Mai 2016 |
160508 |
ENERGIE-CHRONIK |
Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat grundsätzlich den Charakter einer Beihilfe. Es muß deshalb der EU-Kommission in Brüssel zur Überprüfung und Genehmigung vorgelegt werden. Dies ergibt sich aus einem Urteil, mit dem das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg am 10. Mai eine Klage der Bundesregierung gegen die Kommission zurückwies. Die Bundesregierung kann sich auch nicht darauf berufen, daß der Europäische Gerichtshof (EuGH) vor 15 Jahren im seinerzeitigen Stromeinspeisungsgesetz keine Beihilfe gesehen hat (010302). Das Stromeinspeisungsgesetz sei anders konstruiert gewesen, befanden die Luxemburger Richter. Die vom Fördermechanismus des EEG bewegten Gelder seien dagegen als staatliche Mittel zu werten, die dem EU-Beihilferegime unterliegen.
In einer ersten Stellungnahme betonte das Bundeswirtschaftsministerium, daß sich das Urteil nicht auf das aktuell geltende EEG 2014 beziehe, sondern auf das EEG 2012, und daß auf die Industrie keine Erstattungsforderungen zukämen. Man werde die Begründung nun eingehend prüfen und dann entscheiden, ob die zweite Instanz des Luxemburger Gerichtshofs angerufen wird. Die Urteile des Gerichts der Europäischen Union können binnen zwei Monaten vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) angefochten werden.
In der Tat bezieht sich das Urteil auf das EEG 2012. Das ändert freilich nichts daran, daß es von grundsätzlicher Bedeutung für alle EEG-Fassungen ist. Der EU-Kommission wird damit anheim gestellt, welche Teile der EEG-Förderung sie für zulässig erachtet und welche sie als verbotene Beihilfe einstuft. Zum Beispiel hat sie ihre anfänglichen Bedenken gegen das EEG 2012 weitgehend fallengelassen, aber auf der Rückzahlung eines Teils der Vergünstigungen bestanden, die industriellen Großstromverbrauchern aufgrund der "besonderen Ausgleichsregelung" in §§ 40 -44 EEG gewährt wurden (131202, 140704). Die Rechtmäßigkeit dieser Rückforderungen wird mit dem jetzt ergangenen Urteil ausdrücklich bestätigt.
Um eine sonst drohende Rechtsunsicherheit zu vermeiden, hatte die Bundesregierung das EEG 2014 von vornherein in Brüssel vorgelegt und genehmigen lassen (140704). Dennoch beharrte sie auf dem Standpunkt, sie sei zu dieser Vorlage nicht verpflichtet, und rief zur Klärung dieser Frage den Luxemburger Gerichtshof an: Am 2. Februar 2015 erhob sie Klage gegen den Beschluß vom 25. November 2014, mit dem die EU-Kommission die Förderbestimmungen des EEG 2012 im wesentlichen billigte, aber Teilrückzahlungen der Vergünstigungen für die Industrie verlangte und die Bundesregierung dafür rügte, das sie das Gesetz nicht in Brüssel angemeldet hatte (150208).
Vor dem Gericht der Europäischen Union in Luxemburg begründete die Bundesregierung ihren Antrag auf Nichtigkeitserklärung des Kommissionsbeschlusses damit, daß das EEG 2012 keine Verbindung zum Staatshaushalt oder zum Haushalt einer öffentlichen Einrichtung aufweise, so daß der Einsatz staatlicher Mittel ausgeschlossen sei. Es handele sich lediglich um staatlich angeordnete Zahlungsflüsse zwischen Privaten, die nicht dem Haushalt des Staates oder einer anderen öffentlichen Einheit zuzuordnen seien. Nach der Rechtsprechung seien diese Zahlungsflüsse keine Steuern, Gebühren oder Abgaben, sondern behielten ihren privatrechtlichen Charakter.
Daß es sich um keine staatliche Beihilfe handele, ergebe sich auch aus dem Urteil, mit dem der EuGH im Jahr 2001 eine Klage des Stromunternehmens PreussenElektra gegen das Stromeinspeisungsgesetz abwies (010302). Auch beim EEG handele es sich um eine Regelung, mit der private Elektrizitätsversorgungsunternehmen verpflichtet würden, den in ihrem Versorgungsgebiet erzeugten Strom aus erneuerbaren Energien zu Mindestpreisen abzunehmen, die über seinem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert liegen, und mit der die aus dieser Verpflichtung resultierende finanzielle Belastung zwischen den Elektrizitätsversorgungsunternehmen und den privaten Betreibern der vorgelagerten Stromnetze aufgeteilt werde.
Die Luxemburger Richter sahen das freilich anders: Die aus dem EEG resultierenden Mechanismen dienten hauptsächlich einer Politik zur Unterstützung der Erzeuger von EEG-Strom. Die mit dem EEG erwirtschafteten und von den Übertragungsnetzbetreibern verwalteten Gelder blieben dabei unter dem beherrschenden Einfluß der öffentlichen Hand. Sie kämen unter Einsatz staatlicher Mittel zustande und könnten einer Abgabe gleichgestellt werden. Außerdem würden die Übertragungsnetzbetreiber nicht für eigene Rechnung und frei handeln, sondern als Verwalter einer aus staatlichen Mitteln gewährten Beihilfe. Daß der Staat keinen direkten Zugriff auf diese Mittel habe, ändere nichts daran, daß er insgesamt über deren Verwendung und die damit zu verfolgenden Ziele entscheide.
Insoweit unterscheide sich das EEG auch wesentlich vom Stromeinspeisungsgesetz, das den Stromversorgern Mindestvergütungen für die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien vorschrieb. Diese Gelder seien nicht als staatliche Mittel anzusehen gewesen. Sie hätten zu keinem Zeitpunkt unter staatlicher Kontrolle gestanden und es habe keinen Mechanismus gegeben, der den privaten Versorgern die vollständige Deckung ihrer Mehrkosten garantierte.