Februar 2014

140203

ENERGIE-CHRONIK


Knickt Gabriel vor den Eigenstromerzeugern ein?

Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Eckpunkte der geplanten EEG-Reform (140101) im Februar zu einem Referentenentwurf verdichtet und den anderen Ressorts zur Abstimmung zugeleitet. Das vom 10. Februar datierte Papier enthält zwei größere Lücken: Die eine ist die "europarechtskonforme Weiterentwicklung" der Entlastung der industriellen Großstromverbraucher von der EEG-Umlage. In den §§ 40 bis 44 sieht der Entwurf zwar die Beibehaltung dieser "Besonderen Ausgleichsregelung" vor, die den industriellen Großstromverbrauchern in diesem Jahr eine Entlastung von insgesamt 5,1 Milliarden Euro beschert (140204). Er läßt aber offen, wie groß der Kreis der Begünstigten künftig tatsächlich sein wird. Das war zu erwarten, da die Einzelheiten erst noch mit der EU-Kommission ausgehandelt werden müssen. Überraschenderweise taucht aber auch die geplante Beteiligung der Eigenstromerzeuger an der EEG-Umlage nicht auf. Das läßt vermuten, daß die industriellen Eigenstromerzeuger erfolgreich protestiert haben und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) unter dem Druck der Lobby einen Rückzieher machen könnte.

Dem Branchen-Protest folgte ein Spitzengespräch mit der Lobby im Ministerium

In ihrem Koalitionspapier haben Union und SPD vereinbart, "daß im Grundsatz die gesamte Eigenstromerzeugung an der EEG-Umlage beteiligt wird". Damit soll verhindert werden, daß die EEG-Umlage einseitig die Kunden der allgemeinen Stromversorgung belastet und für größere Stromverbraucher den Anreiz erhöht, ihren Strombedarf zumindest teilweise mit Eigenerzeugung zu decken.

Das im Januar vorgelegte Eckpunkte-Papier sah konkret vor, daß Eigenstromversorger für neu errichtete Anlagen 90 Prozent des Normalsatzes entrichten, der derzeit 6,24 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Dieser Betrag sinkt auf 70 Prozent, wenn es sich um KWK-Anlagen oder die Nutzung von Kuppelgas handelt. Für Altanlagen wird dagegen lediglich die Differenz zur EEG-Umlage des Jahres 2013 fällig, die 5,28 Cent/KWh betrug. Für das laufende Jahr wären das also 0,96 Cent/kWh. Die Neuregelung würde nur für größere Eigenstromerzeuger gelten, deren installierte Leistung 10 Kilowatt übersteigt und die jährlich mehr als 10 Megawattstunden erzeugen.

Nach Bekanntwerden dieser Details hatten große Eigenstromerzeuger wie der BASF-Konzern heftig protestiert. Die Spitzenverbände der industriellen Strom- und Wärmewirtschaft argumentierten, daß die Belastung der Eigenstromerzeugung den weiteren Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung verhindern werde, den sich die Bundesregierung selber auf die Fahnen geschrieben habe. Wirtschaftsminister Gabriel lud daraufhin die Vertreter von Einzelunternehmen, Verbänden und Gewerkschaften zu einem Konsultationsgespräch ein, das am 11. Februar stattfand.

FAZ entdeckt eine Änderung, die es gar nicht gibt

Rätselhaft bleibt eine andere angebliche Änderung, von der exklusiv die "Frankfurter Allgemeine" erfahren haben will. Unter der dreispaltigen Überschrift "Gabriel will Fördersätze für Ökostromanlagen später senken" berichtete das Blatt am 13. Februar:

"Wirtschaftsminister Gabriel will die Fördersätze für neue Ökostromanlagen erst später senken. Das geht aus dem Referentenentwurf seines Hauses zur Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hervor, der dieser Zeitung vorliegt. Die neuen Fördersätze sollen vom 1. September an greifen. Ursprünglich wollte Gabriel sie zum 22. Januar in Kraft setzen. An dem Tag hatte das Kabinett die Eckpunkte der EEG-Reform verabschiedet. Das hatte zu Protesten der betroffenen Investoren geführt, auch aus den Bundesländern gab es Kritik. Mit dem neuen Termin hat Gabriel darauf reagiert."

Diese Nachricht wurde unter Berufung auf die FAZ als Quelle von zahlreichen anderen Medien übernommen, obwohl man in dem erwähnten Referentenentwurf vergebens nach einer solchen Änderung suchen wird. Es finden sich auch nirgends offizielle Verlautbarungen, Medienberichte oder auch nur Spekulationen darüber, daß ursprünglich beabsichtigt gewesen sei, die neuen Fördersätze bereits ab 22. Januar gelten zu lassen. Anscheinend hat die FAZ das in § 20a vorgesehene Inkraftreten der neuen Fördersätze für Anlagen, die ab 1. September in Betrieb genommen werden, mit der Vertrauensschutz-Regelung in § 66 Abs. 3 verwechselt, wonach das alte EEG 2012 weiterhin für solche Anlagen gilt, die bis 31. Dezember 2014 in Betrieb genommen werden, sofern sie bis zum 22. Januar 2014 genehmigt worden sind. Aber auch an dieser Regelung ist überhaupt nichts neues. Der Referentenentwurf übernimmt damit nur das, was bereits unter Nr. 4 im Eckpunkte-Papier vorgesehen ist (140101). Das Bundeswirtschaftsministerium bestätigte der ENERGIE-CHRONIK, daß sich gegenüber den Eckpunkten nichts geändert hat. Die FAZ-Redaktion reagierte auf eine entsprechende Nachfrage nicht.

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