April 2014

140408

ENERGIE-CHRONIK


E.ON muß Öl-Kraftwerk Ingolstadt zwei Jahre länger vorhalten

Auf der "Kraftwerksstilllegungsliste" der Bundesnetzagentur, die zu Anfang des Jahres insgesamt 37 Kraftwerksblöcke aufwies (140106), standen im April 44 Blöcke. In 18 Fällen handelte es sich um vorläufige bzw. saisonale Stillegungen. Zur endgültigen Stillegung angemeldet waren 26 Blöcke mit insgesamt 7.740 MW. Davon wurden sieben von der Behörde als "systemrelevant" eingestuft. Das bedeutet, daß sie vorläufig weiter betrieben werden müssen, um die Sicherheit des Netzbetriebs zu gewährleisten.

Bisher waren nur die EnBW-Kraftwerke Walheim und Marbach von dieser Einstufung betroffen (140106). Nun sind noch die beiden Blöcke des Ölkraftwerks Ingolstadt hinzugekommen, die E.ON zum 31. März 2015 endgültig stillegen wollte. Am 11. April verfügte die Bundesnetzagentur auf Antrag des Übertragungsnetzbetreibers TenneT, daß E.ON das Ölkraftwerk zwei Jahre länger vorhalten muß.

In Süddeutschland ist ein Drittel der zur Stillegung angemeldeten Kapazitäten systemrelevant

Das Veto der Regulierungsbehörde erstreckt sich damit auf eine Kraftwerksleistung von insgesamt 1.440 Megawatt (MW). Das ist ein Drittel der insgesamt 4.337 MW, die von den Kraftwerksbetreibern in Süddeutschland zur endgültigen Stillegung angemeldet wurde. Noch vor dem Erlaß der Reservekraftwerksverordnung (130605) war außerdem eine Sondervereinbarung über die weitere Vorhaltung des E.ON-Gaskraftwerks Irsching getroffen worden (130418 ). Keine netztechnischen Bedenken gab es dagegen bei den 3.403 MW, die bisher nördlich der Main-Linie zur endgültigen Stillegung angemeldet wurden.

Insgesamt besteht ein erheblicher Überschuß an konventioneller Kraftwerksleistung

Infolge des Ausbaues der erneuerbaren Energien verfügt Deutschland inzwischen über erheblich mehr konventionelle Kraftwerkskapazität als zur Deckung des Strombedarfs benötigt wird. Daher rührt auch der seit 2003 andauernde Exportüberschuß im Stromaustausch mit dem Ausland, der im vergangenen Jahr den Rekordwert von 33 Terawattstunden erreichte (140105). Die Stillegung von konventionellen Kraftwerkskapazitäten ist insofern nur naheliegend und gefährdet die Stromversorgung nicht, zumal die alten Anlagen teilweise durch Neubauten ersetzt werden. Konflikte gibt es jedoch da, wo die unter rein kommerziellen Gesichtspunkten getroffenen Stillegungs-Entscheidungen der Stromerzeuger solche Kraftwerke betreffen, die aufgrund ihrer Lage im Stromtransportnetz für den schnellen Ausgleich von Lastschwankungen erforderlich sind. Insbesondere handelt es sich dabei um schnell startende Gas- und Ölkraftwerke zum Ausgleich von Spitzenlast, wie das EnBW-Kraftwerk Marbach oder das E.ON-Kraftwerk Ingolstadt. Aber auch Steinkohlekraftwerke wie die beiden EnBW-Blöcke in Walheim können lagebedingt "systemrelevant" sein.

Netzbetreiber benötigen Spielraum für "Redispatch"-Maßnahmen

Im Falle des Ölkraftwerks Ingolstadt begründete der Übertragungsnetzbetreiber TenneT seinen Antrag, die beiden Blöcke für systemrelevant zu erklären, mit der potentiellen Überlastung der Übertragungsleitungen südlich des Ruhrgebiets ("Mittelrheintrasse") und der Leitung Remptendorf-Redwitz ("Südwestkuppelleitung"). Bei hoher Windeinspeisung im Norden und gleichzeitig hohem Verbrauch in den Ballungszentren des Südens könnten die Nord-Süd-Lastflüsse das Übertragungsnetz überfordern. Das Ölkraftwerk müsse in einer solchen Situation weiterhin verfügbar sein, damit der Netzbetreiber per "Redispatch" gegensteuern kann, indem er die Kraftwerkseinspeisung auf der einen Seite erhöht und auf der anderen absenkt (121109). Andernfalls sei die Einhaltung der N-1-Regel nicht mehr gewährleistet, die vorschreibt, daß auch beim Ausfall eines wichtigen Netzbetriebsmittels innerhalb einer Regelzone die Grenzwerte für einen sicheren Netzbetrieb eingehalten werden können (120503). Es drohe dann vielmehr die automatisierte Abschaltung weiterer Betriebsmittel und eine "nicht unerhebliche Gefährdung des (n-1)-sicheren Netzbetriebs".

Endgültig stillgelegt ist bisher nur ein einziges Kraftwerk

Von den 26 Blöcken, die im April auf der Liste der Bundesnetzagentur zur endgültigen Stillegung angemeldet waren, trägt übrigens nur einer den Vermerk "mittlerweile endgültig stillgelegt". Es handelt sich um das Heizkraftwerk Mumsdorf, das dem Braunkohleförderer Mibrag zur Eigenstromerzeugung diente. Die Stillegung dieses Industriekraftwerks, das noch aus DDR-Zeiten stammte, war schon seit vielen Jahren geplant (061113, 090713, 130907).

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