Juni 2023

230611

ENERGIE-CHRONIK


Konkurrierende Null-Cent-Gebote für Offshore-Windparks werden erstmals versteigert

Bei den ersten Ausschreibungen für Offshore-Windparks auf " nicht zentral voruntersuchten Flächen" in der Nord- und Ostsee sind für alle vier ausgeschriebenen Flächen mehrere Null-Cent-Gebote eingegangen. Wie die Bundesnetzagentur am 16. Juni mitteilte, wird sie deshalb erstmals von der Möglichkeit Gebrauch machen, unter den konkurrierenden Bietern eine Versteigerung durchzuführen. Den Zuschlag erhalten dann die Bieter, die nicht nur völlig auf Förderung verzichten, sondern darüber hinaus bereit sind, eine möglichst hohe Zuzahlung zu leisten. Wie hoch die jeweilige Zahlungsbereitschaft ist, wird die Behörde mit einem elektronisch durchgeführten "dynamischen Gebotsverfahren" nach §§ 22 - 25 im neu gefassten Windenergie-auf-See-Gesetz ermitteln.

"Erlöse kommen überwiegend Verbrauchern direkt zugute"

"Die Ergebnisse der Ausschreibung sind eine gute Nachricht für die Energiewende in Deutschland", erklärte dazu der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. "Es ist erfreulich, dass die Unternehmen keine Förderung für den Ausbau der Offshore-Windenergie benötigen. Die Null-Cent-Gebote machen deutlich, dass die Offshore-Windenergie wirtschaftlich attraktiv ist." Die mit der bevorstehenden elektronischen Versteigerung erzielten Erlöse kämen "zum überwiegenden Teil" über eine Senkung der Stromkosten den Verbrauchern direkt zugute.

Vorgängerregierung ersetzte Gewinnabschöpfung durch Verlosung

Bisher gab es keine solchen Zuzahlungen, obwohl die Kostensituation bei Windkraft auf See so günstig ist, dass Null-Gebote bei ausreichender Konkurrenz eher die Regel als die Ausnahme sind. Dies zeigte sich schon bei der ersten Ausschreibung in der Nordsee, die Anfang 2017 exklusiv für die Inhaber von bereits genehmigten Projekten stattfand und bei der die Bieter für drei von vier Windparks keine Förderung beanspruchten, um den Zuschlag zu erhalten (170401). Auch bei der ersten regulären Ausschreibung für Offshore-Windparks zum 1. September 2021 wurden alle drei Flächen in der Nord- und Ostsee ohne Förderzusagen vergeben. Für zwei der Flächen lagen sogar jeweils mehrere Null-Gebote vor, weshalb deren Vergabe durch Verlosung erfolgte (201102).

Zunächst hatte die schwarz-rote Bundesregierung 2020 beabsichtigt, im Windenergie-auf-See-Gesetz ein "dynamisches Gebotsverfahren“ zu verankern, das die Bundesnetzagentur nach den §§ 23 - 23d anzuwenden gehabt hätte, falls für eine Fläche mehrere Bieter Gebote mit 0 Cent pro Kilowattstunde abgegeben hätten (200605). Dieses "zweite Gebotsverfahren" hätte dann bei dem letztendlich erfolgreichen Null-Cent-Bieter faktisch eine Gewinnabschöpfung bewirkt. Diese fünf Paragraphen wurden aber kurz vor der am 5. November 2020 erfolgten Novellierung des Gesetzes wieder gestrichen (201102). Stattdessen hieß es nun in § 23: " Wenn mehrere Gebotswerte von 0 Cent pro Kilowattstunde für dieselbe ausgeschriebene Fläche abgegeben werden, entscheidet das Los über den Zuschlag."

Erlöse aus der "zweiten Gebotskomponente" sind zweckgebunden

Mit der im Juli 2022 erfolgten Novellierung des Windenergie-auf-See-Gesetzes (220703) wird nun in den §§ 21 - 25 das "dynamische Gebotsverfahren" erneut aufgegriffen. Die Bundesnetzagentur hat dazu zusätzlich Verfahrensregeln herausgegeben (PDF). Das absolut unbefriedigende Losverfahren ist damit endlich beseitigt. Als weitere wichtige Neuerung können nun gemäß § 16 - 25 auch "Ausschreibungen für nicht zentral voruntersuchte Flächen" stattfinden. Die Bieter müssen dabei nach § 17 vorab einen Nachweis erbringen, dass mindestens ein Fünftel des Ausschreibungsvolumen für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren durch Stromlieferverträge mit einem oder mehreren Unternehmen vermarktet wird. Die Einnahmen aus der "zweiten Gebotskomponente" werden nach § 23 zu 90 Prozent für eine "Stromkostensenkungskomponente" verwendet. Jeweils fünf Prozent werden als "Meeresnaturschutzkomponente" und als "Fischereikomponente" an den Bundeshaushalt abgeführt.

 

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