April 2020

200413

ENERGIE-CHRONIK


Grünen-Vorsitzende plädieren für drastische Kürzung der EEG-Umlage

Unter dem Titel "Was sich ändern muss" veröffentlichten die beiden Grünen-Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck am 26. April in der "FAZ am Sonntag" einen programmatischen Text zur wirtschaftlichen und politischen Bewältigung der Corona-Krise. Beispielsweise bedürfe es der Erkenntnis, "dass deutsche und europäische Interessen eins sind". Die Produktion in wichtigen Bereichen und Schlüsselindustrien müsse wieder nach Europa geholt werden. Der wirtschaftlicher Wiederaufbau nach der Krise sei sozial und ökologisch zu gestalten. Die "globale, auf Gewinnmaximierung ausgerichtete Produktion" müsse überdacht werden. Neben solchen allgemeinen Überlegungen, die nicht nur bei Grünen Zustimmung finden, machten sie den konkreten und nicht ganz so konsensfähigen Vorschlag, die derzeit 6,756 Cent pro Kilowattstunde betragende EEG-Umlage (191003) um fünf Cent bzw. rund 76 Prozent zu senken: "So kann bis Ende 2021 ein Kaufkrafteffekt von 22 Milliarden Euro erreicht werden. Sinken die Strompreise, werden Elektroautos, Wärmepumpen oder Wasserstoff-Anwendungen wirtschaftlicher - gut für den dringend nötigen Investitionsschub." Hinzu müsse "der Ausbau der Erneuerbaren wieder in Gang gebracht werden".

Der Vorschlag der beiden Vorsitzenden würde darauf hinauslaufen, den größten Teil der EEG-Umlage in den Staatshaushalt umzuschichten. Da gehört sie eigentlich auch hin, da sie faktisch nichts anderes als eine gesetzlich auferlegte Sonderabgabe für Strom ist. Zusammen mit Stromsteuer, Konzessionsabgaben, KWK-Umlage, Offshore-Umlage, den Umlagen nach § 19 StromNEV und § 18 AbLaV sowie der auf alle Preisbestandteile zusätzlich erhobenen vollen Mehrwertsteuer macht sie mehr als die Hälfte der Strompreise für Haushalte und Gewerbe aus.

Für Lockerung der Schuldenbremse und stärkere Heranziehung der Wohlhabenden

"Selbstverständlich stellt sich die Frage nach der Finanzierung und wie die Staatsfinanzen wieder ins Lot kommen können", räumen die beiden Grünen-Vorsitzenden am Ende ihrer Vorschläge ein. Ihre Antwort lautet: "Zum einen sollte die Schuldenbremse weiter gefasst werden, europäisch wie national, sonst fehlt die nötige Flexibilität für Investitionen. Zum anderen werden sich Wohlhabende an der Finanzierung des Wiederaufbaus stärker beteiligen müssen."

BEE-Vorsitzende hat Bedenken

Die Vorsitzende des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), Simone Peter, die bis 2018 mit Cem Özdemir die grüne Führungsspitze der Grünen repräsentierte, äußerte Bedenken gegen den Vorschlag der beiden Nachfolger: "Eine Senkung der EEG-Umlage darf nicht dazu führen, dass das EEG dann den Beihilfeleitlinien der EU-Kommission unterliegt", erklärte sie gegenüber "energate" (27.4.). Sie spielte damit auf den früher von der EU-Kommission vertretenen Standpunkt an, das EEG habe den Charakter einer genehmigungsbedürftigen staatlichen Beihilfe (150208). Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg hatte diese Sichtweise zunächst bestätigt (160508). In der zweiten Instanz akzeptierte der Europäische Gerichtshof aber das scholastisch anmutende Argument der Bundesregierung, es handele sich beim EEG um eine privatrechtliche Veranstaltung, da die EEG-Umlage formal von den Stromlieferanten abzuführen ist und diese nicht verpflichtet seien, sie auf die Strombezieher umzulegen (190301).

 

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