Juli 2019

190707

ENERGIE-CHRONIK


 

 

In den Bundesländern Bayern, Hessen und Saarland sowie in den drei Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin wurde im ersten Halbjahr 2019 keine einzige neue Windkraftanlage errichtet. In Baden-Württemberg und Thüringen ging jeweils nur eine Anlage mit 3 MW neu ans Netz. Sogar der Windkraftführer Schleswig-Holstein zeigte mit zwei Anlagen und 5 MW ein sehr schwaches Ergebnis. Unter den übrigen Bundesländern belegte Rheinland-Pfalz mit 15 Anlagen den ersten Platz, gefolgt von Niedersachsen (47 MW), Sachsen-Anhalt (43), Nordrhein-Westfalen (42 MW), Mecklenburg-Vorpommern (42 MW), Sachsen (28 MW) und Thüringen (25 MW).

Zubau an Windkraft so gering wie noch nie seit Einführung des EEG

Der seit 2018 zu beobachtende Rückgang beim Zubau von landgestützten Windkraftanlagen hat sich in diesem Jahr fortgesetzt. Wie die Deutsche Windguard am 25. Juli mitteilte, wurden im ersten Halbjahr 2019 nur 86 Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von insgesamt 287 Megawatt errichtet. Das sei der geringste Zubau in einem Halbjahr seit Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Jahr 2000 und gegenüber den ersten sechs Monaten des Vorjahrs ein Rückgang um 82 Prozent.

Pessimistische Prognosen wurden nochmals deutlich übertroffen

Schon 2018 war der Zubau um 55 Prozent gegenüber dem Vorjahr eingebrochen, nachdem er 2017 mit 5.334 Megawatt den bisherigen Höchststand seit Inkrafttreten des EEG erreicht hatte. Der Rückgang wurde erwartet, war aber mit einem Absinken auf 743 Anlagen mit 2.402 Megawatt noch deutlich stärker als die Bundesregierung mit 3.000 bis 3.500 Megawatt prognostiziert hatte (180903). Für das Gesamtjahr 2019 rechnete die Bundesregierung mit einem weiteren Rückgang auf 1.500 bis 2.000 MW. Das nun vorliegende Halbjahresergebnis übertrifft diese pessimistische Prognose nochmals sehr deutlich, indem es um 62 Prozent schlechter ist, wenn man es auf das Gesamtjahr umrechnet. Dabei ist aber im zweiten Halbjahr eher noch mit einer weiteren Verschlechterung zu rechnen, wie der dramatische Rückgang der Gebote bei den Ausschreibungen für Windkraft an Land zeigt (190502).

Auf die vier Bundesländer im Süden entfallen nur 15 Prozent der Gesamtleistung

Der kumulierte Anlagenbestand verteilt sich deutschlandweit sehr ungleichmäßig über Länder und Regionen. In Niedersachsen sind absolut die meisten Anlagen und die höchste installierte Leistung zu finden. Bezogen auf die Landesfläche ist aber der Bestand in Schleswig-Holstein am größten. In den fünf küstennahen Bundesländern im Norden (Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Hamburg) sind etwa 41 Prozent der gesamten Leistung installiert. Die sieben Bundesländer im mittleren Teil Deutschlands (Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen, Thüringen, Sachsen und Berlin) vereinen rund 43 Prozent der kumulierten Leistung. Auf die vier südlichen Bundesländer (Rheinland-Pfalz, Bayern, Baden-Württemberg und Saarland) entfällt dagegen nur ein Anteil von etwa 15 Prozent der Gesamtleistung.

"Historisch niedriger Zubau trotz sehr guter Wachstumsperspektiven"

Die Deutsche Windguard erhebt die Daten im Auftrag der beiden Branchenverbände BWE und VDMA Power Systems. Der Bundesverband Windenergie (BWE) ist Mitglied im Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) und vertritt mit seinen über 20.000 Mitgliedern die gesamte Windenergiebranche. VDMA Power Systems ist ein Fachverband des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbau VDMA.

In einer gemeinsamen Stellungnahme sprachen die beiden Fachverbände von einem "historisch niedrigen Zubau trotz sehr guter Wachstumsperspektiven". Dieser sei auf einen "Genehmigungsstau" zurückzuführen, der dringend aufgelöst werden müsse. Laut einer Analyse der Fachagentur Wind an Land (FA Wind), welche die Klagegründe gegen Windenergieprojekte analysierte, sei der Natur- und Artenschutz mit weitem Abstand der Hauptklagegrund. Aber auch militärische Belange und UKW-Drehfunkfeuer stellten bedeutende Genehmigungshemmnisse dar. Insgesamt seien hier 4.790 MW blockiert, davon allein 2.370 MW durch international sonst nicht übliche Prüfbereiche von 10 bis 15 Kilometer um Drehfunkfeuer. Angesichts der abnehmenden Bedeutung dieser Anlagen brauche es eine schnelle Lösung durch den Bundesverkehrsminister und die zuständigen Landesminister.

Ab 2021 nimmt der Ersatzbedarf deutlich zu

Die Fachverbände verwiesen auch darauf, dass ab 2021 in jedem Jahr für zahlreiche Bestandsanlagen die auf zwanzig Jahre befristete EEG-Förderung endet. Damit seien flexible und praktikable Lösungen erforderlich, um Repowering und Weiterbetrieb zu gewährleisten. Allein bis 2025 gehe es dabei um eine Windenergieleistung von 16.000 Megawatt. "Dies ist eine für die Energieversorgung unseres Landes relevante Größe."

 

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