Januar 2021

210110

ENERGIE-CHRONIK


Am Kraftwerksstandort Moorburg soll künftig grüner Wasserstoff erzeugt werden

Am Standort des Steinkohlekraftwerks Moorburg, für das der Betreiber Vattenfall bei der ersten Ausschreibung zur Stilllegung von Kohlekraftwerken einen Zuschlag erhalten hat (201204), soll künftig grüner Wasserstoff erzeugt werden. Wie die Hamburger Umweltbehörde am 22. Januar mitteilte, haben die Unternehmen Shell, Mitsubishi Heavy Industries (MHI), Vattenfall sowie die kommunale Wärme Hamburg eine entsprechende Absichtserklärung unterzeichnet. Sie wollen den Wasserstoff mit Wind- und Solarstrom erzeugen und im Umfeld des Standorts nutzen. Der dafür verwendete Elektrolyseur wird mit einer Leistung von 100 Megawatt zu den größten Anlagen dieser Art in Europa gehören. Ferner ist die Entwicklung des Standorts zu einem "Green Energy Hub" vorgesehen. Dabei soll auch untersucht werden, inwieweit die bestehende Infrastruktur künftig zur Energieerzeugung auf Basis erneuerbarer Energien genutzt werden kann. Nach jetzigem Planungsstand könnte nach einer endgültigen Investitionsentscheidung im Laufe des Jahres 2025 mit der Wasserstoffproduktion begonnen werden.

Ideale Anbindung an das Übertragungs- und Verteilnetz

Die vier Unternehmen wollen für das Projekt Fördermittel im Rahmen des EU-Programms "Important Projects of Common European Interest" (IPCEI) beantragen. Der Energiestandort verfügt aus ihrer Sicht über ideale Voraussetzungen für die weitere Nutzung, weil er sowohl an das nationale Übertragungsnetz als auch an die 110.000-Volt-Ebene des Verteilnetzes der Stadt Hamburg angebunden ist. Darüber hinaus können Überseeschiffe den Standort direkt anlaufen und die Kai- und Hafenanlage als Importterminal nutzen. Im Umkreis sind schon jetzt zahlreiche potenzielle Abnehmer für grünen Wasserstoff angesiedelt. Die städtische Gasnetzgesellschaft will deshalb binnen zehn Jahren ein Wasserstoffnetz im Hafen ausbauen.

Der rot-grüne Senat kann nun früher als erwartet ein "alternatives Ausstiegsszenario" unterstützen

Das Konsortium darf bei seinem Vorhaben auf die Unterstützung des Hamburger Senats zählen: SPD und Grüne haben bereits in ihrem Koalitionsvertrag, den sie im Juni 2020 unterzeichneten – als noch allgemein mit einer Laufzeit des Kohlekraftwerks Moorburg bis 2038 gerechnet wurde – die Entwicklung eines "alternativen Ausstiegsszenarios" vereinbart, um die beiden Blöcke möglichst noch in der laufenden Legislaturperiode stillzulegen. "Der Energiestandort Moorburg kann mit seinem direkten und besonders leistungsfähigen Zugang zum Übertragungsnetz eine wichtige Rolle für die Sektorenkopplung spielen", heißt es in diesem Papier. "Hierzu gehören insbesondere die Erzeugung von grünem Wasserstoff, weitere innovative Power-to-X-Technologien und Speichertechniken, die für ein auf erneuerbaren Energien basierendes Energiesystem unabdingbar sind. Die Koalition wird daher alle Möglichkeiten prüfen, die Kohleverstromung an diesem Standort durch innovative Konzepte der Erzeugung, Speicherung und Umwandlung von Energie zu ersetzen."

Vattenfall nimmt das mühsam erkämpfte Steinkohlekraftwerk schon nach sechs Jahren wieder vom Netz

Moorburg war seit 1974 Standort eines Gaskraftwerks der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW), die vor zwanzig Jahren im Vattenfall-Konzern aufgingen (001002, 020106). Im Zuge dieser Übernahme wurde das Gaskraftwerk 2001 wegen mangelnder Rentabilität stillgelegt und 2004 abgerissen. Vattenfall errichtete am selben Standort ab 2007 ein Steinkohlekraftwerk mit zwei Blöcken und insgesamt 1600 MW, das wegen jahrelanger Auseinandersetzungen um Umweltschutzauflagen aber erst 2015 den Betrieb aufnehmen konnte (140912) und auch danach noch Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen blieb (150302, 170407). Im September 2020 kündigte Vattenfall überraschend an, die beiden Steinkohleblöcke in die erste Ausschreibung zur Stilllegung von Kohlekraftwerken einzubringen und sie bei Erteilung eines Zuschlags bis zur Mitte des folgenden Jahres stillzulegen (200912).

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