Januar 2025

250101

ENERGIE-CHRONIK


Trump stoppt neue Offshore-Windparks und kündigt Pariser Klimaabkommen zum zweiten Mal

Die Wahl des exzentrischen Rechtspopulisten Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA hat am 5. November weltweit Entsetzen ausgelöst und die bange Frage aufgeworfen, ob die amerikanische Demokratie wenigstens institutionell noch so gefestigt ist, dass sie ihre begonnene Selbstzerstörung noch aufhalten und rückgängig machen kann. Die am 20. Januar erfolgte Amtseinführung Trumps bestätigte leider die schlimmsten Befürchtungen: Wie er bereits angekündigt hatte, spielte Trump einen Tag lang den "Diktator", indem er eine Flut von vorbereiteten Dekreten unterschrieb, die er kraft seines neuen Amts tatsächlich oder auch nur vermeintlich in Kraft setzen kann. Dazu gehörten auch energiepolitische Entscheidungen. So proklamierte Trump einen "nationalen Energienotstand", der dazu dienen soll, die Öl- und Gasförderung der USA sowie den Einsatz von Kohle und Kernenergie auszuweiten. Bereits am Tag vor seinem Amtsantritt hatte er angekündigt, dass mit ihm keine neuen Windkraftanlagen mehr gebaut würden. "Windkraft ist teuer, tötet Wale, und außerdem kommen alle Anlagen aus China", behauptete er bei einer Rede vor seinen Anhängern. Nun verbot er mit einem seiner Dekrete die Verpachtung neuer Gebiete zur Errichtung von Offshore-Windparks auf dem Festlandsockel vor fast der gesamten US-amerikanischen Küste. Selbst bereits genehmigte Windkraft-Projekte auf Staatsgebiet – nicht nur auf See, sondern auch an Land – sollen einer umfassenden Prüfung unterzogen werden, ob und wie sie beendet werden können. Ferner unterzeichnete er erwartungsgemäß ein Schreiben an die UNO, mit dem er erneut den Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen erklärt, wie er das bereits 2017 zu Beginn seiner ersten Amtszeit getan hatte (170606).

Ein Kahlschlag bei den Erneuerbaren wird Trump nicht gelingen, weil sie auch für die USA von viel zu großer Bedeutung sind

Bei den mehr als hundert "executive orders" zu innen- und außenpolitischen Fragen, die Trump bei seinem gesetzgeberischen Amoklauf wie am Fließband unterschrieb, handelte es sich meistens um die Aufhebung von Dekreten, die zur Amtszeit seines Vorgängers Joe Biden erlassen wurden. Ein guter Teil der neu erlassenen Dekrete dürfte von vornherein seine Befugnisse als Präsident übersteigen und deshalb vor Gerichten keinen Bestand haben, solange die Justiz noch einigermaßen unabhängig ist (Trump hat schon in seiner ersten Amtszeit wichtige Schlüsselpositionen mit ihm genehmen Richtern besetzt). So verstößt ein Dekret, wonach ein in den USA geborenes Kind künftig nicht mehr automatisch die US-Staatsbürgerschaft erwirbt, eindeutig gegen den Wortlaut der Verfassung. In der Energiepolitik wird ihm ein Kahlschlag der erneuerbaren Stromquellen ebenfalls nicht gelingen, da dieser Wirtschaftsbereich inzwischen weltweit und auch in den USA eine zu große Bedeutung erlangt hat. Außerdem würde eine Diskriminierung der Erneuerbaren zugunsten von fossilen Brennstoffen und Kernenergie auch den Interessen von republikanischen Kapitalanlegern zuwiderlaufen.

