Juli 1995

950705

ENERGIE-CHRONIK


Westliches Pilotprojekt zur Nachrüstung des KKW Mochovce endgültig gescheitert

Die slowakische Regierung will das Kernkraftwerk Mochovce mit russischer Hilfe und nach russischen Sicherheitsstandards vollenden. Die ursprünglich geplante Nachrüstung und Fertigstellung durch ein Firmenkonsortium unter Einschluß von Electricité de France, PreussenElektra und Bayernwerk kommt nicht zustande. Als letzte der genannten Firmen teilte jetzt das Bayernwerk mit, daß es sich aus dem Projekt zurückziehen werde. Damit entfällt auch die von westlicher Seite geforderte Verknüpfung der Inbetriebnahme von Mochovce mit der Abschaltung des veralteten Kernkraftwerks Bohunice (VWD, 7.7.; taz, 10.7.; SZ, 14.7.).

Die Anlage in Mochovce wäre neben Bohunice das zweite Kernkraftwerk der Slowakei. Die beiden Druckwasserreaktoren vom russischen Typ WWER-440/W213 sind größtenteils fertiggestellt. Ihre Nachrüstung und Fertigstellung mit westlichen Know-how sollte von der Europäischen Entwicklungsbank (EBRD) mit einem Kredit von 413 Millionen DM unterstützt werden. In einem der beiden Blöcke hat Siemens/KWU bereits die Leittechnik eingebaut. Das Vorhaben stieß jedoch auf heftigen Widerstand Österreichs, das sogar mit seinem Austritt aus der EBRD drohte. Auf Wunsch der slowakischen Regierung verschob die EBRD im März dieses Jahres die Entscheidung über die Kreditvergabe auf unbestimmte Zeit (siehe 950116 u. 950317).

Wie das Bayernwerk am 7.7. mitteilte, hat es Ende April bei der slowakischen Regierung angefragt, wie es nach der Verschiebung der Kreditentscheidung mit dem Projekt weitergehen solle. Daraufhin sei aber "keinerlei Reaktion" erfolgt. Stattdessen habe man auf Umwegen erfahren, "daß die Slowakei jetzt Mochovce mit russischer Technik und auf russischem Sicherheitsniveau zu Ende bauen will und daß das Kernkraftwerk Bohunice weiter in Betrieb bleibt". Damit sei für das Bayernwerk nicht mehr absehbar gewesen, ob und wann dieses Projekt fortgeführt werde und ob und wann die an eine Unterstützung geknüpften Bedingungen erfüllt würden.

Anfang dieses Jahres hatte sich bereits PreussenElektra aus dem Projekt zurückgezogen. Das Bayernwerk hatte damals seine weitere Beteiligung von drei Bedingungen abhängig gemacht: Die Anlage müsse auf ein im Westen akzeptiertes Sicherheitsniveau gebracht werden; mit der Inbetriebnahme müßten die beiden nicht nachrüstbaren Blöcke des Kernkraftwerks Bohunice stillgelegt werden; ferner müsse die Finanzierung des Projekts durch die EBRD gewährleistet sein (siehe 950208 ).

"Aus Pilotprojekt wurde ein Scherbenhaufen"

In der Süddeutschen Zeitung (14.7.) hieß es dazu: "Es hätte ein Pilotprojekt werden wollen, ein Vorbild für weitere ähnliche Kooperationen, aber ein Scherbenhaufen ist daraus geworden. .... Die Folge wird sein, daß in absehbarer Zeit ein Kernkraftwerk mit zwei Blöcken in Betrieb geht, das in keinem westlichen Land eine Chance hätte, jemals Strom zu produzieren."