Oktober 2013 |
131010 |
ENERGIE-CHRONIK |
Viel Platz beansprucht diese Natrium-Schwefel-Großbatterie in Berlin-Adlershof, die über eine Leistung von 1 MW verfügt. Die Firma Younicos simuliert damit den Bedarf an Regelenergie für Inselversorgungen mit Wind- und Solarstrom. Die Größe einer Turnhalle wird auch der Batteriespeicher aus Lithium-Ionen-Zellen haben, den sie derzeit für die Wemag in Schwerin errichtet. Foto: Younicos
|
Der mecklenburgische Regionalversorger Wemag hat in Schwerin mit der Errichtung eines Batterieparks zum Ausgleich kurzfristiger Netzschwankungen begonnen. Die technische Durchführung übernimmt das Berliner Unternehmen Younicos, das auf die Netzintegration erneuerbarer Energien spezialisiert ist. Der Lithium-Ionen-Speicher verfügt über eine Kapazität von 5 Megawattstunden und soll im September 2014 in Betrieb gehen. Die Errichtung des Batterieparks wird vom Bundesumweltministerium mit 1,3 Millionen Euro unterstützt. Die Anlage soll trotz ihres Pilotcharakters wirtschaftlich betrieben werden, indem sie am Markt für Primärregelenergie teilnimmt.
Die Wemag will mit dem Batteriespeicher einen Teil des Regelbedarfs decken, der in ihrem Netz durch die schwankende Einspeisung zahlreicher Windkraftanlagen mit einer Nennleistung von insgesamt rund 800 MW entsteht. Diese fluktuierende Erzeugung führt vor allem an Starkwindtagen zu einer hohen Belastung von Transformatoren und Leitungen. Bei schwacher Stromnachfrage kommt es außerdem verstärkt zu Rückspeisungen in das vorgelagerte Stromtransportnetz der 50Hertz Transmission GmbH.
Die Anlage besteht aus mehr als 25.000 Lithium-Ionen-Akkus. Der Lieferant Samsung garantiert ihre Leistung für die ungewöhnlich lange Dauer von 20 Jahren. Zum Zweck der Frequenzhaltung werden die Zellen nur teilweise gefüllt. Wenn die Netzfrequenz unter 50 Hertz fällt, speisen sie Strom ins Netz ein. Oberhalb von 50 Hertz werden sie aufgeladen.
Die Primärregelung bzw. "Sekundenreserve" übernehmen normalerweise Großkraftwerke, indem sie ein Leistungsband von 2,5 Prozent der möglichen Erzeugungsleistung für die automatische Korrektur von Frequenzabweichungen freihalten. Kurzfristig auftretende Ungleichgewichte im Netz, wie sie etwa durch Windböen entstehen, können aber auch schon im Vorfeld ausgeglichen werden, bevor sie die Höchstspannungsebene erreichen. Im Verteilnetz von Vattenfall wurde zur Korrektur solcher Frequenzabweichungen im Februar dieses Jahres ein Natrium-Schwefel-Batteriespeicher mit einer Leistung von 2 MW in Betrieb genommen. Die neue Anlage in Berlin-Treptow ergänzt und optimiert ein "virtuelles Kraftwerk" aus steuerbaren dezentralen Erzeugungseinheiten (Blockheizkraftwerke) und steuerbaren Stromverbrauchern (Wärmepumpen). Nicht weit davon entfernt, im ehemaligen Kraftwerk Berlin-Steglitz, unterhielt die Vattenfall-Vorgängerin Bewag einst sogar einen riesigen Speicher aus Blei-Säure-Akkumulatoren, der mit einer Leistung von 17 MW und einer Kapazität von 14 MWh die ganze Inselversorgung von Westberlin absicherte. Heute befindet sich in diesem Gebäude das Berliner "Energie-Museum".
Batteriespeicher gleichen Frequenzschwankungen noch wesentlich schneller aus als die herkömmliche Primärregelung. Dank der modernen Halbleitertechnik ist auch die Umrichtung von Gleich- zu Wechselstrom und umgekehrt kein Problem mehr. Preislich können die Batteriesysteme zwar noch nicht mithalten. Sie verfügen aber über den besonderen Vorteil, daß sich mit ihnen konventionelle Kraftwerke einsparen lassen, die sonst nur wegen ihrer Regelfähigkeit am Netz bleiben müßten.
Anbieter von Batteriespeichern werben vor allem mit diesem Argument. "Leistungsfähige Speicher, die kurzzeitige Schwankungen ausgleichen, sind der entscheidende Hebel für die wirtschaftliche Integration von mehr Erneuerbaren Energien", sagte Younicos-Vorstand Clemens Triebel beim ersten Spatenstich für die Wemag-Anlage, der Anfang September stattfand. "Jedes Megawatt an installierter Batterieleistung ersetzt das Zehnfache an sonst für die stabile Stromversorgung benötigter konventioneller Kraftwerksleistung."