August 2024

240812

ENERGIE-CHRONIK


BGH bestätigt Urteil für Säureanschlag auf Innogy-Finanzvorstand

Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung des serbischen Staatsbürgers Marco L. zu elf Jahren Haft wegen seiner Beteiligung am Säureanschlag auf den einstigen Innogy-Finanzvorstand Bernhard Günther (180314) bestätigt. Wie er am 28. August mitteilte, wurde mit Beschluss vom 20. August die Revision des Angeklagten gegen seine Verurteilung durch das Landgericht Wuppertal verworfen. Dieses hatte den Angeklagten am 19. Februar 2024 wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt (240212).

In der Pressemitteilung des BGH wird das Tatgeschehen, das zur Verurteilung des Angeklagten führte, nochmals so zusammengefasst:

"Nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen erhielten der Angeklagte und ein Mittäter von einer bislang unbekannten Person über Mittelsmänner unter Zusage eines Tatlohns oder eines anderweitigen Vorteils den Auftrag, einen Anschlag auf ein Mitglied des Vorstandes eines in Nordrhein-Westfalen ansässigen Energieversorgungsunternehmens zu verüben und das Tatopfer massiv zu verletzen, wobei das Motiv des Auftraggebers ungeklärt geblieben ist. Der Angeklagte und sein Mittäter kundschafteten die Lebensgewohnheiten des ihnen unbekannten Nebenklägers aus und passten diesen am 4. März 2018 auf einer Straße in unmittelbarer Nähe seines Wohnhauses ab. Sie brachten ihn rücklings zu Boden und schütteten ihm hochkonzentrierte Schwefelsäure in das Gesicht. Dabei handelten sie in der Absicht, dem Tatopfer durch Verätzung schwere, ihn dauerhaft entstellende Verletzungen beizubringen und ihn auf beiden Augen vollständig erblinden zu lassen. Das Anschlagsopfer erlitt schwerste Verletzungen im Gesicht und vor allem im Bereich der Augen, die eine Vielzahl von Operationen erforderlich machten und zu seiner dauerhaften und erheblichen Entstellung führten. Sein Sehvermögen konnte jedoch gerettet werden."

Der Mittäter des Verurteilten, der belgische Staatsangehörige Nuri T., wurde bereits am 18. August 2022 vom Landgericht Wuppertal zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er entstammte wie Marco L. dem Rotlicht-Milieu und war von dem unbekannten Auftraggeber zur Ausführung des Anschlags auf den RWE-Manager angeworben worden. Nuri T. hatte gegen seine Verurteilung ebenfalls Revision eingelegt, die der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 2. Mai 2023 verwarf.

Landgericht hat überraschend gestellten Beweisantrag zu Recht abgelehnt

Der nun verurteilte Marco L. hatte die beantragte Revision des Urteils anscheinend vor allem damit begründet, dass das Landgericht einem Beweisantrag nicht gefolgt war, den er am Ende der Beweisaufnahme völlig überraschend gestellt hatte: Demnach hätte er am Tag der Tat gar nicht in Düsseldorf gewesen sein können, weil er bei einer Familienfeier in Belgrad geweilt habe, was Familienangehörige bezeugen könnten (240212). Dass ihm dieses angebliche Alibi erst vor Beginn der Plädoyers einfiel, machte den Beweisantrag freilich von vornherein so unglaubwürdig wie die als Zeugen benannten "Familienangehörigen". In der Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs heißt es zu diesem Punkt: "Das Landgericht hat insbesondere jeweils rechtsfehlerfrei die Vernehmung von im Ausland aufhältigen Zeugen abgelehnt und sich auf der Grundlage der in der Hauptverhandlung durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass der Angeklagte einer der beiden Täter war."

Noch immer unbekannt ist der Auftraggeber bzw. der Mittelsmann, der den Auftrag an die beiden Verbrecher weitergeleitet hat. Bernhard Günther hat zwar gegenüber den Ermittlern einen konkreten Verdacht geäußert, wonach es sich um einen beruflichen Konkurrenten gehandelt haben könnte, der sich durch seine Erblindung eine Verbesserung der eigenen Karrierechancen erhoffte. Die Verdachtsmomente haben aber offenbar nicht zu einer Festnahme ausgereicht. Der 57-jährige Manager ist trotz der erlittenen schweren Verletzungen weiterhin beruflich aktiv: Inzwischen gehört er dem Vorstand des Fortum-Konzerns an. Außerdem ist er Mitglied im Aufsichtsrat der Thyssenkrupp AG.

 

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