Februar 2020 |
200203 |
ENERGIE-CHRONIK |
Eine so lange Phase von Negativpreis-Stunden hat es bisher noch nicht gegeben |
Am 16./17. Februar streiften Ausläufer des Orkantiefs "Victoria" den Nordwesten Deutschlands. Im Unterschied zum vorangegangenen Wintersturm "Sabine" (200204) kam es dabei zu keinen größeren Beeinträchtigungen der Stromversorgung. Das erwartete Zusammentreffen eines besonders hohen Windaufkommens mit einer schwachen Nachfrage ließ jedoch die Großhandelspreise am Spotmarkt 30 Stunden lang hintereinander in den Keller stürzen. Zum Beispiel mussten die Anbieter im vortägigen Handel für den 16. Februar (Sonntag) bis zu 32 Euro drauflegen, um eine Megawattstunde loszuwerden. Der stundengewichtete Durchschnittspreis (Phelix) betrug an diesem Tag minus 8,27 Euro. Insgesamt wurden rund 770.000 Megawattstunden gehandelt, wobei sich die Zuzahlungen für die Abnahme des Stroms auf rund 6,5 Millionen Euro addierten. Auch bei der folgenden Auktion für den 17. Februar (Montag) ergaben sich für die ersten sechs Stunden des Tages negative Preise bis zu minus 27,53 Euro.
In den anderen Marktgebieten der Expex Spot waren die Großhandelspreise für den 16. Februar ebenfalls niedriger als üblich. Sie blieben aber durchweg positiv und lagen um mindestens 16 Euro über dem Phelix von minus 8,27 Euro im Marktgebiet Deutschland/Luxemburg. In Frankreich kostete die Megawattstunde im Durchschnitt 8,08 Euro/MWh, in Österreich 8,33 Euro, in Belgien 17,43 Euro, in den Niederlanden 20,78 Euro, in der Schweiz 29,67 Euro und in Großbritannien 25,75 Euro (21,37 Pfund).
Für die Betreiber von Windkraft- und anderen EEG-Anlagen
bedeutet die bisher längste Negativpreis-Phase, dass sie die ihnen normalerweise
zustehenden Vergütungen an 29 Stunden verlieren. Insgesamt müssen
sie damit in diesem Jahr schon 55 Erzeugungsstunden buchstäblich in den
Wind schreiben. Gemäß § 51 EEG sinkt die EEG-Vergütung
auf null, wenn Negativpreise sechs Stunden und länger auftreten.
Quelle: smard.de |
Die obenstehende Grafik verdeutlicht den besonders großen Beitrag, den am 16. und 17. Februar die Windkraftanlagen an Land (blau) und auf dem Meer (hellblau) zur Stromerzeugung leisteten. Zusammen mit Biomasse (grün), Wasserkraft (türkis) und Photovoltaik (gelb) bestritten sie mehr als zwei Drittel der gesamten Stromerzeugung. Zeitweilig hätte das Aufkommen dieser erneuerbaren Energien sogar ausgereicht, um den gesamten Stromverbrauch (rosa Linie) zu decken. Die konventionelle Stromerzeugung aus Kernenergie (dunkelbraun), Braunkohle (hellbraun), Steinkohle (schwarz) und Erdgas (grau) kann bisher aber nur in beschränktem Umfang so abgeregelt werden, dass sie das schwankenden Aufkommen der Erneuerbaren lediglich ergänzt. Deshalb ergab sich bis in die Morgenstunden des 17. Februar ein Stromüberschuss, der in benachbarte Marktgebiete exportiert wurde (schwarze Linie).
Wie man ferner sieht, folgen die Großhandelspreise (dunkelgelbe Linie) im wesentlichen der Stromverbrauchskurve (rosa). Das spricht für die Zuverlässigkeit der Prognosen, auf deren Grundlage sie am Vortag zustande kamen.