November 2012 |
121112 |
ENERGIE-CHRONIK |
Mit den Stimmen der Regierungskoalition verabschiedete der Bundestag am 8. November das "Gesetz zur Einrichtung einer Markttransparenzstelle für den Großhandel mit Strom und Gas". Es besteht aus elf neuen Paragraphen, die dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen eingefügt werden, sowie etlichen neuen Paragraphen und sonstigen Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz. Die Einrichtung einer solchen Marktaufsicht war im August 2009 von der Monopolkommission angeregt (090803) und nach den Bundestagswahlen vom neuen schwarz-gelben Regierungsbündnis in den Koalitionsvertrag mitaufgenommen worden (091003).
Die Markttransparenzstelle wird aber nicht beim Bundeskartellamt angesiedelt, wie dies zunächst geplant war (100903), sondern federführend bei der Bundesnetzagentur, die dabei mit dem Bundeskartellamt zusammenarbeitet. Die Einzelheiten regelt eine noch abzuschließende Kooperationsvereinbarung zwischen beiden Behörden, die vom Bundeswirtschaftsminsterium genehmigt werden muß. Außerdem hat man das ursprüngliche Konzept um eine ständige Beobachtung der Kraftstoff-Preise erweitert. Das Bundeskartellamt wird speziell diese Aufgabe übernehmen.
Bei einer öffentlichen Anhörung, die der Bundestagsauschuß für Wirtschaft und Technologie am 15. Oktober durchführte, hatte sich die Strom- und Gasbranche ablehnend bis skeptisch zu dem Gesetzentwurf geäußert. Aus ihrer Sicht führt das Gesetz zu einer unnötigen Vermehrung der Berichtspflichten und überschneidet sich mit der EU-Verordnung über "Integrität und Transparenz des Energiemarktes" (REMIT), die der europäischen Regulierungsbehörde ACER ähnliche Aufgaben überträgt (101205,110903). Die Bundesnetzagentur und andere Befürworter vertraten dagegen die Auffassung, daß das Gesetz die EU-Verordnung sinnvoll ergänze und "zielführend umsetzt".
SPD und Grüne befürchteten bei den Ausschußberatungen ebenfalls den Aufbau von teilweise unnötigen Doppelstrukturen und bezweifelten die Wirksamkeit der Marktaufsicht in der vorgesehenen Form. Sie enthielten sich deshalb bei der Abstimmung im Bundestag, die ohne Debatte über die Bühne ging. Die Fraktion der Linken lehnte den Gesetzentwurf ab, weil er "hohen bürokratischen Aufwand mit einer geringen Wirkung" verbinde. Die Koalition habe damit "ein teures Placebo vorgelegt, statt wirklich dem Verbraucherschutz zu dienen".
Insbesondere die Beobachtung der Kraftstoff-Preise, die von den Medien in den Vordergrund gerückt oder gar als alleiniger Inhalt des Gesetzes dargestellt wurde, wird nach Ansicht der zuständigen zuständige SPD-Berichterstatterin Rita Schwarzelühr-Sutter für den Verbraucher keine nennenswerten positiven Auswirkungen haben. "Das Ziel, Preismanipulationen auf dem Kraftstoffmarkt aufzudecken und zu ahnden, kann mit dem nun verabschiedeten Gesetz nicht erreicht werden", erklärte sie am 9. November. "Erfaßt werden – jetzt nachdem sich die Ölkonzerne durchsetzen konnten – nur noch Tankstellenpreise, aber keine Großhandelspreise an Raffinerien und Tanklagern." Der einzige Vorteil für den Verbraucher bestehe deshalb darin, "daß er sich jetzt in Echtzeit mit Hilfe einer App anzeigen lassen kann, wie die Anbieter vor allem vor Ferien und Feiertagen die Preise erhöhen".