März 2003

030304

ENERGIE-CHRONIK


Bundesregierung plant "EEG-Härtefallregelung" für stromintensive Unternehmen

Die Bundesregierung will stromintensive Unternehmen von der Belastung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) größtenteils befreien. Wie die SPD-Bundestagsfraktion am 25. März 2003 mitteilte, soll die Belastung durch eine Einzelfallprüfung auf bis zu 0,05 Cent/kWh reduziert werden, wenn andernfalls die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens erheblich beeinträchtigt würde. Anspruch auf die Einzelfallprüfung haben Unternehmen bzw. selbständige Teile von Unternehmen mit einem Jahresstromverbrauch von über 100 Gigawattstunden, bei denen das Verhältnis der Stromkosten zur Bruttowertschöpfung 20 Prozent übersteigt. Die Gesetzesänderung soll zügig in den Bundestag eingebracht werden. Sie wird vorerst aber nur befristet gelten - es ist von Juli 2004 die Rede - und im Rahmen der großen EEG-Novellierung überprüft werden.

Die zügige Einführung einer "Härtefallregelung" war bereits am 7. März durch Staatssekretär Georg Wilhelm Adamowitsch vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) angekündigt worden: Das EEG dürfe nicht dazu führen, daß stromintensive Industriezweige in ihrer Wettbewerbsfähigkeit gefährdet und damit Tausende von Arbeitsplätzen gefährdet würden, sagte Adamowitsch anläßlich einer Großveranstaltung der Gewerkschaften IG BCE und IG Metall, zu der sich rund 4000 Beschäftigte der deutschen Aluminium-, Zink- und Kupferhütten in Essen zusammengefunden hatten.

Hinsichtlich der Ausgestaltung der Härtefallregelung gab es zunächst Differenzen zwischen den Koalitionspartnern: Während Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eine pauschale, branchenbezogene Entlastung plante, trat Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) für eine Einzelfallprüfung aufgrund nachgewiesener Belastungen ein. Nach Ansicht der SPD wurde nun eine Regelung gefunden, die "punktgenau den betroffenen Unternehmen - insbesondere der Aluminium-Industrie - hilft, aber Mitnahmeeffekte ausschließt und damit die Summe begrenzt, die auf sonstige Industrie und die Verbraucher umgelegt wird".

Die Härtefallregelung ist Bestandteil eines koalitionspolitischen Tauschhandels: Als Gegenleistung für die Zustimmung der Grünen zu den Abstrichen am EEG-Gesetz stimmt Bundeswirtschaftsminister Clement der Errichtung einer nationalen Wettbewerbsbehörde zu (siehe 030301):

Weitergabe der EEG-Kosten an Klein- und Großkunden ist nicht gesetzlich geregelt

Das EEG regelt in Paragraph 11 lediglich den bundesweiten Ausgleich der von den Netzbetreibern gezahlten Einspeisungsvergütungen innerhalb der Branche: Dazu werden jährlich zunächst die von den jeweiligen Netzbetreibern aufgenommenen Strommengen aus erneuerbaren Energien und die dafür aufzubringenden gesetzlichen Vergütungen auf die Ebene des Übertragungsnetzes übergewälzt. Die Übertragungsnetzbetreiber gleichen Strommengen und Vergütungen untereinander aus, so daß jedes Unternehmen den gleichen Anteil an Strom aus erneuerbaren Energien im Sinnes des EEG aufnimmt und an den Vergütungen trägt. Die so verteilten Mengen und Vergütungsbeträge werden anschließend von den Übertragungsnetzbetreibern - ebenfalls anteilig - an die Energieversorgungsunternehmen und Stromhändler weitergegeben. Im Ergebnis erhalten so alle Energieversorger und Stromhändler, die Endkunden beliefern, eine einheitliche Quote von EEG-Strom zu einer bundesweit einheitlichen Durchschnittsvergütung. Zum Beispiel betrug für das Jahr 2002 die EEG-Quote 5,35 Prozent bei einem Durchschnittspreis von 8,82 Cent/kWh. Oder anders gesagt: Die Endkundenversorger mußten sich 5,35 Prozent ihres Stromabsatzes als EEG-Strom anrechnen lassen und dafür den erhöhten Preis von 8,82 Cent/kWh an die Vorlieferanten zahlen.

Die Weitergabe dieser Kosten an die Endkunden bleibt dem Ermessen der Stromlieferanten überlassen. Es steht ihnen grundsätzlich frei, ob und wieweit sie die Mehrkosten auf einzelne Kundengruppen umlegen. Es ist aber zu vermuten, daß die EEG-Kosten schon jetzt weit stärker die Kleinverbraucher belasten als die Industrie. Nach Ansicht des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE) würde deshalb die geplante Härtefallregelung das bereits bestehende Ungleichgewicht bei der Umlegung der EEG-Kosten auf die Strompreise noch mehr zu Lasten der Kleinverbraucher verschieben.

Die Industrie ist bereits jetzt weitgehend von der Konzessionsabgabe befreit, die für Haushaltskunden bis zu 2,4 Cent/kWh beträgt, während sie für Sondervertragskunden auf maximal 0,11 Cent/kWh begrenzt ist und für industrielle Großverbraucher, die weniger als den "Grenzpreis" von derzeit 5,32 Cent/kWh bezahlen, gänzlich entfällt (siehe 030105).

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