Mai 2017 |
170501 |
ENERGIE-CHRONIK |
Der Stromhandel zwischen Deutschland und Österreich wird ab 1. Oktober 2018 beschränkt. Dies gaben am 15. Mai die Bundesnetzagentur und die österreichische Regulierungsbehörde E-Control bekannt. Zwischen beiden Ländern wird dann grundsätzlich nur noch so viel Strom gehandelt, wie auch tatsächlich über die nach Süden führenden Leitungen transportiert werden kann. So werden gefährliche Netzengpässe innerhalb Deutschlands vermieden, die bisher durch hohe Exporte nach Österreich entstehen; ebenso die vagabundierenden Ströme, die bisher auf dem Weg von Norddeutschland nach Süden die Netze der Nachbarländer belasten.
Das Engpaßmanagement bedeutet zugleich die Auflösung bzw. Einschränkung der bisherigen deutsch-österreichischen Stromhandelszone. Österreichische Wirtschaftskreise und die Regulierungsbehörde E-Control hatten die Beschränkung des Stromhandels auf die tatsächlich vorhandenen technischen Kapazitäten lange Zeit zu verhindern versucht, obwohl sie von der europäischen Regulierungsbehörde ACER und den anderen nationalen Regulierungsbehörden für unumgänglich gehalten wurde. Neun Wochen vor der jetzt erzielten Einigung hatte der ACER-Beschwerdeausschuß zum zweiten Mal einen Einspruch zurückgewiesen, der von E-Control eingelegt worden war.
"Wir haben eine Lösung erreicht, die die Auswirkungen auf die heimischen Stromkunden so gering als möglich hält", begründete E-Control die nun doch erzielte Einigung zwischen den beiden nationalen Regulierungsbehörden . "Ohne Einigung hätte Deutschland die Vorbereitungsarbeiten und die Einführung eines Engpasses einseitig fortgesetzt, was für österreichische Kunden und den Markt deutlich schlechtere Bedingungen gebracht hätte." So aber würden die Mehrkosten, die den österreichischen Abnehmern durch die Handelsbeschränkungen entstehen, erheblich geringer ausfallen.
Die Kapazitätsgrenze von 4.900 MW, ab der künftig Stromexporte nach Österreich gekappt werden, entspreche immerhin etwa der Hälfte des österreichischen Stromverbrauchs zu Spitzenzeiten, unterstrich E-Control. Diese vereinbarte Kapazitätsvergabe könne sich im täglichen Handel noch kurzfristig erhöhen, da sie in die Kapazitätsberechnungsregion CWE integriert werden soll, die neben Deutschland und Österreich auch noch Frankreich und die Benelux-Länder umfaßt (161102).
E-Control verwies ferner auf "höhere Stromkapazitäten", die sich ab 2022 durch eine neue 380-kV-Leitung ergeben, die zwischen St. Peter in Österreich und dem Netzknoten Isar in Bayern gebaut wird. Sie soll im Endausbau eine Leistung von 4.100 MW übertragen können (131003). In der Tat würde dies die Kapazitäten für Stromexporte nach Österreich oder Italien beträchtlich erhöhen. Unmittelbar an der Grenze gibt es aber schon jetzt kaum Engpässe. Diese befinden sich vielmehr im vorgelagerten deutschen Übertragungsnetz. Noch mehr Stromexporte nach Süden würden deshalb die Problemstellen eher be- als entlasten.
Die deutschen Übertragungsnetzbetreiber und die Bundesnetzagentur haben die Einführung der Engpaßbewirtschaftung an der Grenze zu Österreich schon seit längerem fest eingeplant. Sie erhoffen sich dadurch einen deutlichen Rückgang der Redispatch-Maßnahmen und der Vorhaltung von Reservekraftwerken. Im kommenden Winter erreicht der Netzreserve-Bedarf den Rekordstand von 10.400 MW und wird wiederum größtenteils durch österreichische Kraftwerke gedeckt, mit denen entsprechende Vereinbarungen bestehen. Nach Einführung der Kapazitätsbeschränkung wird er für den Winter 2018/19 voraussichtlich nur noch 3.700 MW betragen und im darauffolgende Jahr auf 1.600 MW zurückgehen (170508).