Bei der Begnadigung seiner Anhänger, die vor vier Jahren das Kapitol stürmten, bezeichnete Trump die Verurteilten als "politische Gefangene" und "Geiseln"

Besonders empörend war die Willkür und objektive Rechtsbeugung, mit der Trump rund 1.500 seiner Anhänger begnadigte, die am 6. Januar 2021 gewaltsam ins Kapitol eingedrungen waren, um zu verhindern, dass die Wahl von Joe Biden bestätigt wird. Trump hatte den Mob seinerzeit zum Sturm auf das Parlament aufgehetzt, kam aber völlig straffrei davon, weshalb er jetzt nicht in Haft sitzt, sondern als Präsident im Weißen Haus. Er konnte es sich nun sogar leisten, die verurteilten Schläger als "Geiseln" und "politische Gefangene" zu bezeichnen. Die meisten wurden bedingungslos begnadigt und unverzüglich freigelassen. Für 14 Mitglieder rechtsextremistischer Milizen wie der "Proud Boys", die wegen besonders schwerer Straftaten verurteilt wurden, verkürzte Trump die Haftstrafen drastisch. Ein früherer Anführer der "Proud Boys", der zu 22 Jahren Haft verurteilt wurde, kam sogar sofort frei.

Dieser Mißbrauch des Begnadigungsrechts illustriert zugleich, wie antiquiert die Verfassung und das politische Rechtssystem der USA teilweise sind. Die umfassende Ermächtigung zur Begnadigung von Straftätern und zur Aufhebung aller Urteile der ordentlichen Gerichtsbarkeit war ein Relikt des fürstlichen Absolutismus, als sie 1787 in die Verfassung der neu gegründeten Vereinigten Staaten gelangte. Das war elf Jahre nach der endlich erkämpften Unabhängigkeit der 13 nordamerikanischen Kolonien von der englischen Krone und zwei Jahre vor der französischen Revolution. Auch andere Privilegien der US-Präsidenten wie ihr faktischer Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung für Handlungen, die normale Staatsbürger ins Gefängnis bringen würden, müssen vor diesem historischen Hintergrund gesehen werden. Beim ersten US-Präsidenten George Washington mochte eine solche monarchische Machtfülle noch in guten Händen gewesen sein. Bei vielen seiner Nachfolger war das aber nicht mehr der Fall. Und ganz besonders beim aktuellen Präsidenten besteht die große Gefahr, dass er einer bereits geschwächten Demokratie mit einer Mischung aus Scheinlegalität und offener Gewalt den Garaus macht, wie das schon einmal in Deutschland geschehen ist. Inzwischen hat Trump bereits damit begonnen, den ganzen Staatsdienst von allen Leuten zu säubern, die ihm eventuell in die Quere kommen könnten.

Der Golf von Mexiko heißt jetzt "Gulf of America" - zumindest in den USA

Ein Teil der Dekrete ist purer Klamauk, mit dem Trump seine chauvinistische Parole "Make America Great Again" (abgekürzt MAGA) unterstreichen möchte. Dazu gehört die Umbenennung des Golfs von Mexiko in "Gulf of America", die zwar den USA für ihr eigenes Hoheitsgebiet unbenommen bleibt, aber deshalb noch lange nicht weltweit übernommen werden muss. Der Internet-Gigant Google teilte umgehend mit, dieses Dekret zu befolgen. Wie der Sender CNBC am 28. Januar berichtete, ging das so vor sich, dass die Technik von Google-Maps angewiesen wurde, die USA in die Liste "sensibler Länder" aufzunehmen. Diese Liste enthält Länder mit autoritären Regimes oder Grenzstreitigkeiten. Für deren Bewohner werden die kartografischen Bezeichnungen von Google dann so angezeigt, wie es die jeweiligen Regierungen wünschen. Zum Beispiel standen bisher China, Russland, Israel, Saudi-Arabien und der Irak auf dieser Liste. Nun kommt neben den USA auch Mexiko neu hinzu, denn dieser Anliegerstaat des Golfs will die von Trump befohlene Namensänderung für sich nicht akzeptieren. Die mexikanische Präsidentin Claudia Sheinbaum versicherte zwar bei einer Pressekonferenz, dass sie mit Trump deshalb keinen Konflikt wolle. Dann verulkte sie aber doch den Größenwahn und die Ignoranz ihres Amtskollegen in Washington, indem sie vor einer alten Karte Nordamerikas darauf hinwies, dass das Gebiet der heutigen USA einst "América Mexicana" genannt wurde. Dazu spottete sie: "Das klingt hübsch, nicht?"

