Mai 2001

010503

ENERGIE-CHRONIK


Müller lehnt nationalen Regulierer für Deutschland ab

Die für Energie zuständigen Minister der Europäischen Union diskutierten am 14. Mai in Brüssel erstmals über die Vorschläge zur beschleunigten Liberalisierung des Binnenmarktes für Energie, die Energiekommissarin Loyola de Palacio im März vorgelegt hatte (010301 / Wortlaut als PDF-Datei). Bundeswirtschaftsminister Werner Müller verdeutlichte dabei, daß die Bundesregierung an dem in Deutschland beschrittenen Weg des verhandelten Netzzugangs festhalten will. "Bevor man uns eine Regulierungsbehörde aufdrängt, soll geprüft werden, welches System besser funktioniert", sagte Müller (FTD, 15.5.).

EnBW-Chef Goll ist enttäuscht

Der Vorstandsvorsitzende der Energie Baden-Württemberg (EnBW), Gerhard Goll, zeigte sich in einem Schreiben an Müller über dessen Haltung in Brüssel enttäuscht. Den Mißbräuchen, die es unstreitig beim Netzzugang gebe, könne weder auf der Grundlage der Verbändevereinbarung noch durch Eingreifen des Bundeskartellamts und der Länderbehörden wirksam begegnet werden (siehe 010404). Zum einen gebe es keinen Sofortvollzug, so daß es zwei bis drei Jahre dauern könne, bis Entscheidungen der Kartellbehörden wirksam werden. Zum anderen gestalte jeder der über 900 Netzbetreiber seine Bedingungen individuell, was ein "ökonomisches Handling" bei der Bekämpfung von Mißbräuchen verhindere. Müller bestätige mit seiner Haltung Kräfte wie den Verband Kommunaler Unternehmen (VKU), die zwar verhandelten, aber in Wirklichkeit nichts ändern wollten. Bei dieser Sachlage würden "die letzten Wettbewerber im Massenkundengeschäft in den nächsten zwei bis drei Jahren verschwinden", prophezeite Goll in seinem Brief an Müller, den die EnBW am 16.5. veröffentlichte.

Yello, best energy, Lichtblick und Watt beklagen sich

Die drei Stromanbieter Yello, best energy und Lichtblick, die sich zur "Initiative pro Wettbewerb" zusammengeschlossen haben (000910), kritisierten erneut die beim Netzzugang herrschenden Bedingungen. Wenn Bundeswirtschaftsminister Müller jetzt nicht die Notbremse ziehe, sterbe der Wettbewerb, erklärte Yello-Chef Michael Zerr. Die Initiative fordere deshalb eine Netzzugangsverordnung mit Sofortvollzug für Durchleitungen sowie eine Wettbewerbsbehörde zur Verhinderung willkürlich überhöhter Netznutzungsentgelte (SZ, 23.5.).

Auch die Watt Deutschland GmbH, eine Stromvertriebstochter der Schweizer Watt AG (000226), sieht den Wettbewerb in Gefahr. Vor allem die Stadtwerke und regionalen Energieversorger machten den neuen Akteuren das Leben schwer, klagten die beiden Geschäftsführer Michael Baumgärtner und Helmut Oehler (FAZ, 10.5.; FR, 15.5.).

Verbändevereinbarung soll weiterentwickelt werden

"Die Wettbewerbsregeln im Strommarkt werden weiter verbessert." Dies erklärten der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der Verband der Elektrizitätswirtschaft (VDEW) und der Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft (VIK) am 8. Mai in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Zuvor hatten die drei Verbände ein erstes Gespräch zur Weiterentwicklung und Konkretisierung der zweiten Verbändevereinbarung zur Netznutzung (991201) geführt. Bis zum Herbst sollen verbindliche Ergebnisse vorliegen, welche die bestehende Abmachung ergänzen und dem Marktgeschehen anpassen. Unter anderem wird die innerdeutsche Transportkomponente aus der Verbändevereinbarung verschwinden, die in der Praxis längst gegenstandslos wurde (000701).