gebaut werden. Basel wäre dann weltweit
der erste Standort, der das "Hot-Dry-Rock"-Verfahren kommerziell für
die Erzeugung von Strom und Wärme nutzt.
Aktionäre der Geopower Basel AG sind die schweizerischen Energieversorger Elektra Baselland (EBL), Gasverbund Mittelland (GVM), Azienda Elettrica Ticinese (AET), Axpo Holding AG (AXPO) und Elektrizitätswerke der Stadt Zürich (EWZ), die Unternehmen Industrielle Werke Basel (IWB) und Geothermal Explorers Ltd (GEL) sowie der Kanton Baselland (BL). Der Kanton Basel-Stadt unterstützt das Projekt mit einem Förderbeitrag aus dem Energiesparfonds. Außerdem teilte am 14. Februar die Energie Baden-Württemberg (EnBW) mit, daß sie sich über ihre Tochter Energiedienst Holding AG Laufenburg (EDH) mit 3,2 Millionen Schweizer Franken bzw. rund sechs Prozent an der Geopower Basel AG beteiligen werde. Laut Pressemitteilung der EnBW soll das "geothermische Heizkraftwerk" sogar eine elektrische Leistung von 6 Megawatt und eine Wärmeleistung von 17 Megawatt erbringen.
Trotz der vergleichsweise bescheidenen elektrischen Leistung von 3 bzw. 6 Megawatt wäre das Projekt in Basel ein enormer Fortschritt bei der Nutzung der Erdwärme für die Stromerzeugung. Das bisher einzige deutsche Geothermie-Kraftwerk in Neustadt-Glewe bringt es auf eine eher symbolische Stromerzeugung im Kilowatt-Bereich (031116). Nicht viel ergiebiger wird ein Erdwärmekraftwerk in Bruchsal sein, dessen Fertigstellung die EnBW mit zwei Millionen Euro unterstützt: Es nutzt die Temperatur einer 120 Grad heißen Wasserader, die in einer Tiefe von 2000 Metern angebohrt wurde, zur Erzeugung einer elektrischen Leistung von 500 Kilowatt.
Um in höhere Leistungsbereiche vorzustoßen, hat man die Brauchbarkeit des "Hot-Dry-Rock"-Verfahrens für die Stromerzeugung aus Erdwärme an den Standorten Falkenberg (19977 - 1986) und Urach (1977 - 1996) erforscht. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse mündeten 1987 in ein deutsch-französisches Forschungsprojekt im elsässischen Soultz-sous-Fôrets, an dem sich später auch Forscher aus Großbritannien, Italien, Schweden und der Schweiz beteiligten. Die in einer Tiefe zwischen 3,6 und 3,9 Kilometer vorgefundende Temperatur von etwa 140 Grad reichte aber für eine sinnvolle Umwandlung in Strom nicht aus. 1997 wurde die Bohrung in Soultz-sous-Fôrets deshalb auf über 5000 Meter vertieft. Mit der dort vorgefundenen Temperatur von 200 Grad könnte man theoretisch ein Dampfkraftwerk mit einer elektrischen Leistung von 6 Megawatt betreiben. Indessen scheint die Durchlässigmachung des Gesteins zwischen den beiden Bohrlöchern noch immer nicht hinreichend zu gelingen. In der elsässischen Tageszeitung "Dernières Nouvelles d'Alsace" vom 2. Februar stellte deshalb die Bürgerinitiative "Groupe écologique de l'Outre-Forêt" (GEDOF) das Ziel der Stromerzeugung generell in Frage und schlug vor, sich auf die Nutzung der Wärme zu Heizzwecken zu beschränken. Sie verwies dabei auf die deutschen Erfahrungen mit dem "Hot-Dry-Rock"-Projekt in Urach, das bis zu einer Tiefe von 4500 Metern mit einer Temperatur von 170 Grad vorstieß, dann aber wegen technischer Probleme und mangelnder Aussichten auf eine rentable Stromerzeugung eingestellt werden mußte (040517).
Die oberflächennahe Nutzung der Erdwärme mittels Erdsonden bzw. Wärmepumpen sowie die Erschließung von Thermalwasservorkommen für Heizungszwecke ist in Deutschland vielerorts erprobte Praxis und gewinnt weiterhin an Bedeutung. Dagegen sind die Aussichten für eine nennenswerte Stromerzeugung mittels Erdwärme recht gering, da die bisher erschlossenen Thermalwasser-Temperaturen nur geringe Wirkungsgrade bei der Stromerzeugung zulassen und die "Hot-Dry-Rock"-Technik, die den Vorstoß in heißere Gesteinsschichten ermöglichen könnte, mit den erwähnten Unsicherheiten belastet ist. Dennoch hat in den letzten Jahren vor allem im Oberrheintalgraben eine Art Wettlauf um geothermische Tiefbohrungen eingesetzt, die in der Regel mit dem Ziel der Stromgewinnung begründet werden (050807). In erster Linie dürfte es den Beteiligten darum gehen, sich die bergrechtlichen Voraussetzungen für die Ausbeutung der geologisch günstigsten Standorte zu sichern, wobei die thermische Nutzung im Vordergrund steht und die Stromerzeugung eher ein Nebenprodukt ist.