Von ähnlicher Qualität ist die von Trump angeordnete Umbenennung des mit 6190 Metern höchsten nordamerikanischen Berges in Alaska, der auf Wunsch dieses Bundesstaats 2015 endlich auch amtlich den geläufigen und von den Ureinwohnern stammenden Namen "Denali" bekommen hatte. Trump hat den Berg nun wieder nach dem republikanischen Präsidenten McKinley benannt, der nie in Alaska gewesen ist. Möglicherweise will er so dezent darauf hinweisen, dass er im Unterschied zu diesem republikanischen Vorgänger bisher alle Anschläge dank göttlicher Fügung überlebt hat, denn McKinley wurde 1910 von einem Attentäter erschossen...

Für seine Vereidigung hatte Trump gleich zwei Bibeln bestellt, rührte aber keine davon an

Schon vor seiner Amtseinführung hatte Trump die Welt mit einer Reihe bizarrer Ankündigungen verschreckt, zu denen die Einverleibung Kanadas, der Insel Grönland und des Panama-Kanals gehörten. Außerdem schockierte er mit der Drohung, an seinem ersten Tag im Weißen Haus "ein Diktator" sein zu wollen. Sein Gehilfe Steve Bannon hatte diese Aussage dann so entschärft: "Präsident Trump wird gleich loslegen. Kurz nach 12 Uhr, nachdem er die Hand auf die Bibel gelegt hat, werdet ihr an diesem Tag sehen, dass er 50 bis 100 Exekutivbefehle zu allem Möglichen unterschreibt."

Tatsächlich verlief die Amtseinführung Trumps genau so, wenn man mal davon absieht, dass ausgerechnet der bigotteste aller US-Präsidenten dann doch vergaß, nach üblichem Ritual die linke Hand auf eine der beiden Bibeln zu legen, die ihm seine Frau Melania hinhielt, während er mit der erhobenen Rechten den Amtseid leistete. Die eine der beiden Bibeln stammte von Trumps Mutter, die andere hatte schon Abraham Lincoln 1861 bei seiner Amtseinführung verwendet. Der Amtseid ist aber auch so gültig, zumal die Verfassung der USA die Verwendung einer Bibel bei der Vereidigung gar nicht vorsieht.

"Ich wurde von Gott gerettet, um Amerika wieder großartig zu machen"

In seiner Rede zur Amtseinführung ließ Trump keinen Zweifel daran, dass er sich als gottgesandter Erlöser sieht. Den Beweis dafür habe der mißglückte Mordanschlag am 13. Juli 2024 geliefert, bei dem er nur durch einen Streifschuss am linken Ohr verletzt wurde: "Ich habe damals schon gespürt und spüre es heute noch mehr, dass mein Leben aus einem bestimmten Grund gerettet wurde. Ich wurde von Gott gerettet, um Amerika wieder großartig zu machen..."

Zu diesem Selbstverständnis Trumps passte, wie führende Vertreter des Big Business zur Amtseinführung ins Kapitol pilgerten, um dem gottgesandten Erlöser zu huldigen, dessen Wahlsieg sie mit Zigmillionen Dollar Spenden ermöglicht hatten. Unter anderen gehörten dazu Mark Zuckerberg vom Facebook-Konzern Meta, der Amazon-Gründer Jeff Bezos, der Google-Chef Sundar Pichai und der Apple-Chef Tim Cook. Einen besonderen Ehrenplatz neben Trumps Sohn Barron bekam der Tech-Milliardär Elon Musk, den Trump zum Chef eines neuen "Department of Government Efficiency" gemacht hat (siehe auch 250102).