März 2016

160310

ENERGIE-CHRONIK


Überhöhte Netzentgelte dürfen kein Geschäftsgeheimnis sein

Wenn ein Netzbetreiber überhöhte Netzentgelte kassiert und der Mehrerlös deshalb von Amts wegen abgeschöpft wird, ist die Bundesnetzagentur verpflichtet, über die Höhe dieses Mehrerlöses Auskunft zu geben. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. Februar. Es ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil der Netzbetreiber Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster einlegte. Die Bundesnetzagentur verzichtete dagegen auf die Anfechtung des Urteils.

Geklagt hatte der Energieexperte Kevin Canty, der das Beratungsunternehmen Infracomp betreibt, das schon mehrfach die Transparenz des deutschen Strommarktes untersuchte und als unzureichend beanstandet hat (150609, 090803). Er wollte von der Bundesnetzagentur wissen, wie hoch die Mehrerlöse waren, die von der Netzgesellschaft der Stadtwerke München mit überhöhten Netzentgelten erzielt wurden und deshalb von der Behörde abgeschöpft wurden. Auf Verlangen der SWM Infrastruktur GmbH – so heißt die Netztochter der Stadtwerke – hatte die Bundesnetzagentur diese Auskunft verweigert, weil es sich um schützenswerte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handele.

Weigerung der Bundesnetzagentur war in mehrfacher Hinsicht rechtswidrig

Das sah die 13. Kammer des Verwaltungsgerichts Köln anders. Sie erklärte den Bescheid der Bundesnetzagentur für rechtswidrig. Zum einen könne sich der Netzbetreiber nicht auf den durch Artikel 12 Abs. 1des Grundgesetzes bewirkten Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen berufen, weil ihm als juristische Person des öffentlichen Rechts, die öffentliche Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnimmt, die Grundrechtsfähigkeit fehle. Zum anderen handele es sich bei der verlangten Auskunft gar nicht um ein Geschäftsgeheimnis, das nach § 6 Satz 2 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) von der Auskunftspflicht ausgenommen ist. Dagegen sei die Höhe der Mehrerlösabschöpfung eine bei der Bundesnetzagentur vorhandene amtliche Information gemäß § 2 Nr 1 IFG, auf deren Mitteilung jeder nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG einen Anspruch hat. Außerdem sei nach herrschender Rechtsauffassung eine Information, die fünf Jahre oder älter ist, grundsätzlich weder geheim noch vertraulich, wenn nicht ausnahmsweise gegenteilige Gründe vorgetragen werden können.

Das Gericht verwies ferner darauf, daß ein Geschäftsgeheimnis in diesem Fall schon deshalb nicht geltend gemacht werden kann, weil es sich beim Netzbetrieb um ein natürliches Monopol handelt. Es bestehe deshalb keine ernsthafte Wettbewerbslage. Andere Netzbetreiber hätten keinen Vorteil aus der Kenntnis etwaiger Geschäftsgeheimnisse. Auch der im Rahmen der Regulierung simulierte "als-ob-Wettbewerb" ändere daran nichts.

 

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