September 2019

190909

ENERGIE-CHRONIK


Die Mieterstromzuschläge errechnen sich aus der Höhe der jeweiligen Einspeisevergütungen pro Kilowattstunde abzüglich 8,5 Cent/kWh. Infolge der seit Mitte 2018 wieder greifenden Degression bei den Einspeisevergütungen läßt das die ohnehin minimalen Zuschläge stark abschmelzen und gegen Null tendieren. In der Leistungsklasse bis 100 Kilowatt (untere gelbe Kurve) wäre der Zuschlag schon im August erloschen, wenn nicht ab Januar 2018 eine Minderung des Abschlag um 0,5 Cent/kWh dafür gesorgt hätte, dass er vorerst noch knapp über Null bleibt.

Mieterstromzuschlag bot kaum Anreize und tendiert inzwischen gegen Null

Der 2017 eingeführte Mieterstromzuschlag für Photovoltaik-Anlagen auf Wohngebäuden (170403, 170603) war für die Hauseigentümer von Anfang an viel zu wenig attraktiv. Außerdem ist er dann unverhältnismäßig stark geschrumpft, weil er durch Abzug eines gleichbleibenden Festbetrags von den Festvergütungen für Solarstrom ermittelt wird, die seit Mitte 2018 wieder regelmäßig sinken. Inzwischen nähert er sich deshalb unaufhaltsam dem Nullpunkt. Dies ergibt sich aus dem "Mieterstrombericht", den die Bundesregierung im September gemäß § 99 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vorlegte. Die Zwischenbilanz fällt so ernüchternd aus, dass das Bundeswirtschaftsministerium darauf verzichtete, sie mit den üblichen Fanfarenklängen als Erfolgsbericht zu präsentieren. Es gab nicht einmal eine Pressemitteilung dazu.

Obergrenze von 500 MW wurde nur zu einem Prozent ausgeschöpft

Bis Anfang Juli dieses Jahres waren bei der Bundesnetzagentur nur 677 solcher Anlagen gemeldet. Ihre Nennleistung betrug gerade mal 13,9 Megawatt (MW). Davon entfielen 78 Anlagen mit insgesamt 2,0 MW auf das Rumpfjahr 2017, in dem das Mieterstromgesetz am 25. Juli in Kraft getreten war. Im Verlauf der folgenden zwölf Monate wurden insgesamt 248 Anlagen mit 5,3 MW in Betrieb genommen. Die an sich schon niedrig gesetzte Obergrenze eines jährlichen Zubaues von 500 MW wurde damit lediglich zu etwas mehr als einem Prozent ausgeschöpft.

Bis 2021 werden alle Zuschläge auf Null gesunken sein

"Der Mieterstromzuschlag ist angesichts der hohen Kosten dieser Vermarktungsform aktuell zu niedrig, um
deutliche Anreize zur Investition in neue PV-Mieterstromanlagen zu setzen"
, heißt es zusammenfassend in dem Bericht. Hinzu werde sich dieses Mißverhältnis noch weiter zuspitzen, weil der bei den Solarvergütungen "anzulegende Wert", aus dem sich der Mieterstromzuschlag gemäß § 23b Abs. 1 EEG ergibt, infolge der gesetzlich festgelegten Degressionen bei den Festvergütungen sowieso regelmäßig weiter sinkt. Der Bericht formuliert diesen Zusammenhang so: "Da der Mieterstromzuschlag über einen festen Abschlagsbetrag an die Einspeisevergütung gekoppelt ist, hat die absolute Absenkung der Einspeisevergütungssätze rein rechnerisch verhältnismäßig große Auswirkungen auf den Mieterstromzuschlag."

Bis Juni dieses Jahres seien deshalb die Zuschläge in den drei Vergütungsklassen (bis 10 kW, bis 40 kW und bis 100 kW) auf 2,3 bis 1,2 Cent/kWh zurückgegangen. Falls die Einspeisevergütungen weiterhin durch eine monatliche Degression von 1,4 sinken, würden sie bis Januar 2020 auf 1,2 bis 0,3 Cent/kWh zurückgehen und im Jahr 2021 ganz auslaufen. Anschließend bleibe nur noch die indirekte Förderung über Vergünstigungen bei Netzentgelten und Umlagen als wirtschaftlicher Anreiz bestehen. Der sei dann aber zu gering für eine "Marktdurchdringung".

Da die Koalition in ihrem "Energiesammelgesetz" vom November 2018 zusätzliche Abstriche an den Vergütungen für Anlagen bis 750 Kilowatt vorgenommen hat, wären die Zuschläge für Anlagen zwischen 40 und 100 Kilowatt sogar schon im August dieses Jahres ausgelaufen. Deshalb hat sie parallel zu den Kürzungen den Abschlag von 8,5 Cent/kWh speziell für diese Leistungsklasse auf 8 Cent verringert (181102). Das bewirkt allerdings auch nicht mehr als eine kurzfristige Verlängerung (siehe Grafik).

Koalition will jetzt "Verbesserung der Rahmenbedingungen beim Mieterstrom" prüfen

"Mit der Förderung von Mieterstrom bringen wir die Energiewende in die Städte und beteiligen die Mieter an der Energiewende", tönte die seinerzeitige Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD), als das schwarz-rote Kabinett 2017 den Gesetzentwurf beschloss. Das klang fast, als würden die Mieter die Prämie bekommen. Den Mieterstromzuschlag bekommt freilich der Hauseigentümer als Besitzer und Betreiber der Anlage oder gegebenenfalls der damit beauftragte Dienstleister. Er deckt damit die erheblichen Kosten für den Betrieb der Anlage und den Vertrieb des mit ihr erzeugten Stroms. Hinzu entfallen für den selbst erzeugten Strom die Netzentgelte und die EEG-Umlage, wenn er innerhalb desselben Wohngebäudes weitergeleitet und verbraucht wird. Die Mieter können sich mit diesem Strom beliefern lassen, der den Vorschriften zufolge um mindestens zehn Prozent billiger als der Grundversorgungstarif sein muss. Sie sind dazu aber nicht verpflichtet. Sie können sich also weiterhin für andere Lieferanten entscheiden, die den Grundversorgungstarif möglicherweise mehr unterbieten. Im übrigen wird auch beim Mieterstrommodell der restliche Strombedarf, den die Photovoltaik-Anlage nicht zu decken vermag, aus dem Netz bezogen.

Dass die schwarz-rote Vorgängerregierung das rasche Dahinschmelzen der Mieterstromzuschläge nicht einkalkuliert hat, gibt Rätsel auf. Anscheinend gingen die Gesetzesmacher davon aus, dass die Einspeisevergütungen als Bezugsgröße des Mieterstromzuschlags weiterhin stagnieren oder nur geringfügig sinken würden, wie das seit 2015 der Fall war. Das hätte freilich vorausgesetzt, dass der Photovoltaik-Zubau weiterhin unterhalb des "Zielkorridors" krebsen und auf keinen grünen Zweig mehr kommen würde. Das hat sich aber seit der zweiten Jahreshälfte 2018 geändert. Diese Rechnung konnte deshalb nicht aufgehen (siehe hierzu auch 190903).

Inzwischen überlegen die Koalitionäre, wie sie dem gescheiterten Mieterstromprojekt bis zu den nächsten Bundestagswahlen doch noch zu größerer Resonanz verhelfen können. "Weitere Akzeptanzmaßnahmen werden geprüft, zum Beispiel die Verbesserung der Rahmenbedingungen beim Mieterstrom", heißt es in den jetzt vorgelegten "Eckpunkten für das Klimaschutzprogramm 2030" (190902).

 

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